BAT Boy. C. A. Raaven. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: C. A. Raaven
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783982064529
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zusammen mit einer arg gerüschten Bluse. Ihr Alter war schwer einzuschätzen – irgendwo zwischen 30 und 50. Die Schüler erfuhren von ihr, dass sie ihre Klassenlehrerin sei. Sie würden bei ihr Deutsch und Französisch haben. Außerdem gab sie ihnen den Stundenplan und einige Informationen über Arbeitsmaterial, das sie sich noch beschaffen müssten. Als die Glocke zum Stundenende klingelte, entließ sie sie in die Pause und schwebte wieder aus dem Klassenraum.

      Kaum, dass sie verschwunden war, hörte Lucas Uwe – einen Jungen, den er aus der alten Schule kannte – sagen: »Macht bitte mal einer die Fenster auf? Diese Wolke ist ja kaum zu ertragen.«

      Unter allgemeinem Gelächter wurden die Fenster geöffnet, und alle begaben sich auf den Pausenhof. Als Lucas auf dem Hof ankam, wusste er zunächst nicht so recht, was er machen sollte. Vor ihm tummelte sich die Masse der Schüler im Sonnenschein, der ihm fast schmerzhaft in die Augen stach. Lag es nur daran, dass es drinnen so viel dunkler gewesen war, oder war die Sonne heller als sonst? Er schlenderte ein wenig herum, bis er ein schattiges Plätzchen erreicht hatte. Lucas wollte sich gerade hinsetzen, als ihn ein schier trommelfellzerfetzender Lärm zusammenschrecken ließ. Direkt nebenan hatten ein paar ältere Schüler damit begonnen, mit mehreren Getränkedosen Fußball zu spielen. Die Umstehenden johlten und gaben lautstark Kommentare dazu ab. Eigentlich waren das die üblichen Geräusche einer Pause auf dem Schulhof, aber für Lucas hätte es genauso gut ein startendes Flugzeug sein können. Sein Kopf begann zu schmerzen – erst die Sonne und nun dieser Lärm. Das wollte er sich nicht antun und so sprang er wieder auf, um sich erneut nach einem geeigneten Platz umzusehen. Der einzige Platz, an dem er sich weder dem Krach, noch der sengenden Sonne ausgesetzt sah, befand sich am Rand zum Schulgarten. Dort jedoch herrschte jedoch ein Geruch nach den im Garten befindlichen Blumen und Kräutern sowie dem Komposthaufen vor, von dem Lucas sofort speiübel wurde. Auch das waren Gerüche, die er eigentlich mochte, aber heute waren sie ihm einfach zu viel. Mühsam und inzwischen ziemlich entnervt rappelte er sich wieder hoch. Er lief an der Hauswand entlang, in der Hoffnung, dass er vielleicht die Pause im Klassenraum verbringen könnte. Er hatte nun nur noch Augen für die halb offene Eingangstür und die dahinter liegende dunkle Stille, sodass er fast rannte. Plötzlich trat ihm eine schattenhafte Gestalt in den Weg und er stieß mit ihr zusammen. Der Aufprall presste Lucas die Luft aus den Lungen und er setzte sich unfreiwillig rückwärts auf den Boden. Der Schatten über ihm beugte sich nun zu ihm herunter und streckte ihm eine Hand entgegen. Verdutzt blickte Lucas in das Gesicht eines Mannes, der ihn etwas seltsam anlächelte. Er war vollständig in Schwarz gekleidet und hatte sogar bei dieser Hitze einen weiten Mantel an. Sein schwarzes Haar hatte er zu einem Pferdeschwanz gebunden und an seiner linken Hand einige Ringe, wie Lucas sie noch nie gesehen hatte. Sie alle schienen verschiedene Tiere darzustellen.

      »Hoppla«, sagte der Mann. »Alles in Ordnung?«

      »Ja«, murmelte Lucas geistesabwesend und immer noch auf das Erscheinungsbild des Mannes starrend. Dann bemerkte er, was er da tat und sprang hastig auf.

      »Entschuldigung, dass ich sie umgerannt habe, Herr ... ähh.«

      »Nein, du musst dich nicht entschuldigen. Ich hab dich beobachtet. Als ich sah, dass du vermutlich gleich in Panik gerätst, wollte ich dich aufhalten. Ist also eigentlich eher meine Schuld«, antwortete der Mann.

      »Äh, wie jetzt?«, hüpfte es Lucas aus dem Mund, bevor er noch die Zeit dazu hatte, sich darüber Gedanken zu machen, dass das ziemlich unhöflich klingen musste.

      Was hatte dieser Mann gerade gesagt? Panik? Und warum hatte er ihn beobachtet? Das war doch alles ganz schön eigenartig, obwohl, wenn er es recht bedachte, dann war die Sache mit der Panik wirklich nicht so weit hergeholt. Er hatte tatsächlich so etwas wie Panik verspürt, als er eben über den Schulhof gelaufen war. Der Mann schien seine Gedanken zu erraten, denn als Lucas ihn wieder ansah, lächelte er wieder sein Mona-Lisa-Lächeln und sagte: »Ja, ich habe dich beobachtet, weil mir gleich aufgefallen ist, dass du da etwas mit dir herumträgst …«

      »Nein, nicht im wörtlichen Sinn«, lachte er, als Lucas sich umsah und seinen Rucksack nach ungewöhnlichen Merkmalen absuchte. »Ich meine das eher im übertragenen Sinn. Du hast da etwas, von dem du noch nicht so richtig weißt, wie du damit klarkommen sollst. Du erinnerst mich ein bisschen an mich selbst nach meinem 13. Geburtstag.«

      Lucas zuckte zusammen und starrte den Mann erneut an. Da war es wieder! Konnte man ihm das inzwischen schon ansehen? Und wenn ja, was konnte man ihm denn ansehen? Schwebte am Ende schon so etwas wie ein großes L wie Looser – für alle anderen außer ihm sichtbar – über ihm, an dem man erkennen konnte, was los war?

      »Entschuldigung, aber was meinen sie damit?«, war er gerade im Begriff zu fragen, als es zum Pausenende klingelte.

      »Lass uns da später mal drüber reden. Wie wäre es heute nach der Schule?«

      »Hmmja gut, aber wo finde ich Sie?«

      »Ich finde dich schon. Bleib einfach auf dem Hof.«

      Dann wurde Lucas von der Menge der ins Schulhaus drängenden Schüler erfasst und befand sich kurz darauf wieder im Klassenraum.

      »Sag mal stimmt das, dass du dich mit Mister Spooks angelegt hast?«, wollte sein Nachbar zur Linken gleich von ihm wissen.

      »Mister wer?«, fragte Lucas.

      »Na Spooks«, kam es von dem Jungen, der Andreas hieß und einen größeren Bruder an der Schule hatte. »Der, der so gruselig aussieht.«

      »Du meinst den in Schwarz?«

      »Ja ja, diesen Grufti-Typ.«

      »Na wie ein Grufti kam er mir eigentlich nicht vor. Er war eher nett. Ich hab ihn umgerannt und dann hat er ...«

      Lucas brach ab, denn ihm war gerade eingefallen, dass er nicht unbedingt große Lust dazu hatte, Andreas vom Rest des Gesprächs zu erzählen. Glücklicherweise kam in diesem Moment der nächste Lehrer durch die Tür, sodass es Lucas erspart blieb, auf weitere Fragen seines Banknachbarn antworten zu müssen. Der Lehrer war mittelgroß, trug braune Cordhosen, ein Oberhemd, das oben aufgeknöpft gelassen war und ein dunkles Tuch um den Hals. Sein Kopf wurde von einer etwas wirren Mähne dunkelbraunen Haares umrahmt. Auf der Nase trug er eine Nickelbrille. Insgesamt konnte man ihn sich eher mit einem großen Café-au-lait in einem Pariser Bistro sitzend vorstellen, als in einem Klassenzimmer. Und er hatte eine weitere unverkennbare Eigenschaft.

      »G-g-good mo-morning boys and g-girls«, sagte er, während er seine Unterlagen auf den Lehrertisch fallen ließ. »My n-name is Mister Mannf-fred.«

      Es handelte sich unzweifelhaft um ihren Englischlehrer. Mr. Mannfred brachte es fertig, dass die Klasse sich nach der etwas drögen ersten Stunde schnell komplett auf ihn konzentrierte. Allerdings weniger wegen dem, was er zu sagen hatte, sondern wie er es sagte. Sein Stottern zog sich durch den ganzen Unterricht. Man bekam das Gefühl, dass sich alle ein Kichern verkneifen mussten. Auch sonst war der Unterricht nicht unbedingt uninteressant, da Mr. Mannfred immer die eine oder andere Anekdote parat hatte, um seine Ausführungen zu garnieren. Als er nach Stundenende schließlich den Klassenraum verließ, hob sofort ein intensives Gebrabbel an.

      »Das ist ja ne Type ...«

      »Habt ihr gehört, was er mir geantwortet hat, als ich ihn nach der letzten Aufgabe gefragt habe?«

      »Das ist doch gar nichts. Habt ihr gesehen, was er zwischendurch mit seinen ...«

      Plötzlich hallte ein lautes »Spooks!« durch den Raum, sodass alle verstummten und Andreas ansahen, der soeben durch die offene Tür gestürmt war. Die allgemeine Aufmerksamkeit ließ ihn stehenbleiben. Er deutete aus der Tür und sagte: »Hey Leute, setzt euch lieber hin. Ich glaube, Spooks kommt zu uns.«

      Sie taten es und sahen dann alle erwartungsvoll zur offenen Tür. Nach einer Weile, die ihnen allen ziemlich lang vorkam, glitt tatsächlich die dunkle Gestalt, die Lucas bereits vom Schulhof kannte, durch die Tür. Die Art wie Spooks ging, machte selbst den kurzen Weg zwischen Tür und Lehrertisch zu etwas Aufsehenerregendem. Er bewegte sich geschmeidig, ja geradezu gefährlich wie ein Raubtier. Lucas wurde klar, wieso dieser Mr. Spooks einen Ruf wie Donnerhall hatte. Spooks ließ sich lässig