Perry Rhodan 3106: Das Trojanische Imperium. Uwe Anton. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Uwe Anton
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan-Erstauflage
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845361062
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Perry Rhodan die Existenz Trojas den Maahks gegenüber bekannt gegeben, hätte er als Trickser und Täuscher dastehen können. Dieses Risiko wollte Rhodan nicht eingehen. Man hielt also still auf Troja.«

      Rhodan seufzte leise.

      »Ein Jahr später bewegte sich Troja noch immer auf seiner ewigen Bahn durch die vorgelagerte Kleingalaxis. Das Solare Imperium zog sich im Frühjahr 2406, kurz nach dem Tod von Mirona Thetin am 24. Februar, aus den Gebieten von Andromeda, Andro-Alpha und Andro-Beta in die Milchstraße zurück.

      Aber nicht dieser Tag hat so eine so große Bedeutung für die Trojaner, sondern der 2. Juli. Denn im Jahr 2402 wurde an diesem Datum der präparierte Asteroid Troja durch den Schrotschuss-Transmitter ins Andro-Beta-Dreieck geschleust. An diesem Tag begann Troja seine Laufbahn. Dieser Tag wird später zum offiziellen Gründungstag des Trojanischen Imperiums!«

      Das konnte Perry Rhodan nachvollziehen.

      »Der Ausbau des zuvor bereits von den Maahks ausgehöhlten Asteroiden beziehungsweise des Trümmerstücks des Maahk-Planeten Kulloch, der im Jahr 1400 zerstört worden war, kostete seinerzeit übrigens hundertzwölf Milliarden Solar. Im Laufe der Zeit ist ›Hundertzwölf Milliarden!‹ bei den Trojanern zu einem geflügelten Wort geworden, um etwas als gut, gerechtfertigt, überragend oder zustimmungswürdig zu bezeichnen.«

      Rhodan beugte sich gespannt vor. Allmählich begleitete er den Historiomimen auf Neuland.

      Volascou Rosman legte wieder eine kurze Pause ein.

      Am liebsten hätte Rhodan den Historiomimen aufgefordert, schnellstens fortzufahren, doch darauf verzichtete er. Rosman ging äußerst geschickt vor, verstand sich darauf, seine Zuhörer bei der Stange zu halten, und verfügte über ausgezeichnete rhetorische Fähigkeiten.

      »Unsere Geschichtswissenschaft«, holte der Erzähler nun ein wenig aus, »basiert nicht immer auf tatsächlichen Fakten, sondern auf unterschiedlichen überlieferten Quellen. Es gehört zu den Aufgaben eines Historiomimen, nicht immer die eine, ausschließliche Wahrheit zu kennen. An manche Ereignisse erinnert man sich in verschiedenen Varianten. Diese doppelten oder mehrfachen Versionen gab es schon lange, bevor die Historiomimen entstanden. Sie führen diese Tradition der Uneindeutigkeit fort.«

      Und nutzen sie gewissermaßen künstlerisch aus, wurde Rhodan klar. Rosman stellte sich sozusagen selbst infrage, indem er eingestand, die Wahrheit nicht gepachtet zu haben, und zog damit die Zuhörer nur noch mehr auf seine Seite.

      »Es gibt zahlreiche Versionen darüber, was dann geschah. Zwei davon möchte ich nun erzählen. In der einen heißt es, das Flottenkommando hätte die Besatzung des Geheimsatelliten in Absprache mit der USO gebeten, noch ein Jahr in Andro-Beta zu verbleiben, um die Entwicklung zu beobachten und darüber zu berichten.«

      Rhodan runzelte die Stirn, sagte aber nichts.

      »Danach sollte die Besatzung abgeholt und der Satellit stillgelegt oder deponiert werden, genau weiß man es nicht. Für die Zeit der Beobachtung kamen gut hundertsiebzig Spezialisten an Bord: Hyperfunker, Orter, Nachrichtenoffiziere, Sprachwissenschaftler, Kosmopsychologen und dergleichen. Womit die Gesamtbesatzung Trojas auf knapp zweihundert Personen aufgestockt wurde.

      Aber es gab Unstimmigkeiten darüber, ob die Solare Flotte oder die USO für Troja verantwortlich wäre. Als der Zeitpunkt gekommen war, die Besatzung abzuholen, traf kein Rendezvousschiff ein, weder von der einen noch von der anderen Gruppe.«

      Der Terraner grübelte, was der Grund dafür gewesen sein könnte, doch auf Anhieb fiel ihm nichts ein.

      »Also zog sich Troja zurück, und als mit mehrmonatiger Verspätung ein Schiff per Hyperfunk Kontakt suchte, schwiegen die damaligen Bewohner des Asteroiden aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen.«

      Rhodans Stirnrunzeln wurde stärker. Die Menschheit liebte ihren Heiligen Bürokratius über alle Maßen, aber konnte eine so folgenschwere Unterlassung tatsächlich einzig und allein durch einen Kommunikationsfehler verursacht worden sein? Das wollte, das konnte er nicht glauben.

      Außerdem stellte sich ihm die Frage, wieso die Besatzung von Troja nicht auf die Hyperfunkrufe geantwortet hatte. Das war nach menschlichem Ermessen nicht nachvollziehbar. Sie wartete mehrere Monate auf einen Kontakt, und als er dann erfolgte, reagierte sie nicht?

      »Der anderen Erzählweise zufolge wurde Troja im April 2406 mit einer geheimen Mission beauftragt«, sagte der Historiomime. »Um sie zu erledigen, kamen die besagten terranischen Spezialisten an Bord. Einige Korvetten des Satelliten steuerten deshalb ein Sonnensystem an. Eine Gruppe, die in den Geheimauftrag eingeweiht war, verließ den Satelliten in einem dieser Beiboote und flog zu einem der Planeten.

      Dort verunglückte sie jedoch oder wurde eliminiert. Ihr genaues Schicksal ist nicht bekannt. Man munkelte, die Mission sei verraten worden, und fürchtete deshalb, auch der ausgewiesene Rendezvouspunkt sei eine Falle. Dieser Version zufolge ist der Kontakt zu den Terranern spätestens Ende des Jahres 2407 deshalb abgerissen. Vielleicht kann der ehemalige Großadministrator des Solaren Imperiums Licht ins Dunkel bringen?«

      Herausfordernd sah der Historiomime Rhodan an.

      Rhodan grub in seinem Gedächtnis und räusperte sich, um etwas Zeit zu gewinnen. Aber es half alles nichts.

      »Von einer Geheimmission weiß ich nichts«, antwortete er. »Zumindest nicht mehr. Es ist allerdings durchaus möglich, dass es damals eine gab.« Er lächelte schwach. »Politiker pflegten solche Dinge schon immer zu verdrängen. In der Geschichte der Menschheit sind zahlreiche solcher Fälle dokumentiert. Aber was mich angeht, wüsste ich nicht, was es zu verdrängen gäbe.«

      Er legte eine kurze rhetorische Pause ein. »Ich verfüge leider nicht über ein fotografisches Gedächtnis wie mein Freund Atlan, aber die Verbindung ist damals meines Wissens nicht abgerissen, sondern wurde lediglich von Terra nicht sonderlich gepflegt. Das Solare Imperium machte schwere Zeiten durch. Es war nach dem Krieg gegen die Meister der Insel hoch verschuldet, Kolonialwelten wollten sich von ihm trennen ... Es hatte also zu kämpfen, es gab Sorgen an allen Ecken und Enden.

      Ich weiß aber noch, dass Troja irgendwann im frühen fünfundzwanzigsten Jahrhundert nicht mehr auffindbar war. Wir haben damals geargwöhnt, die Maahks könnten den Satelliten entdeckt und zerstört haben, hakten aber nicht nach, um kein Öl ins Feuer zu gießen ...«

      »Nun gut. Der Großadministrator leidet also wohl doch an dem politikertypischen Gedächtnisverlust und kann nicht für Klarheit sorgen.« Volascou Rosman hatte die Lacher auf seiner Seite. »Aber ich kann ihn beruhigen: Troja wurde nicht zerstört. Jemand hat wohl seine Hand über die Trojaner gehalten. Wie dem auch sei, ich fahre mit meinem Bericht fort. Wenn du mir weiter zuhörst, Perry Rhodan, fällt dir vielleicht noch etwas ein.«

      Der Terraner konnte die Reaktion des Historiomimen verstehen. Diese Entscheidungen hatten Einfluss auf die Entstehung eines Imperiums gehabt, das sich abgesondert in einer fremden Galaxis befunden hatte, auch wenn der Begriff vielleicht etwas zu hoch gegriffen war. Zumindest eines kleinen Reiches, das sich durchgesetzt, das bis in die Gegenwart Bestand hatte. Vielleicht verbarg er unter den Lachern, die er provoziert hatte, gewisse Vorwürfe.

      Andererseits hatte die Geschichte nun einmal ihren Verlauf genommen.

      »Das war also die Lage in Troja im Jahr 2407«, fuhr Rosman fort. »Der Geheimsatellit hatte rund zweihundert Personen an Bord. Er befand sich allein in Andromeda, abgeschnitten von der Heimat, und musste sich dort behaupten. Das Leben suchte sich seinen Weg und eroberte eine neue Nische: Troja ...«

      3.

      BJO BREISKOLL

      5. Juli 2071 NGZ

      Perry Rhodans Armbandgerät vibrierte.

      Verlegen tippte er auf das Gerät und beendete damit das leise Summen.

      Vielleicht sollte er sich aus Rücksicht auf den Historiomimen hinausschleichen und dem Bericht über ein Holo folgen? Nein, das wäre unhöflich gewesen bis in die Nähe zum Affront. Zudem fesselte ihn Rosmans Erzählung, sodass er keine