Sophienlust Paket 4 – Familienroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Sophienlust Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740971076
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freundlich, von Helmut Koster jedoch mit Vorwürfen empfangen.

      »Eine volle Woche bist du weggeblieben!«, begrüßte er sie ärgerlich.

      »Aber, Helmut, eine Woche ist doch nicht lang«, verteidigte sie sich.

      »Für mich war es lang. Aber du scheinst keinerlei Sehnsucht nach mir gehabt zu haben.«

      »Sei nicht so kindisch. Du redest, als ob wir monatelang getrennt gewesen wären.« Trotzdem empfand Betti, dass Helmut mit seinen Vorwürfen nicht so unrecht hatte. Sie hatte nämlich während der Woche im Bayerischen Wald kaum an ihn gedacht. Die Sorge um die Zukunft Erich Gleisners hatte sie viel mehr beschäftigt.

      Helmut sagte nichts mehr. Er war verstimmt und verhielt sich in den folgenden Tagen Betti gegenüber reserviert, die darüber jedoch eher erleichtert war.

      Evi hatte sich während der Bahnfahrt eine leichte Erkältung zugezogen. In der Nacht stieg ihr Fieber. Andrea von Lehn und Betti waren darüber so besorgt, dass sie Frau Dr. Frey anriefen.

      Diese kam am nächsten Morgen und untersuchte das Kind. »Es ist nichts Ernstes«, beruhigte sie gleich darauf die beiden Frauen. »Nur ein Schnupfen. Wenn Evi ein paar Tage im Bett bleibt, ist sie bald wieder gesund.«

      Die Ärztin schickte sich an zu gehen, aber Betti hielt sie zurück. Sie wollte bei dieser Gelegenheit mit Frau Dr. Frey über das Leiden Erich Gleisners sprechen.

      »Ich kann darüber kein Urteil abgeben«, meinte Frau Dr. Frey, nachdem Betti ihre Ausführungen beendet hatte. »Ich weiß nichts Genaues über die Verletzung.«

      »Ja, natürlich, daran hätte ich denken müssen«, murmelte Betti niedergeschlagen. »Aber ich musste mit Ihnen darüber reden. Erich Gleisner tut mir so leid. Es muss schrecklich sein, ohne Hoffnung dahinzuleben. Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich es nicht über mich bringen, auf mein Kind zu verzichten. Es muss doch einen Weg geben! Vielleicht könnte diese Operation, von der Frau Haslinger sprach, doch Hilfe bringen?«

      »Ich werde mich erkundigen«, versprach Frau Dr. Frey. Bettis Worte hatten sie in eigenartiger Weise berührt. Zu gut entsann sie sich der Zeit, die die schwersten ihrem bisherigen Leben gewesen war. Damals hatte ihr Mann Stefan nach einem schweren Unfall seinen Lebensmut vollkommen verloren gehabt. Ähnlich wie Erich Gleisner hatte er auf sein Töchterchen, sein geliebtes Filzchen, verzichten wollen. Aber im Gegensatz zu Erich Gleisner war Stefan nicht allein gewesen. Anja war ihm hilfreich zur Seite gestanden. Sie hatte energisch den Kampf mit dem Schicksal aufgenommen und den mutlosen Mann nicht allein gelassen.

      Um wie viel schwerer hatte dagegen das Schicksal Erich Gleisner getroffen. Seine Frau hatte ihn einfach im Stich gelassen, als er zum Krüppel geworden war. Er musste darüber verzweifeln.

      Anja fand keine Ruhe. Evis Vater war zwar für sie ein Unbekannter, aber trotzdem fühlte sie sich verpflichtet, etwas zu unternehmen. Da sie Kinderärztin war, war das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks eine Materie, die ihr fremd war. Deshalb hatte sie Betti auch keine Auskunft geben können. Aber etwas anderes konnte sie tun. Sie konnte sich mit dem Arzt Erich Gleisners in Verbindung setzen.

      Nachdem Anja diesen Entschluss gefasst hatte, teilte sie ihn sofort Betti mit. Aber Betti wusste den Namen und die Anschrift des Arztes nicht. Sie musste sich erst bei Frau Haslinger danach erkundigen.

      Dann kam für Betti eine Zeit fieberhafter Spannung. Was würde Frau Dr. Frey erfahren? Wie würde die Auskunft des anderen Arztes lauten? Würde eine Operation überhaupt möglich sein? Für Betti waren diese Überlegungen und Zweifel kaum mehr zu ertragen.

      Zum Glück dauerte es nicht lange, bis Frau Dr. Frey die gewünschte Auskunft erhielt. Sie gab sie sogleich an Andrea von Lehn und Betti weiter.

      »Es ist mir gelungen, Dr. Berger telefonisch zu erreichen«, teilte sie den beiden freudig mit. »Er hat sich gleich an den Fall erinnert, der ihm irgendwie am Herzen zu liegen scheint. Die Operation ist möglich, und die Chancen einer völligen Heilung stehen sehr gut«, schloss Anja Frey triumphierend.

      »Warum wollte dann Herr Gleisner nichts davon wissen?«, fragte Andrea.

      »Das ist Dr. Berger auch unbegreiflich«, erwiderte Anja. »Er hat Herrn Gleisner zugeredet, aber es hat nichts genützt.«

      »Möglicherweise sind die Kosten sehr hoch«, überlegte Andrea. »Ein langer Aufenthalt im Krankenhaus wird wohl notwendig sein.«

      »Am Geld darf es doch nicht scheitern«, meinte Betti aufgebracht.

      »Nein, eigentlich müsste doch der Schuldige, der Mann, der Erich Gleisner angeschossen hat, die Kosten tragen.«

      »Vielleicht weigert er sich?«

      »Dann muss man gerichtliche Schritte gegen ihn unternehmen«, meinte Andrea. Frau Dr. Frey und Betti waren der gleichen Meinung.

      »Aber zuerst einmal muss man Erich Gleisner dazu bringen, dass er der Operation zustimmt«, sagte Anja.

      Andrea von Lehn sah Betti an. »Sie müssen mit Evi noch einmal in den Bayerischen Wald fahren«, beschloss sie. »Es muss Ihnen gelingen, Herrn Gleisner zu überreden.«

      Betti war nur allzu gern zu einer neuerlichen Reise bereit. Es war in den letzten Tagen schwer gewesen, Evi im Zaum zu halten. Sie hatte unaufhörlich gefragt, wann sie denn wieder ihren Vati besuchen würden.

      Ja, es war genauso gekommen, wie Erich Gleisner es vorausgesehen hatte. In Evi war die Sehnsucht nach ihrem Vater geweckt worden. Obwohl das Kind bei Betti und bei der Familie von Lehn glücklich war, fehlte ihm doch der Vater.

      Eigentlich hätte Betti eifersüchtig sein müssen, aber das war nicht der Fall. Sie war nur von dem Wunsch erfüllt, Erich Gleisner zu helfen.

      *

      Diesmal meldete Betti ihren Besuch bei Frau Haslinger an, und diese begrüßte sie wie eine alte Bekannte. »Es freut mich, dass Sie und das Kind wieder hier sind«, sagte sie. »Ich habe so gern Kinder um mich. Manchmal möchte ich am liebsten alles hier stehen und liegen lassen und zu meinen Enkelkindern nach München fahren. Nein, natürlich werde ich das nicht tun«, fuhr sie fort, als sie Bettis erschrockenen Blick wahrnahm. »Fritz und ich haben nicht die Absicht, Erich hier hilflos zurückzulassen. Wenn sich sein Gesundheitszustand nur bessern würde! Aber ich weiß, da müsste ein Wunder geschehen.«

      »Vielleicht geschieht eins«, meinte Betti geheimnisvoll. Dann erzählte sie Frau Haslinger, welche Auskunft Frau Dr. Frey von Dr. Berger erhalten hatte.

      »Herr Gleisner muss einsehen, dass diese Operation unbedingt notwendig ist«, sagte Betti abschließend. »Ich werde versuchen, es ihm klarzumachen.«

      »Dabei können Sie mit meiner vollsten Unterstützung rechnen«, meinte Frau Haslinger. »Aber es wird nicht einfach sein, ihn zu überreden.«

      Es war wirklich nicht einfach. Erich Gleisner freute sich zwar offensichtlich über den Besuch seiner Tochter, begrüßte Betti aber sehr zurückhaltend.

      Betti wäre gern sofort mit der Tür ins Haus gefallen, aber klugerweise übte sie Zurückhaltung und wartete, bis Evi im Bett lag und schlief. Dann ging sie wieder hinunter ins Wohnzimmer, wo das Ehepaar Haslinger und Erich Gleisner noch beisammensaßen.

      Bei Bettis Eintritt stand Frau Haslinger auf und sagte zu ihrem Mann: »Komm, Fritz, heute bist du dran mit dem Abspülen, aber du brauchst es nicht allein zu machen. Ich helfe dir dabei.« Damit wollte die Försterin Betti offenbar Gelegenheit geben, mit Erich Gleisner unter vier Augen zu sprechen.

      Herr Haslinger schien den Wink seiner Frau sofort zu verstehen, denn er ging mit ihr in die Küche.

      »Nun war Betti mit Erich Gleisner allein. Sie fröstelte. Jetzt war der Augenblick gekommen, da sie sprechen musste. Innerlich schalt sie sich wegen ihrer Verlegenheit. Sie hatte doch nur Gutes vor!

      Erich Gleisner schwieg beharrlich. Er machte die Sache für Betti dadurch nicht leichter. Wenn er nur ein wenig entgegenkommender wäre, dachte Betti und seufzte.

      »Es ist Ihnen wohl unangenehm, hier neben einem