Macht. Anselm Grün. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anselm Grün
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783736503007
Скачать книгу
>Inhalt

       Einleitung

       Die Macht Gottes

       Religionsgeschichte

       Bibel und Dogmatik

       Die Macht Jesu: exousia, dynamis, energeia

       Die Macht des Menschen

       Definition von Macht

       Die Macht des Menschen als Gabe Gottes

       Die verschiedenen Formen, Schauplätze und Instrumente der Macht

       Der Missbrauch der Macht

       Die Versuchung zum Machtmissbrauch im Lukasevangelium

       Die dunkle Seite der Macht

       Die verborgene Macht in der Kirche

       Machtmissbrauch im politischen Bereich

       Machtmissbrauch in Unternehmen

       Machtmissbrauch im persönlichen Bereich

       Lebensgeschichtliche Gründe für den Machtmissbrauch

       Der angemessene Umgang mit Macht

       Wege zur Durchsetzung von Zielen

       Macht-Gestalter anstatt Macht-Asketen und Macht-Menschen

       Macht übernehmen – Voraussetzungen und Bedingungen

       Haltungen bei der Machtausübung

       Schluss

       Literatur

      Anselm Grün

      MACHT

      Eine verführerische Kraft

      Vier-Türme-Verlag

      Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie. Detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      Printausgabe

      © Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2020

      ISBN 978-3-7365-0299-4

      E-Book-Ausgabe

      © Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2020

      ISBN 978-3-7365-0300-7

      Alle Rechte vorbehalten

      E-Book-Erstellung: Dr. Matthias E. Gahr

      Lektorat: Marleme Fritsch

      Covergestaltung: Dr. Matthias E. Gahr

      www.vier-tuerme-verlag.de

      Die Kirche ist durch die Aufdeckung des sexuellen Missbrauchs in so vielen Fällen und in einem so großen Ausmaß in eine tiefe Krise gestürzt. Die Ursachen dieses Missbrauchs sind vielfältig. Aber eine wesentliche Ursache liegt ganz sicher im Missbrauch der Macht. Dies wurde jedoch vor allem dadurch möglich, weil innerhalb der Kirche bisher keine Theologie der Macht oder eine Theologie der Sexualität entwickelt wurde. Beide hat man ausgeblendet, und weil sie zu wenig bedacht wurden, sind sie zum Problem in der Kirche geworden.

      Was nicht bewusst gemacht wird, gerät ins Unbewusste und wirkt sich von dort her destruktiv auf die Menschen aus. Das hat Carl Gustav Jung, der berühmte Schweizer Psychologe und Therapeut, immer wieder aufgezeigt: Was verdrängt wird, gerät in den Schatten. Der Schatten ist für C. G. Jung der Bereich im Unbewussten, in den der Mensch all das, was er bei sich bewusst nicht wahrnehmen will, gleichsam abstellt. Der Schatten ist das Reich des Verdrängten in der menschlichen Seele. Doch durch Verdrängen werden die Leidenschaften und Bedürfnisse des Menschen nicht aufgehoben. Im Gegenteil: Sie zeigen ihre Wirkungen oft entweder in der Projektion auf andere oder im unbewussten Ausleben des Schattens. So wird beispielsweise verdrängte Aggression zur passiven Aggression: Sie macht all jene aggressiv, die mit einem solchen Menschen zu tun haben. Oder die Aggression wird auf andere projiziert, indem ich zum Beispiel den anderen die Aggressionen andichte, die ich bei mir nicht wahrhaben will. Ich werfe dann anderen vor, dass sie aggressiv seien. In Wirklichkeit aber bin ich selbst der aggressive Mensch.

      In der Kirche und ihrem Umfeld gibt es jedoch noch eine dritte Variante: Die Aggression wird unter dem Deckmantel der Liebe ausagiert. Wenn etwa ein Pfarrer in der Gemeinderatssitzung bei einem Konflikt sagt: »Wir Christen streiten nicht, wir lieben uns«, dann übt er Macht aus über die Mitglieder des Rates. Denn er vermittelt ihnen ein schlechtes Gewissen, allein dafür, dass sie anderer Ansicht sind.

      Aber nicht nur in der Kirche ist Macht ein zentrales Thema. Wir erleben beispielsweise einen Verfall politischer Macht auf der einen Seite, einen Anstieg populistischer Macht auf der anderen Seite. Wir sehen den Missbrauch der Macht in der Wirtschaft, beispielsweise im sogenannten Diesel-Skandal. Wir erleben den Missbrauch der Macht jedoch auch im persönlichen Bereich. Hier spricht ebenfalls niemand von oder über Macht, sie wird aber gerade in Beziehungen, in der Partnerschaft, der Freundschaft, der Ehe unbewusst ausagiert.

      Daher habe ich mich entschlossen, über die Macht zu schreiben. Ich bin mir bewusst, dass ich dieses Thema nicht vollständig behandeln kann. Ich möchte nur die Aspekte herausgreifen, die mir wichtig erscheinen.

      Mein Ziel ist, mit diesem Buch Menschen, die Macht haben, dabei zu helfen, sie zum Wohl der Menschen auszuüben. Zudem möchte ich alle Leserinnen und Leser – denn jeder Mensch hat eine gewisse Macht – dazu einladen, über ihre Macht und ihren Gebrauch nachzudenken.

      Pater Anselm Grün

      Gott wird in allen Religionen als der Mächtige oder gar Allmächtige bezeichnet. Mit Gott ist also immer auch Macht verbunden. Ein Blick in die Religionsgeschichte und die Bibel soll die Beziehung zwischen Gott und Macht sichtbar werden lassen.

      Die Religionsgeschichte zeigt, dass die Erfahrung von Macht ein religiöses Urphänomen ist: »Da werden zum Beispiel Dinge als ›mächtig‹ erfahren: Steine, Metalle, Bäume, Berge, Wasser und Feuer« (Hauser, 99). Diese Erfahrung ist häufig verbunden mit dem Gefühl, etwas Geheimnisvollem begegnet zu sein, etwas, das unbegreiflich und ungreifbar bleibt. Macht ruft immer Staunen, aber zugleich auch Ehrfurcht und oft genug Angst hervor. So hatten die Menschen beispielsweise Angst vor der Macht des Donners und des Blitzes.

      In der Magie wird der Fetisch als Machtträger gebraucht. Man nimmt zum Beispiel einen Stab und ist der Überzeugung, er sei voll von göttlicher Energie, daher könne man damit die Gefahr von Donner und Blitz von sich und vom Dorf abhalten. Ein Weg, mit der Macht umzugehen, war und ist auch heute noch häufig das Tabu: »Es bedeutet eine Art Warnung vor versammelter Macht. Als Gegenwehr umgeht man sie schweigend, spricht nicht von ihr. Der König, das Geschlechtsleben, bestimmte Zeiten zum Beispiel sind tabu. Das