-Die alte Sigrùn hat die Ziege gesehen und lässt euch ausrichten, dass sie euch alle vier in der Heiligen Lichtung erwartet – unterrichtete sie der Mann, sobald er vor ihnen erschien.
-Gut! – kommentierte Olaf, indem er ein zustimmender Blick mit Harald austauschte.
-Ihr werdet eure Ausbildung nach eurer Rückkehr wiederaufnehmen – sagte er zu Bjorn.
-Ich werde hier auf euch warten – antwortete der Bogenschütze.
Die vier machten sich auf dem Weg und liessen die Siedlung hinter ihnen. Die Erde hatte sich vom Frost befreit und mit der ersten milden Wärme, welches von der Sonne geschenkt wurde, hatte im Dorf Gokstad wieder alles begonnen, zum Leben zu erwachen. Das Grundstück von Olaf war schön, von sehr ausgedehntem Ausmass, es erstreckte sich entlang der Küste und in Richtung landeinwärts, auf Kilometern und Kilometern, und er war stolz darüber.
Die Felder waren von einer tiefen Steinmauer getrennt, welche sie einfriedeten, einige Bauern waren damit beschäftigt, die Erde zu pflügen, während andere sich mit verschiedenen Saaten befassten: die Roggen, die kostbare Gerste, jegliches Gemüse und der Hafer, das letztere war dafür bestimmt, auch Futter zu werden, um die grosse Zahl an Vieh in dem nahenden Winter ernähren zu können.
Die ersten Blumen tüpfelten die weiten Kleewiesen, welche von Beerenpflanzen verstreut wurden, von Brombeeren und Himbeeren, und dehnten sich bis zu dem Punkt aus, wo die Erde sich in felsigen Wänden und Hügeln erhob, die an der Grenze mit den Ländereien von Harald gelangten. Mit der Schmelze, hatte der Wasserfall wieder angefangen, entlang der Felsen zu treiben, die mit Flechten überzogen waren und pumpten den Fluss auf, welcher der Wald und die Heilige Lichtung durchquerte.
Die Strasse, welche sie begangen, war mit Apfelbäumen und Hagedornen flankiert, die hervorgesprossen hatten und bereits die ersten weissen Blumen anfingen zu spriessen. Sie gingen stillschweigend weiter, zwischen die Geräusche der Natur, welche wiedererwachte und durch die Sonnenstrahlen, die zwischen den Bäumen durchfilterten. Man durchblickte die ersten Nester der Vögel und einige Äste hingen von den spiralförmigen Strohkörben, in welchen die Bienen angefangen hatten, ihre Bienenstöcke zu errichten, die, für das Ende des Sommers, voll mit Honig gewesen wären, mit dem die Wikinger ausgezeichneter Met produziert hätten.
Sie kamen an der Heiligen Lichtung an, wo die alte Sigrùn sie erwartete.
Sie näherten sich der Frau, die, aufrecht neben einer Eiche, von Kopf bis Fuss in ihrem schwarzen Mantel eingewickelt war. Von der Kapuze fielen, bis zur Hüfte, zwei weissen Zöpfe und ihre Augen kamen wie Aquamarine zur Geltung. Zwei Raben, Geschöpfe welche am Kult ihres Gottes Odin gebunden waren, standen reglos auf ihre Schultern. Die Alte streckte die Arme gegen den Himmel und die zwei Vögel stiegen in die Luft, indem sie über ihre Köpfe hinweg krächzten, bevor sie in dem Dickicht der Bäume verschwanden.
Diese Eiche haben eure Väter gepflanzt, als sie ungefähr euer Alter hatten, und sie ist gesund und stark, wie ihre Freundschaft, gewachsen – erklärte sie mit einer Nuance von Stolz in der Stimme.
Dann beugte sie sich um eine Sprosse aufzusammeln, entsprungen von den Wurzeln des Baumes und erhob es in Richtung Himmel.
-Heute haben die Götter ihr Willen geäussert, mittels eure Bolzen, und Thors Baum hat neues Leben erzeugt… Ihr seid für euren Eid bereit! – prophezeite die alte Sigrùn, indem sie die Sprosse an den zwei Jungen überreichte.
Die zwei kleinen Wikinger wählten ein Punkt, nicht weit von der Eiche entfernt, und schlugen eine Grassode um, auf welche sie sich die rechte Handfläche einritzten, dann mit einem Händedruck ihr Blut mischten, indem sie sich gegenseitige Treue schworen; damit düngten sie die Scholle und benutzten sie, um die Basis der Sprosse zu bedecken, welche sie eingepflanzt hatten, und besiegelten somit ein Pakt der Brüderlichkeit für den Rest ihres Lebens…
Isgred, neben der Erziehung, vorbehalten auf die Kinder eines adligen Hauses, musste lernen, ein Haus zu regieren, vor allem wenn der Ehemann auf einer Expedition verladen gewesen wäre. Auch sie hätte eines Tages, wie ihre Mutter, der Bauernhof führen, die Kinder erziehen, und die Geschäfte des Mannes verwalten müssen. Eines Tages hätte auch sie die Schlüssel des Hauses am Gürtel getragen, Symbol von Autorität und von Respekt, den eine Frau in der Familie genoss.
1 Kapitel 4
Die Jugend der Einheimischen verstrich heiter und ruhig.
Die Knaben wurden von den Eltern beigebracht, kleine Waffen und Fallen herzustellen, das geeignete Holz zu erkennen, um Kanus zu bauen und alle Techniken erlernt, um jagen und fischen zu können.
Die Mädchen erlernten von den Müttern, die Tipis zusammenzubauen, zu züchten, zu kochen, die Felle herzurichten und Kleider anzufertigen.
Aber die Praxis, welche an der Basis der sanften und friedlichen Seele der Einheimischen war, war zweifellos die des Schweigens und der Meditation. Weil der Grosse Geist ist überall, aus diesem Grund lernten die Erwachsenen an ihren Kindern die einfache Umsetzung vom Sehen und Hören. Weil Er ist in allen Dingen oder Lebewesen…
Wann die Nacht fiel, und jede Familie sich in ihrem eigenen Tipi zurückzog, sassen sie um das Feuer während der Älteste der Familie seine Geschichten erzählte, voller Geschichte und kulturellen Traditionen. Die Ältesten besassen die wichtigsten Tugenden eines Menschen, sie waren die Verwahrer der Kultur und der Weisheit ihres Volkes. Die Lehre der Grosszügigkeit, des Mutes, des Respekts und der Liebe gegenüber alle Lebewesen wurde in dieser Weise an den Kindern überliefert.
Jahr für Jahr wuchsen die kleinen Einheimischen…
Auch für Goldener Falke kam die Zeit der Pubertät.
Ausserhalb des Tipis waren alle für die Vorbereitungen der Feier beschäftigt, die Grosser Adler organisiert hatte, um seine Tochter zu ehren.
Im Alter von 14 Jahren konnte man bereits die wunderbare Frau sehen, die sie geworden wäre. Ihre Mutter erklärte ihr die Bedeutung der Veränderung, welches in ihr erfolgte.
-Das ist ein sehr wichtiger Moment in das Leben eines Mädchens… du bist eine Frau am werden. –
Mit unendlicher Zärtlichkeit fing sie an, die langen schwarzen Haaren zu kämmen, indem sie sich mit dem Blick auf die Ponyfrisur innehielt, welche ihr die Stirn bedeckte. Dieser Haarschnitt symbolisierte die Jungfräulichkeit der Mädchen.
-Du wirst auch diese Haare wachsen lassen können, die Ponyfrisur wird nicht mehr Teil deines Haarschnittes von Frau sein, weil ab heute kannst du umworben werden und zur Ehefrau beantragt werden. – sie machte eine Pause, während sie ihr den Rest der dichten Locken in zweiteilte, um mit der Frisur fortfahren zu können.
-Höre immer auf die Stimme deines Herzens. Es wird mit dir sprechen und wird dich in deiner Reise lenken. Eines Tages wirst du heiraten und Kinder haben, du wirst dich um deine Familie kümmern, wie ich es mit euch getan habe, und dein Mann wird sich um euch kümmern, wie dein Vater es mit uns getan hat – erklärte ihr die Mutter, während sie ihr einige Federn von einem roten Falken in den farbigen Schlingen zurechtlegte, die die langen Zöpfe befestigten.
Goldener Falke hörte schweigend zu und verwahrte die Worte wie das wertvollste der Schätze, indem sie sie in seinem Herzen deponierte.
-Auch dieses Kleid wird nicht mehr Teil deiner Voraussetzung von Frau sein, es wird an einer bedürftigeren Familie verschenkt – fügte die Frau hinzu, indem sie sie aufforderte, es auszuziehen.
Die Junge zog sich aus und übergab die Kleider an der Mutter, welche ihr das Kleid anziehen liess, aus Reh-Leder, welche sie genäht und für sie reichlich dekoriert hatte. Die Nähte der Ärmel und der Rand des Kleides waren mit Fransen geschmückt, welche bei jeder Bewegung geschmeidig schwankten. Der Ausschnitt des Kleides hatte sie mit ihren Lieblingsfarben dekoriert, Gelb und Rot, und auch die Gamaschen nahmen das gleiche Motiv wieder auf.
Jemand drang im Innern durch. Es war die Grossmutter, Tau des Morgens. Die dunklen und klugen Augen der Frau