»Und noch etwas«, fragte Hilde beinahe schüchtern. »Dein Dialekt klingt, nun ja, irgendwie eigenartig.«
Kerschbaumer lächelte, denn das bekam er öfter zu hören. »Mein Vater ist Südtiroler.« Das war die Kurzversion, denn die längere Version von Kerschbaumers Familiengeschichte würde jeden Seitenplan sprengen, enthielt sie doch Abstecher nach Tirol, Hamburg und Sizilien, führte aber in jedem Fall dazu, dass er ein relativ normales Deutsch sprach und sein Wienerisch nur herausholte, wenn es seiner Ermittlungstätigkeit diente. Hier in der Provinz wäre es eher kontraproduktiv, den Hauptstädter heraushängen zu lassen. Das wusste Kerschbaumer, wie es jeder kluge Wiener ebenfalls wusste. Als Wiener zählte man nur in Wien viel.
Insgesamt hatte Kerschbaumer, wie er fand, einen sehr schönen Abend verbracht. Der viele Schnee, der in den letzten beiden Stunden gefallen war, tauchte den Ort in eine samtene Stille und bildete eine dicke, weiche Daunendecke, auf der Kerschbaumer mit seinem Auto vergnügt zu Tal glitt.
TAG 3 DER ERMITTLUNGEN
Donnerstag, 7. Dezember
WETTER
Den ganzen Tag über kühl und dunkel, erst am späten Nachmittag aufklarend.
PISTENBERICHT
Dem Klagenfurter Unternehmersohn und selbst ernannten Influencer Peer A. wurden vor dem Gasthof Einkehr die handgefertigten Skier der Schweizer Firma »Holzski« gestohlen. Wert: 1600 Franken. Seine Instastory ging innerhalb weniger Minuten viral.
12.Ein Waschbrettbauch aus dem Nichts
Werner war da. Das sah Kerschbaumer an dem zerbeulten Passat, der direkt vor dem Fitnessstudio stand und auf dessen Rückscheibe ein sinniger Aufkleber verkündete: »Es kommt nicht darauf an, welches Auto du fährst. Es kommt auf den Arm an, der aus dem Fenster hängt.«
Als Kerschbaumer durch die Tür von Ruckizucki Fit trat, hatte Werner gerade einen ambitionierten Bodybuilder aus Millstatt in der Mangel, der noch mehr Muskeln als Werner selbst hatte. Er sah aus, als hätten seine Muskeln ihrerseits Muskeln.
»Es gibt keinen Stillstand – entweder du wächst, oder du stirbst!«, brüllte Werner den Millstätter an, als der mit zwei Dreißig-Kilo-Hanteln seine Bizepse aufpumpte und dabei ein Gesicht machte, als würde man ihm mit einem Hammer auf die Zehen hauen. Die Geräusche aus dem Millstätter Mund waren eine Mischung aus Gegurgel und Hilfeschrei. Ja, der Weg an die Spitze war hart.
»Hast du kurz Zeit?«, fragte Kerschbaumer Werner. Die beiden zogen sich in eine Ecke zurück, und der Chefinspektor scrollte durch Swetlanas Instagram-Account.
»Das ist die Tote im Stadl«, sagte Werner verblüfft.
»Genau. Woher weißt du das?«
Werner grinste. »Wir reden über nichts anderes. Willst du was wissen, musst du ins Fitnessstudio gehen, sag ich immer, Herr Chefinspektor. Mehr Tratsch hörst du nirgends. Hübsches Mädl übrigens.«
»Ja, aber schau mal hier.« Kerschbaumer deutete auf zwei Fotos, die im Abstand von vier Wochen aufgenommen worden waren, beide am Afritzer See.
»Photoshop?«, schlug Werner vor.
»Unsere Experten halten das für ausgeschlossen«, mogelte sich Kerschbaumer eine Antwort zurecht. » Auf natürlichem Weg ist ein solcher Gewichtsverlust wohl kaum möglich.« Reflexhaft strich er sich über den Bauch. »Wie erklärst du dir das?«
Und dann passierte etwas Seltsames: Werner wurde ein bisschen rot, und er begann ein bisschen zu stottern. »Das … das ist schon, zugegeben, ein sehr ordentliches Ergebnis, aber nicht ausgeschlossen in vier Wochen mit einer … strikten Diät und viel Training.« Dann eilte er zurück zu dem Millstätter Muskelmann. Und Kerschbaumer war nicht viel schlauer als vorher.
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