Bild 3: Das Kind in der Trotzphase
In der Lebensphase der Pubertät geht es darum, seine eigene Identität zu entwickeln und sich sowohl bewusst als auch unbewusst von den Erwachsenen abzugrenzen. Ein Grund für die auftretenden Differenzen zwischen Jugendlichen und Erwachsenen kann die veränderte Urteilsfähigkeit sein, wodurch das Handeln der Erwachsenen eher in Frage gestellt und [14]kritisiert wird. Zusätzlich verändern sich mit der körperlichen Reife auch die Rollen der Jugendlichen in ihrem Leben und sie wollen dementsprechend als Erwachsene behandelt werden. Die Heranwachsenden wollen auch für ihren Freizeitbereich mehr Verantwortung übernehmen, Erwachsene hingegen wollen diese oft vor »Schaden« bewahren und nehmen so eine Gegenposition ein. Diese Distanzierung ist sehr bedeutend, denn die Kinder und Jugendlichen lernen, ihre eigene Urteilsfähigkeit und Meinung zu entwickeln. Sie loten ihr Handeln aus und analysieren dabei die Reaktionen von außen. Häufig wird die Pubertät aus genau diesen Streitigkeiten auch die »zweite Trotzphase« genannt.
Sich abzugrenzen ist gerade heutzutage, im Vergleich zu früher, nicht immer einfach. Nicht selten leben die heutigen Erwachsenen ähnlich wie die Jugendlichen, d. h. sie hören die gleiche Musik, ziehen sich jugendlich und »hipp« an und haben die gleichen Hobbys. Die jungen Leute spüren und sehen kaum noch Unterschiede, was die Rebellion gegen die Welt der Erwachsenen oft nur vergrößert.
Kinder und Jugendliche haben in dieser Phase das große Bedürfnis nach Autonomie und respektvoller Behandlung. Es ist ihnen dabei sehr wichtig, an Entscheidungen teilhaben zu können und gehört zu werden. Wir als Ausbilder sollten versuchen, ihnen eine angemessene Verantwortung innerhalb der Jugendfeuerwehr zu übertragen und sie somit auf ihrem Weg zu bestärken. Mögliche Verantwortungsbereiche wären etwa die Pflege des Gerätehauses, die Organisation von Speisen und Getränken für den Jugendfeuerwehrdienst, die Kleiderverwaltung und ähnliche Aufgaben, die je nach Jugendfeuerwehr unterschiedlich ausfallen können. Auch können [15]während des Jugendfeuerwehrdienstes ältere Jugendliche die jüngeren anleiten bzw. unterstützen, da die Akzeptanz der Anleitung durch andere Kinder bzw. Jugendliche oft größer ist als durch Erwachsene. Dies sollte jedoch im Hintergrund und immer in Abstimmung mit dem Ausbilder geschehen.
1.3 Patentrezepte gibt es nicht
Leider gibt es im Umgang mit pubertierenden jungen Menschen keine Standardlösungen, sondern jede Situation muss für sich betrachtet und evaluiert werden. Grundsätzlich gibt es jedoch einige Verhaltenstipps, die den Umgang mit Pubertierenden erleichtern können und je nach Kontext und Sachlage in Betracht gezogen werden sollten. Im Folgenden einige Vorschläge:
Erwachsene sind Vorbilder – innerhalb und außerhalb der Feuerwehr.
Gleiche Regeln für Groß und Klein.
Gemeinsam(e) Regeln aufstellen.
Kein »Bester-Kumpel-Verhalten« den Kindern und Jugendlichen gegenüber.
Konsequente Meinung und Reaktion.
Sicherheit und Orientierung geben durch Aufzeigen notwendiger Grenzen (Regeln).
Bedürfnisse beachten.
Möglichkeit der Meinungsäußerung durch die jungen Leute selbst und ein daraus resultierendes Treffen von Entscheidungen durch sie.
Kritik und Konflikte nicht persönlich nehmen.
[16]Bei Erfolg Lob aussprechen – Anerkennung und Wertschätzung zeigen.
Stärke zeigen durch Entschuldigen bei eigenem Fehlverhalten den Kindern und Jugendlichen gegenüber.
Durch Fehler lernen lassen und diese Möglichkeit auch anbieten (ohne materiellen oder menschlichen Schaden zu verursachen).
Fehler bzw. Fehlverhalten eines Einzelnen nicht vor der Gruppe bloßstellen.
Bild 4: Oops – Patentrezepte gibt es nicht
Es müssen nicht immer alle Verhaltenstipps angewendet werden, manchmal reicht es jedoch schon aus, ein paar Dinge praktisch umzusetzen, um eine kriselnde Situation zu beschwichtigen und »unter Kontrolle« zu bekommen.
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[17]Zum Schluss ein kleiner Geheimtipp für alle Ausbilder: Humor ist, wenn man trotzdem lacht – auch wenn die Situation einen zu überfordern scheint. Gelassenheit und ein Lächeln können oft den ersten Wind aus den Segeln nehmen! Bevor Du impulsiv Deine Meinung vertrittst oder schimpfst, atme innerlich tief durch, zähle bis drei und versuche dann mit ruhiger Stimme zu reden. Emotionsgeladene Reaktionen lösen oft Trotzreaktionen aus. |
1.4 Selbstkontrolle
1 Für wen gelten Regeln?Für die AusbilderNur für die JugendlichenFür Ausbilder, Kinder und Jugendliche
2 Sollen Kinder und Jugendliche ihre Meinung äußern dürfen?JaNeinNur in bestimmten Situationen
3 Wodurch zeigen Ausbilder ihre Stärke?Sie brüllen und schreien, um sich Gehör zu verschaffen.Sie gestehen den Kindern und Jugendlichen gegenüber eigene Fehler ein.Sie halten ihren Jugendfeuerwehrdienst unbeirrt weiter, auch wenn nicht alle zuhören.
[18]2 Soziale Grundbedürfnisse
Alle Menschen haben bestimmte Grundbedürfnisse und möchten diese erfüllt haben. Aus diesem Grund verfolgt jedes menschliche Verhalten ein bestimmtes Ziel, bewusst oder unbewusst. Grundbedürfnisse sind die Voraussetzung für das körperliche und seelische Wohlbefinden und die Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit (LpB, 2017). Um mit zunehmendem Alter selbständiger und kompetenter die eigene Bedürfnisbefriedigung übernehmen zu können, braucht der Mensch fortlaufende und an das jeweilige Alter angepasste Anregung, Förderung und Anforderung.
2.1 Die Bedürfnis-Pyramide
Die Maslowsche Bedürfnispyramide des US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow (1908 -1970) ist eine simple und anschauliche Darstellung der Hierarchie menschlicher Bedürfnisse und Motivationen (LpB, 2017):
Physiologisches Bedürfnis:Bedürfnis nach regelmäßigem Schlaf-Wach-Rhythmus, Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Gesundheitsfürsorge und Körperkontakt.
Sicherheitsbedürfnis:Bedürfnis nach Schutz vor Gefahren und Krankheiten.
[19]Zugehörigkeits- und Liebesbedürfnis:Bedürfnis nach Mitgliedschaft in einer sozialen Gemeinschaft sowie nach emotionaler Nähe und Verbundenheit. Speziell Kinder und Jugendliche benötigen verlässliche, konstante Bezugspersonen, einfühlendes Verständnis, Zuwendung und mit zunehmendem Alter eine Unterstützung bei der Initiierung und Aufrechterhaltung von zwischenmenschlichen und emotionalen Bindungen sowie eine Förderung in der Entwicklung sozialer Fertigkeiten und emotionaler Kompetenzen.
Wertschätzungs- und Geltungsbedürfnis:Bedürfnis, sich in der sozialen Gemeinschaft zu integrieren und Anerkennung und Bestätigung zu erfahren. Kinder und Jugendliche brauchen Bezugspersonen, die ihre Individualität und Eigenständigkeit positiv spiegeln und Erfahrungen der Selbstwirksamkeit ermöglichen. Diese sollen auch ihr Selbstbewusstsein stärken und sie altersgemäß zu weiteren Leistungen durch Spiel und Anregung herausfordern.
Bedürfnis nach Selbstverwirklichung:Bedürfnis, Persönlichkeit entsprechend der Fähigkeiten und Talente zu entfalten.
So einfach die Darstellung dieser Bedürfnisse anhand der Pyramide auch