Wenn ich nicht schreibe, so träume ich von Ihnen, meiner unvergesslichen, ewig geliebten Herrin und Erzieherin. Als mir Blaisois mit seiner ungeschickten Pranke eben erst einen neuen Umschlag auf die mächtige Beule an meiner Stirne legte – nein warf – stieg Ihr Bild vor meinem sehnsüchtigen Auge auf und ich entsinne mich genau, wie Sie dereinst dem Dreizehnjährigen, der sich beim Äpfelstehlen vom Baume stürzend, ein wenig an den Lenden aufgeschürft hatte, in mütterlicher Sorgfalt pflegten und ihm kühlende Bauschen auf die erregte, gereizte Haut legten. Ach, wie wurde sie dabei doch immer erregter, immer gereizter! Sie, meine liebe Tante, waren damals eben erst Ihrem Gatten, dem alten ennuyanten Brummbären angetraut worden und merkten in Ihrer neunzehnjährigen Unschuld zuerst nichts von dem wunderlichen Zustande, in dem mich Ihr Samariterwerk versetzte. Allerdings wussten Sie auch nichts davon, dass Ihr frecher Neffe Sie allmorgendlich beim Bade durch das Schlüsselloch beobachtete und sich derart an Ihrer Elfenschönheit berauschte, dass er nachts bebend unter dem Frühlingssturme der ersten erotischen Leidenschaft kein Auge zu schließen vermochte. Und nun fuhren Sie ihm mit Ihrem Sammetfingerchen über die Haut, ganz nahe der Stelle, wo sich die ersten Härchen der erwachenden Mannbarkeit zeigten. Mein Herz schlug mir bis in den Hals hinauf, so oft Sie die Kompresse wechselten und ich glaubte vor dummer Scham vergehen zu müssen, als ich wahrnahm, dass mein kleiner Amor unbändig und froh sich kerzengerade aufstellte, wenn Ihr Händchen mich berührte. Endlich konnte auch Ihnen die Erscheinung nicht länger verborgen bleiben und ich beobachtete, wie sich in Ihren Veilchenaugen das Erstaunen malte, während es verräterisch mokant um Ihre Mundwinkel spielte. Sie verhielten sich aber, als wäre Ihnen nichts aufgefallen und streiften immer von neuem wie zufällig den kleinen aufrechten Übeltäter, der sich so frech Ihnen aufdrängte. – Dabei hatte offenbar eine ungewohnte Unruhe Sie selber ergriffen. Kaum hatten Sie mir eine Kompresse aufgelegt, so hielten Sie schon wieder ihren Wechsel für geboten. Neugierig wollten Sie sich dessen vergewissern, ob ich noch immer Ihrer reizvollen Schönheit in Habtachtstellung meine Devotion darbrächte. Und dann malten sich auch auf Ihren Pfirsichwangen Rosen der Erregung und Ihre zitternden Fingerlein schlossen sich mit einem Male rasch und zärtlich um meinen dankbaren Amor. Folgten Sie nur Ihrem Instinkt oder gingen dabei dunkle verheißungsvolle Pläne und Bilder durch Ihre Gedanken? Ich weiß es nicht. Glückselig schloss ich die Augen und ich wagte nicht mehr zu atmen, um den wunderbaren Traum nicht zu verscheuchen. Lange blieben wir so ganz regungslos. Endlich begann ich mich unwillkürlich mit dem Unterleibe leise hin und her zu bewegen, um Ihr Händchen, das mich immer fester umklammerte, besser zu fühlen. Da beugten Sie sich ganz unerwartet über mich und Sie drückten einen Kuss auf meine Lippen, die das heißeste Liebesverlangen geöffnet hatte. Als ich aber nun in eitler Glückseligkeit, Vorsicht und Vernunft vergessend, meine Hände sich in Ihre Dessous verirren ließ, sprangen Sie auf; Sie bedeckten sich die Augen und murmelten: »Aber nein, aber nein!« – Ehe ich es verhindern konnte, waren Sie enteilt und hatten Sie dem Paradiese entrissen in wonnevoller Trauer zurückgelassen Ihren Sie wie eine Himmelskönigin anbetenden kleinen Neffen
Edmond.
Dritter Brief
Meine Herzensherzogin!
Diesmal werden Sie mit mir zufrieden sein und mir nicht Taktlosigkeit und deplatzierte Frivolität vorwerfen. Ihre Strafpredigt hat eben Früchte getragen und tiefer auf mich gewirkt, als Sie wohl vermuteten. Ich wäre am liebsten sofort zu Ihnen geeilt, um reuevoll vor Sie hin zu knien, mein schamvolles Gesicht in Ihren angebeteten Schoß zu bergen und dort so lange mit stotternder Zunge um Verzeihung zu flehen, bis ich endlich Absolution von meinen Sünden erhalten hätte.
Das unter meinem Kommando stehende Dragonerregiment wurde vor drei Wochen ins Elsass verlegt. Ich quartierte mich im Schlosse Arnau ein, das vom Baron Bolzheim und seiner ihm eben erst angetrauten Gattin bewohnt war. Den Baron, dessen Frankreich feindliche Gesinnung bekannt war, ließ ich gegen sein Versprechen, sich jeder Fühlungsnahme mit den kaiserlichen Truppen zu enthalten, unbewacht, obwohl ich ihm gar gerne hinter Schloss und Riegel gesetzt hätte. Hinderte mich doch seine argwöhnische Gegenwart daran, seine entzückende Gattin Bertha so intensiv zu kurtisieren, wie ich es gewollt hätte. Ein Goldblonder Fuchs mit jener schimmernden weißen Haut, wie man sie nur bei Frauen findet, deren Haar einen Stich ins rötliche aufweist. Dabei leidenschaftliche, schelmische Augen, die Herz und Verstand