Vom schönen Schein. Eva Rossmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eva Rossmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783990371107
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„Mord bei Traumhochzeit“. So gesehen hat der Mord mehr gebracht als die Hochzeit. Mehr Medienöffentlichkeit. Plus, sozusagen, einen rasch und effizient gefassten Verdächtigen. Warum …

      Mir wird heiß. Und wenn alles ganz anders war? Die Hochzeit tatsächlich die ultimative Inszenierung? Wenn CSO Kaiser jeden Grund hatte, abzulenken, damit es nicht zu einer CSI Kaiser kommt? Wer sagt denn, dass sich Daniel wirklich von seinem Vater als engstem Betreuer trennen wollte? Kaiser. Vielleicht war es ganz anders. Er wollte, dass Daniel zum Sportkonsortium wechselt. Vielleicht war die Hochzeit nichts anderes als ein Goodie, sie sollte der Beweis sein, was alles möglich ist, wenn er mit dem Konsortium zusammenarbeitet. Als Daniel tot unter dem Baum lag, im Weinberg, tief unter uns die glitzernden Lichter der Wachau, die Donau … Ich erinnere mich, was ich als Erstes gedacht habe: Jetzt ist einer der Hauptdarsteller tot.

      Da war nichts echt. Bis auf den Mord. Und es hatte wohl einen ganz anderen Grund, warum Kaiser verhindert hat, dass der einzige echte Freund Daniels bei der Hochzeit dabei ist. Weil er zu viel weiß. Weil er ihn nicht hätte unter Kontrolle halten können. Aber dann wollte Daniel doch nicht mehr länger mitspielen. Was immer das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Nicht nur Daniels Vater, auch Kaiser war eine Zeit lang weg vom Ehrentisch. Es passt. Es passt alles zusammen. Wäre Daniel ausgestiegen, es wäre Kaisers ultimativer Misserfolg gewesen. Traumhochzeit versaut. Seine Spielchen aufgedeckt. Man hätte ihn gefeuert und über Österreich bestenfalls gelacht. Die Sportler, die, gedrängt vom neuen Sportkonsortium, einer Hochzeit zustimmen, damit Aufmerksamkeit, Werbeeinnahmen, Image stimmen. Ich muss mit seinem Freund reden. Seinem echten. Schwul hin oder her. Das ist nun wirklich nicht wichtig.

      Daniela. Sie muss mir die Nummer geben. – Und wenn sie die tatsächlich nicht hat? Weil es stimmt, dass sie Daniel zwar gemocht, aber gar nicht besonders gut gekannt hat? Ich wähle die Nummer ihrer Mutter.

      „Ich glaube, dass alles ganz anders war“, sage ich, als sie drangeht.

      „Ich auch“, sagt sie.

      „Ich brauche die Nummer von diesem Freund.“

      „Ich will nicht, dass wir Mitschuld tragen.“

      Ich stutze. „Sie wissen, dass Kaiser dahintersteckt?“

      „Ja.“

      „Sie müssen mit der Polizei reden. Und wir brauchen einen Beweis. Können Sie sich daran erinnern, wann Kaiser den Tisch verlassen hat? Hat Daniel etwas erzählt über den Streit?“

      Stille. „Wovon … reden Sie?“

      „Er war es doch, der Daniel …“

      „Er hat die Hochzeit inszeniert. Und Daniela hat sich wirklich verliebt. Oder so etwas Ähnliches. Sonst hätte ich nie …“

      „Aber Daniel wollte aussteigen.“

      „Aussteigen? Sie haben geheiratet.“

      „Kaiser hat dafür gesorgt, dass Daniels Vater verdächtigt wird.“

      „Ja. Es tut mir leid. Dass wir da quasi mitgeholfen haben. Aber ich glaube nicht …“

      Ich hole tief Luft: „Sie können keinen Mörder decken!“

      „Der Mörder? Nein. Das ist er nicht. Nicht direkt.“

      Ich schüttle den Kopf, als könnte es meine Gehirnzellen in sinnvolle Bewegung bringen. „Was ist mit dem Freund?“

      „Daniela schickt seine Nummer gerade durch. Sie hat vor kurzem mit ihm geredet. Es wird wohl ohnehin alles rauskommen, aber wir wollen nicht mitschuldig …“

      „Die waren also doch ein Paar?“

      „Freunde, sie waren Freunde. Und er hat zugelassen, dass sein einziger Freund ausgeladen wird. Das war dann wohl zu viel.“

      „Zu viel? Es war sein Freund, der … “

      „Daniel hat sich umgebracht. Er war … erschöpft. Offenbar seit langem. So eine ATP-Tour ist eine Riesenanstrengung. Allein schon die Reisen. Er kam mit seinem Vater nicht mehr zurecht. Dann die finanziellen Sorgen. Sein Team, ein Team statt Freunde. Ein Coach statt einem Vater. Dieses Sportkonsortium, dieser Kaiser … Daniel hat Daniela am Vormittag gebeten, dass sie die Hochzeit absagen. Deswegen ist sie davongelaufen. Sie hat sich geweigert. Sie hat gehofft, er wird sich noch in sie verlieben. Es ging nicht ums Geld und all den Unsinn, den ihr Kaiser und seine Leute eingeredet haben. Jetzt fühlt sie sich schuld an Daniels Tod. Schuld ist dieser Sportmanager, auch wenn er ihn nicht ermordet hat. Schuld ist sein Vater, aber Daniela will nicht, dass er dafür ins Gefängnis geht. Es war Mirko, mit dem Daniel telefoniert hat, bevor er den Tisch verlassen hat. Sein Jugendfreund. Mirko war sauer, weil Daniel nichts dagegen unternommen hat, dass er ausgeladen wurde. ‚Kein Wunder, dass einer wie du keine Freunde hat‘, hat er gesagt. Das … war es dann wohl.“

      Ich schlucke. „Selbstmord … Das hätte nicht gepasst zu Kaisers Strategie. ‚Mord bei Traumhochzeit‘, das klingt wie aus einem Fernsehkrimi. Selbstmord …“

      „Ist einfach nur traurig. Kein Erfolg. Für niemanden“, sagt Danielas Mutter langsam.

      Ich nicke. Erst dann wird mir klar, dass sie mich nicht sehen kann. Sie scheint noch dran zu sein. „Aber besser, als weiter zu lügen.“

      „Wir hätten früher damit aufhören sollen. Österreich ist nämlich wirklich schön. Und unsere Tochter ist nicht nur die beste Skifahrerin, sondern auch ein ganz lieber Mensch. Mit einem großen Herz.“

      Sicher. Ja. Und Wahrheit ist etwas anderes als bloß das Gegenteil von Lüge. Wenn es sie überhaupt gibt. „Grüßen Sie Daniela von mir.“

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