Und sie hatte auch gesagt, dass sie ihrem Mann unrecht getan hätte. Erschreckend war es nur, dass sie nun das Kind selbst für ihr körperliches Elend verantwortlich machte. Sie war keines mütterlichen Gefühles fähig. Aber wenn Conny sie besuchte, war sie die Zärtlichkeit selbst. Von Jonas sprach sie nie. In der Klinik wurde sie ärztlich auch nur noch von Dr. Dietsch betreut, der eine solche Reaktion erwartet hatte, nachdem sich Jonas so offen zu Katrin bekannt hatte.
Bettina akzeptierte nur noch die Menschen, von denen sie sich geliebt und umsorgt fühlte. An erster Stelle stand da ihre Mutter, aber gleich nach ihr rangierte nun wieder Conny. Dann wieder zog sie sich an ihrem Stiefvater empor, als er ihr erklärte, dass er einen sehr hübschen Bungalow für sie gekauft hätte.
Sie genoss es, so verwöhnt zu werden. Sie geriet in Hochstimmung, als Conny ihr sagte, dass er eine Krankenschwester für Sandra engagiert hätte. Er hatte es sehr behutsam getan und ihr erklärt, dass sie geschont werden müsse und sich erst erholen solle.
Tatsächlich schien eine Besserung einzutreten. Bettina machte Gehversuche, und wenn sie auch nur schwankende Schritte tun konnte, so erwachte doch neue Hoffnung in ihr.
An solche Hoffnung klammerte sich aber vor allem Charlotte. Sie hatte Eva inzwischen kennengelernt und zeigte sich ihr gegenüber von ihrer liebenswürdigsten Seite.
Es kam der Tag, an dem Bettina und das Baby aus der Klinik heimgeholt werden konnten. Heim in ein schönes Haus, das ganz darauf eingerichtet worden war, das Leben der kranken jungen Frau zu erleichtern.
Bettina war so begeistert, dass sie an Connys Arm recht sicher durch die Räume ging.
Charlotte triumphierte. Sie war überzeugt, dass die Ärzte sich getäuscht hatten.
Eva wusste, dass solche euphorischen Stimmungen trügerisch waren. Die hatte sie bei ihrer Schwester auch erlebt. Aber ihre Fürsorge galt nun in erster Linie der kleinen Sandra, die ein kräftiges, gesundes Baby war.
Sie tat ihre Arbeit in einer so rücksichtsvollen, diplomatischen Art, dass Conny sie bewundern lernte. Man spürte Eva kaum. Bettina äußerte sich sehr zufrieden über sie.
Aber wie sie es tat, war typisch für sie. »Was soll ein so reizloses Mädchen auch sonst tun, als einen Pflegeberuf zu ergreifen«, sagte sie zu Conny. »Ein Schattengewächs ist diese Schwester Eva. Doch das ist beruhigend für mich. Ich brauche nicht eifersüchtig zu werden.« Er sagte nichts, doch sie fragte ihn dann: »Du warst doch hoffentlich nicht eifersüchtig auf Jonas?«
»Warum sollte ich?«, fragte er zurück.
Sie schmollte. »Immerhin hat sich Jonas sehr viel mehr um mich bemüht als du. Wenigstens einige Zeit – bis diese Katrin ihn beanspruchte. Ich bin ja sehr gespannt, was das für ein Mädchen ist.«
»Ein sehr nettes Mädchen«, entfuhr es ihm.
»So?« Ihre Mundwinkel bogen sich abwärts. »Du findest sie auch nett?«
»Ich kann nichts anderes sagen«, erklärte er.
Bettina kniff die Augen zusammen. »Wir werden die beiden bald einladen«, sagte sie aggressiv.
»Du musst dich schonen.«
»Fang du jetzt nicht auch davon an. Ich bin froh, endlich aus der Klinik entkommen zu sein. Dort hat man mich ja erst krank gemacht. Ich fühle mich sehr wohl. Und wir werden oft Gäste haben.«
Für das Kind zeigte Bettina keinerlei Interesse. Sie beschwerte sich nur, wenn Sandra schrie. Dann ging sie, sich an der Wand entlangtastend, auch mal zum Kinderzimmer, und Eva konnte ihre ersten Erfahrungen sammeln, wie schwierig sich dieses Miteinanderleben gestalten würde, aber sie hatte wahrhaft eine Engelsgeduld.
»Was fehlt Sandra?«, fragte Bettina.
»Ein Baby schreit ab und zu einmal, anders kann es sich ja nicht bemerkbar machen«, erwiderte die junge Kinderschwester.
»Es braucht nicht zu schreien, wenn es richtig versorgt wird«, erwiderte Bettina ungehalten. »Sie sind doch eingestellt worden, um dafür zu sorgen, dass es dem Kind an nichts fehlt.«
»Sandra wird gleich ihr Fläschchen bekommen. Dann ist sie wieder ruhig«, erwiderte Eva.
»Dann geben Sie ihr die Flasche, bevor sie schreit«, sagte Bettina.
Aber immer, wenn Sandra die Stimme ihrer Mutter vernahm, war sie kaum zu beruhigen. Für Eva war es beruhigend, dass Bettina meist mit sich selbst beschäftigt war. Die Friseurin kam ins Haus, auch die Kosmetikerin, und Charlotte kümmerte sich um alles, was ihre Tochter betraf. Irgendwie war sie schon eine große Hilfe, denn sie verstand es tatsächlich, Bettinas wahren Zustand zu ignorieren, und sobald sie anwesend war, schien es Bettina bedeutend besser zu gehen.
Jeder Wunsch wurde Bettina erfüllt, und nur Eva entging es nicht, dass Constantin immer schweigsamer und ruheloser wurde.
Als Bettina vier Wochen daheim war, sollte die Party stattfinden, zu der auch der junge Jonas und Katrin Dietsch eingeladen wurden.
Auch ihre früheren Freundinnen hatte Bettina eingeladen, doch alle hatten abgesagt, ob nun ahnungslos oder ahnungsvoll, wusste niemand, aber gar so eng war die Verbindung nie gewesen, wie Bettina jetzt klagend bemerkte. Dann verlangte sie, dass Dr. Laurin und seine Frau Antonia eingeladen werden sollten. Constantin hatte keine Hoffnung, dass das Arztehepaar kommen würde, aber zu seiner Überraschung sagte sie dann zu.
Dr. Leon Laurin interessierte es ungemein, wie sich Bettina in das Leben fügte, das ihr bestimmt war, und Antonia Laurin wäre aus ebensolchem Interesse auch allein gekommen, wenn ihr Mann verhindert gewesen wäre.
So wurde der Tisch von Eva dann für acht Personen gedeckt. Die Haushaltshilfe, die man zusätzlich engagiert hatte, war an diesem Tag nicht erschienen. Sie hatte sich krankgemeldet, aber Eva wusste, dass Bettina sie mit ungerechten Vorwürfen vergrault hatte.
So jedoch erwarb sie sich an diesem besonderen Tag auch Bettinas besonderes Vertrauen, weil alles reibungslos ablief. Bettina war in bester Verfassung, weil Eva nicht murrte, sondern auf alle ihre Wünsche einging.
Für das Essen hatte Charlotte gesorgt. Ein delikates kaltes Büfett wurde geliefert, das sogar Bettinas Beifall fand.
Die junge Frau sah bezaubernd aus. Sie trug eine neue Frisur und war von der Kosmetikerin blendend hergerichtet worden. Ein bildschönes, plissiertes Flatterkleid umhüllte ihren noch immer plumpen Körper. Es mochte verwunderlich erscheinen, aber sie hatte kaum an Umfang verloren, obwohl sie wenig aß. Doch ihr Gesicht war verführerisch anmutig, und die Laurins waren verblüfft.
Constantin hatte mit ihnen verabredet, dass sie möglichst die Ersten sein sollte. Sie hatten es geschafft, obwohl Dr. Laurin ziemlich spät aus der Klinik gekommen war.
Nach ihnen kamen dann Charlotte und Jonas Bernulf, und erst mehr als eine Viertelstunde später Dr. Bernulf und Katrin. Da war man dann schon in ein so angeregtes Gespräch vertieft, dass Bettina dem jungen Paar nur flüchtige Aufmerksamkeit widmete.
Katrin war betont schlicht gekleidet. Ihr Vater hatte ihr den Rat gegeben, ihre unbestreitbaren Vorzüge ja nicht zu unterstreichen. Ihre natürliche Frische war freilich nicht zu übertünchen. Antonia Laurin fand das Mädchen als Wohltat in dieser Umgebung.
Bettina schenkte Katrin vorerst keine Beachtung. Sie war wieder in euphorischer Stimmung.
Sie hing an Constantins Arm, nannte ihn »Schatzilein« und »Herzensmann« und betonte immer wieder, dass sie erst jetzt so richtig wüsste, wie sehr ihr Mann sie liebe. Dabei warf sie allerdings immer wieder bedeutungsvolle Blicke zu Jonas, und ihr Lächeln konnte man eher gehässig als anzüglich nennen. Aber sie aß und trank völlig hemmungslos, und dann verlangte sie von Eva, dass sie Sandra bringen solle.
»Die Kleine schläft«, wandte Eva ein.
»Na und, sie kann die ganze Nacht schlafen«, sagte Bettina ironisch. »Unsere Gäste wollen schließlich auch die Hauptperson bewundern.«
»Die Hauptperson