Blutige Verlockung. Victory Storm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Victory Storm
Издательство: Tektime S.r.l.s.
Серия:
Жанр произведения: Современная зарубежная литература
Год издания: 0
isbn: 9788835415633
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einer Stimme, die bestimmt eine Oktave höher war als üblich.

      „ Vera, wie schön! Wie geht es dir?“ begrüßte er mich und schaute mich mit seinen blauen Augen an, die mein ganzes Nervensystem durcheinander brachten.

       Wie süß! Er war immer so freundlich!

      „ Gut, und du?“ fragte ich mit der üblichen Euphorie, die mein Herz erfüllte, wenn ich in seiner Nähe war.

      „ Großartig. Ich habe großartige Neuigkeiten, und ich möchte, dass du sie als Erste erfährst, weil du mir eine liebe Freundin bist“, antwortete er mir, während er mir durch die Haare fuhr, so wie er es tat, als ich zehn Jahre alt war. Er war immer so warmherzig zu mir gewesen, weshalb ich nur noch stärker in ihn verliebt war.

       Er kam noch näher an mich heran und flüsterte in mein Ohr, was mir einen angenehmen Schauer über den Rücken jagte: „Herr McKaine hat mir gestern gesagt, dass er sehr zufrieden mit meiner Arbeit ist. Ich arbeite jetzt ja schon fünf Jahre für ihn. Da hat er mich gefragt, ob ich im Mai, am Ende meiner Lehrzeit, sein Partner werden möchte. Auf diese Weise könnte ich sehr viel mehr verdienen und ernsthaft beginnen, Pläne für die Zukunft zu schmieden. Weißt du, ein Haus, eine Familie…“.

      „ Aber das ist doch großartig!“ .

      „ Genau... Und jetzt kommt die zweite und noch wichtigere Bombennachricht...“.

       Ich war so aufgeregt und glücklich für ihn, ich konnte es kaum erwarten!

      „… Ich habe Clara gefragt, ob sie mich heiraten möchte!“

       Mehr als eine Bombe fühlte es sich eher wie eine Landmine an, auf die ich gerade getreten war.

       Die leichte Rötung, die meine Wangen in seiner Gegenwart färbte, entwich, und ich spürte, wie meine Mundwinkel nach unten sanken.

      „ Geht es dir gut? Du bist ja ganz blass geworden,“ fragte er sofort ganz besorgt.

      „ Ach, es ist nur meine Anemie. Du sagtest gerade, dass du heiraten willst?“ brachte trotz meiner Atemnot hervor.

      „ Ja, aber natürlich nicht vor Mai! Clara sagt, Anfang Juni wäre der perfekte Zeitpunkt, mit all den blühenden Bäumen und der ersten heißen Sonne, die uns wärmt", schwärmte er.

       In diesem Moment wünschte ich ihr nur ein Gewitter mit Blitz und Donner. Er hatte soeben meinen Traum zerstört!

       Und außerdem schien es, dass es niemand bemerkt hatte.

       Ich versuchte, ihn anzulächeln, brachte es aber nur zu einer Art Grimasse.

      „ Kevin, wo hast du die Säcke mit Hafer hingestellt, die heute Morgen angekommen sind?“ schrie John McKaine neben mir mit seiner üblichen Baritonstimme.

       In diesem Augenblick hasste ich auch ihn.

       Wenn er nicht angeboten hätte, Partner zu werden, hätte Kevin diesen Wahnsinn nie begangen!

       Ich war so in meine düsteren Gedanken versunken, dass ich nicht einmal bemerkte, dass Kevin sich zusammen mit seinem Arbeitgeber entfernte.

      „ Tschüs Vera. Komm uns bald mal wieder besuchen.“

      „ Tschüs Kevin.“

       Addio.

       Ich stand lange Zeit da und blickte auf seinen sich entfernenden Rücken, bis Ahmed mich aufforderte, nach Hause zu gehen.

      „ Vera. Nach Hause.“

      „ Ja, ich komme.“

       Ich ging zum Auto und stieg ein, wobei ich auf den Agricenter starrte.

       Als wir weiter weg waren, hatte ich das Gefühl, wieder zu atmen als traurig zu seufzen.

      „ Er heiratet, nicht wahr?“ bemerkte Ahmed.

       Wie schön, dass ich es als erste erfahren musste.

       Ich beobachtete Ahmed auf der Suche nach einem Hinweis auf eine mögliche Telepathie.

      „ McKaine.“

       McKaine hatte es ihm gesagt.

       Nun fühlte ich mich auch noch von Kevin auf den Arm genommen, aber ich hoffte immer noch auf eine Veränderung.

      „ Ja, aber bis Mai kann sich noch viel ändern“, stellte ich in Aussicht.

      „ Sie werden heiraten“, prophezeite er überzeugt.

      „ Wir werden sehen.“

       Ahmed schüttelte den Kopf und machte den Mund erst wieder auf, als wir nach Hause kamen.

       Auf den letzten Kilometern dachte ich über tausend Dinge nach, die in sechs Monaten noch passieren konnten.

       Währenddessen wartete meine Tante zu Hause mit einem schönen dampfenden Tee und zwei großen Scheiben Apfelkuchen auf uns.

       Im Haus herrschte ein Geruch von Kuchen und Äpfeln, der den ganzen Raum erfüllte.

       Auf dem Sofa im Wohnzimmer saß Pater Dominic, der immer noch mit seinem Stück Kuchen beschäftigt war. Es war bestimmt schon das zweite oder dritte Stück. Er war ein echtes Leckermaul.

      „ Ist alles gut gelaufen“, fragte Tante, die sich über den Einkauf und meinen düsteren Ausdruck Sorgen machte.

      „ Futter geholt. Kevin heiratet Clara", fasste Ahmed zusammen, bevor ich überhaupt den Mund aufmachen konnte.

      „ Im Mai und bis dahin kann noch vieles passieren", stellte ich klar.

      „ Vera, so etwas darfst du nicht sagen! Es ist offensichtlich, dass Kevin sehr verliebt ist", ermahnte mich meine Tante sofort und freute sich über die zukünftige Vereinigung der beiden jungen Leute.

      „ Das ist mir egal! Zuerst Patty und jetzt ihre Schwester! Diese beiden existieren nur, um mein Leben zu ruinieren", brach es aus mir hervor.

      „ Möchtest du lieber etwas Brot und Honig statt Kuchen?", schlug mir meine Tante freundlich vor, da sie wusste, wie sehr es mich beruhigte, aber ich wollte mich nicht bestechen lassen.

      „ Ich will gar nichts!" explodierte ich, bevor ich in mein Zimmer rannte und die Tür zuschlug, während mir zwei große Tränen über die Wangen rollten.

       Ich war verzweifelt! Mein schöner Traum von der Liebe war zerbrochen! Ich wollte diejenige sein, die Kevin im Mai heiraten würde.

       Warum musste das Leben so ungerecht sein?

      VERÄNDERUNGEN

       Ich verbrachte zwei höllische Wochen.

       In meinem Inneren wirbelten Gefühle wie Wut, Frustration, Trauer und Rache durcheinander, während ich äußerlich apathisch war und dem Selbstmord nahe schien.

       Ich aß nichts, redete nicht mehr und schlief auch nicht mehr.

       Ich wurde zusehends schwächer, und als ich mich weigerte, eine Hämodose zu nehmen, wurde Tante Cecilia so besorgt, dass sie Pater Dominick anrief.

      „ Wie lange willst du noch so weitermachen?" fragte mich Dominick, als er mein Schweigen nicht mehr ertragen konnte.

      „ Für immer" flüsterte ich.

      „ Dann bist du eine Närrin. Natürlich hat Kevin auch Schuld, denn er hat dich mit seinen zärtlichen und freundlichen Gesten getäuscht, aber du bist diejenige, die sich ein Luftschloss gebaut hat. Er hat nie gesagt, dass er dich liebt, geschweige denn, dass er mit dir zusammen sein will. Wenn du also eine kindliche Verliebtheit mit Liebe verwechselt hast, liegt die Verantwortung ganz bei dir. Werden endlich erwachsen, denn Liebe ist etwas anderes", brach es aus Dominick hervor.

       Es war das erste Mal, dass er so mit mir sprach, und ich hatte es einfach nicht erwartet.