Der Mann aus Rio. Axel Rudolph. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Axel Rudolph
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788711445068
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feucht, während ein verstohlenes Lächeln um ihren Mund zittert. „Wir könnten langsam das ganze Büro an den Gedanken gewöhnen, daß sich ein enges Verhältnis zwischen uns anspinnt. Die Rolle würde ich viel besser spielen können, Olaf!“

      Olaf West lacht hart auf. „Vor zwei Jahren hätten wir das machen können, Elna. Heute nicht mehr. Du weißt doch, daß die Polizei mich längst im Verdacht hat. Dieser verdammte Dr. Holk hat mir damals, als ich im Verhör war, die Seele aus dem Leib gefragt. Er hat mich laufen lassen müssen, aber ich sah es ihm deutlich an: er glaubte mir nicht. Und der Hund ist schlau. Wenn wir beide plötzlich heirateten, glaub mir, der Mann würde sich sofort für dich lebhaft interessieren und schneller, als uns beiden lieb ist, heraushaben, daß wir uns schon viel länger kennen, als es scheint. Was willst du machen, wenn er eines Tages in dem kleinen Heim, von dem du faselst, erscheint und um Einsicht in unseren Trauschein bittet? Wie? Willst du ihm etwa unseren alten Trauschein aus dem Jahre 1926 aus dem Staate New Jersey vorlegen?“

      Die Frau stöhnt schmerzvoll auf, und plötzlich reckt sie sich und wirft wild beide Arme um den Hals des Mannes. „Liebst du mich noch, Olaf? Sag mir, daß du mich noch liebst!“

      „Dumme Frage von dir, Kindchen!“ Olaf West erwidert heftig den Kuß, läßt aber gleich darauf wieder seine vorsichtigen Augen spähend über die Ebene gehen. „Wofür kämpfe ich denn die ganze Zeit? Doch nur für uns! Damit wir endlich, endlich mal aus dem ganzen Dreck herauskönnen und zusammen drüben in Argentinien oder Brasilien ein neues Leben anfangen. Ein Heim, Elna!“ Seine Stimme wird einschmeichelnd weich und suggestiv. „Ein Heim, so wie du es dir träumst. Ohne Sorgen, ohne Versteckenspielen. Ein Garten, ein kleines Auto.,,—

      „Ach, Olaf, daran glaubst du ja selber nicht!“ Elna schüttelte wehmütig den Kopf und löst langsam ihre Arme von seinem Hals. „Wenn du das wolltest, dann würdest du die ganze Sache aufgeben und bleiben, was du bist: ein anständiger kleiner Kontorist. Das Heim, nach dem ich mich sehne, würden wir auch hier finden. Es braucht gar kein Auto und kein Bankkonto dabei zu sein. Aber du willst ja nicht. Du wirst immer der Abenteurer bleiben, der mit einer unheimlichen Zähigkeit irgendeinem gefährlichen Ziel nachjagt!“

      Olaf Wests Augen blitzen eine Sekunde hart auf, während er Elna zum Weitergehen zwingt. „Gut, daß du mich an das Ziel erinnerst, Elna. Mein ganzes Leben lang Kontorist bleiben, jeden Tag acht Stunden lang in einem muffigen Kontor sitzen und schuften für 250 Kronen Monatsgehalt — nein, da hast du recht. Das ist nichts für mich. Und für dich auch nicht, Kind! Bilde dir nicht ein, daß wir beide glücklich sein könnten. Wenn die Krippe leer ist, beißen sich die friedlichsten Gäule. Je schneller wir hier zu Ende kommen, um so besser für uns beide. Und jetzt ist eben eine Gelegenheit, mit einem Schlage dieses traurige Leben loszuwerden.“

      Olaf West schweigt einen Augenblick und wägt noch einmal einen lange durchdachten Plan ab. Dann sagt er leise: „Du kennst doch den alten Etatsrat Hjort?“

      „Den stillen Teilhaber von Skovbäk?“ Elna schaut verwundert auf. „Natürlich. Der alte Herr ist immer so lieb und nett zu mir, wenn er ins Kontor kommt. So ganz Kavalier der alten Schule. Man ist unwillkürlich in Versuchung, ‚Onkel‘ zu ihm zu sagen.“

      Olaf West überhört den „Onkel“. Seine Gedanken gehen intensiv ganz andere Wege. Sein Gesicht ist plötzlich steinhart und verschlossen. „Alles, was du zu tun hast, Elna, ist folgendes: Der alte Hjort kommt gewöhnlich zu Ultimo ins Kontor. Das wäre übermorgen. Wenn er wieder zurückkommt von seiner Unterredung mit unserem Chef, brauchst du ihm nur zu sagen, ein Herr Lorenzen habe angerufen und ihn gebeten, in einer dringenden Angelegenheit sofort nach Valby zu kommen.“

      „Wer ist Herr Lorenzen?“

      „Ohne Interesse für dich.“ Olaf West zuckte ungeduldig die Achseln. „Ein guter Bekannter vom Etatsrat Hjort. Ich hab’ mich genau über seine Verbindungen orientiert.“

      „Und dann?“ Eine angstvolle Frage steht in Elnas großen Augen. West sieht mit unheimlicher Entschlossenheit vor sich hin.

      „Die Sache ist einfach. Niemand kann dir einen Vorwurf machen. Der Telefonanruf war fingiert. Von unserm Büro bis nach Valby sind es mit dem Auto gute drei Viertelstunden. Zurück ebenfalls. In dieser Zeit wird die Wohnung Hjorts am Solitudevej leer sein, denn seine alte Haushälterin zählt nicht. Er ist — ganz recht — ein Mann der alten Schule. Verwahrt ein hübsches Sümmchen in seinem Sekretär statt auf der Bank. Auch wertvollen Familienschmuck besitzt der Mann noch, aber keinen Tresor. Ein Kinderspiel ...“

      „Nein!“ sagt Elna Sörensen plötzlich atemlos. „Ich tu es nicht, Olaf!“

      Mit freundlichem, überlegenem Lächeln sieht der Mann auf ihr erregtes Gesicht nieder. „Natürlich wirst du es tun, Elna. Wenn mir dieser eine Schlag noch gelingt, dann verspreche ich dir — dann machen wir uns aus dem Staube. Dann brauchst du nicht mehr einsam zu sein und nicht mehr fremd neben mir herzugehen. Also am Ultimo, Elna, nicht wahr?“

      Es zuckt in dem Gesicht der Frau. Ein verzweifelter Kampf steht darin. Groß und gebieterisch ruhen die Augen Olaf Wests auf ihr, aber diesmal ist es, als ob etwas Fremdes sich wie ein Schleier zwischen sie und die Augen der Frau schöbe.

      „Nein,“ sagt Elna noch einmal mit fester Stimme. „Du magst sagen, was du willst, Olaf. Diesmal tue ich nicht mit. Ich will überhaupt nicht mehr. Tu, was du nicht lassen kannst, aber ohne mich!“

      „Elna!“ Olaf Wests Stimme ist wie eine dunkle Drohung, aber die Frau gibt seinen Blick fest zurück.

      „Es hat keinen Zweck, Olaf, daß du noch einmal davon redest. Ich will nicht! Und jetzt sind wir wieder am Strandweg. Es ist wohl besser, wenn ich allein in die Stadt zurückfahre. Gute Nacht, Olaf!“

      Olaf West starrt der Frau nach, die mit eiligen Schritten zur Haltestelle geht und richtig noch den abfahrtbereiten Wagen der Straßenbahn erwischt. Erst als die Lichter des Wagens in der Ferne verblinken, reißt er sich zusammen und schlendert nachdenklich zu dem kleinen Restaurant an der Landungsbrücke der Küstendampfer.

      „Sie entgleitet mir,“ denkt er erbittert, während er einen Toddy hinunterstürzt. „Verdammt noch mal, das Mädel beginnt mir aus der Hand zu gleiten! Ich bin zu wenig zusammen mit ihr! Wenn ich Gelegenheit hätte, sie zu besuchen oder sonst täglich mit ihr zusammen zu sein, wäre das nicht möglich. Das muß anders werden!“

      Und Olaf West grübelt den Rest des Abends darüber nach, wie es möglich ist, den verlorenen Einfluß auf Elna wiederzugewinnen, ohne daß Dr. Holk Wind bekommt von einem näheren Verhältnis zwischen ihm und der Telefonistin der Firma Skovbäk u. Co.

      *

      „Nun, Fräulein Vinge? Eine Nachricht?“

      „Er hat geschrieben, Herr Doktor.“ Ellen Vinge legt mit etwas enttäuschtem Gesicht einen Brief vor Dr. Holk hin. „Aber nur eine Absage. Auch mein Bild schickt er zurück. Es scheint ihm nicht zu gefallen.“

      „Na, na, keine gekränkte Eitelkeit, kleines Fräulein. Ist eigentlich ein Kompliment für Sie, daß Sie nicht der Typ eines Mädchenhändlers sind. Aber für unsere Zwecke ist’s allerdings nicht sehr erfreulich. Na, sehen wir mal, was er schreibt.“

      Es ist nur ein zweizeiliger, handschriftlicher Brief, den der Kommissar in den Händen hält, aber er liest mit gespannter Aufmerksamkeit jedes Wort, dreht und wendet auch dann noch bedächtig den Brief in seiner Hand. „Hm — Tja. — Anständiges, gutes Papier. Auch der Briefstil deutet auf einen kultivierten Menschen hin. Scheint eine besondere Klasse zu sein, dieser — wie unterschreibt er sich denn? — Peter Bruhn! Hm. Kein Titel? Kein Adelsname oder so was? Das sieht ja nun eigentlich nicht nach einem Hochstapler aus. Donnerwetter! Auf dem Briefumschlag hat er sogar seine Adresse vermerkt: Peter Bruhn. Hotel d’Angleterre! Hm. Kann natürlich Falle sein. Wollen wir doch gleich mal ...“ Dr. Holk greift nach dem Hörer und läßt sich mit dem Portier des Hotels d’Angleterre verbinden, ohne seinen Namen zu nennen. Nach ein paar Minuten legt er bedächtig den Hörer wieder hin.

      „Hm. Ein Herr Peter Bruhn wohnt tatsächlich seit fünf Tagen im Hotel d’Angleterre, Zimmer Nr. 25.“

      „Also