Hexenherz. Goldener Tod. Monika Loerchner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Monika Loerchner
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Hexenherz
Жанр произведения: Историческая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783862827909
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angesprochen hat. Wir können so nicht weitermachen.« Er schaut Marzena an, die nickt. »Und das wollen wir auch gar nicht. Wir sind müde, und ihr seid es auch.«

      »Woran denkst du?«

      Ich weiß es, bevor er es ausspricht.

      »Ich denke an Frieden.«

      Kapitel 10

      Adrian schaut uns der Reihe nach an.

      »Wir wollten immer nur in Ruhe gelassen werden. Wer mich kennt weiß, dass kämpfen nie meine Absicht war. Ich habe mich nie darum gedrückt, wenn es sein musste, aber es hat mich auch nichts dazu gedrängt.«

      Soweit, so klar. Daraus hat er nie einen Hehl gemacht. Aber auch nicht aus seinem eisernen Willen, die Geschicke dieses Landes auf eine andere Bahn zu lenken.

      »Du wolltest nie gegen die Garden kämpfen«, stelle ich daher richtig, »sondern für eine Gesellschaft, in der Männer und Fräulein den Frauen gleichgestellt sind.« Warum und wie auch immer. »Was ist daraus geworden?«

      Er schaut zu Boden.

      »Das habe ich gesagt und ja, dazu stehe ich auch. Aber Marzena ist nunmal schwanger und du hattest natürlich recht: Tatsache ist, dass es keine Dauerzustand sein kann, mit einem Säugling ein Leben auf der Flucht zu führen. Was also bleibt übrig, was sind die Alternativen?« Ich erkenne den gequälten Ausdruck in seinen Augen. »Soll ich meine Familie verlassen? Marzena irgendwo absetzen und sie das Kind allein aufziehen lassen? Sollen wir es nach der Geburt weggeben?« Marzena legt schützend die Hände auf ihren Leib und presst die Lippen zusammen. »Oder soll ich meinen Traum von einer besseren Welt aufgeben?«

      »Eins davon wirst du tun müssen«, sage ich bewusst trocken.

      Adrian schmunzelt. »Und wenn sich sonst keine zu sagen traut, was Sache ist, auf dich kann ich mich verlassen!«

      »Das kannst du.«

      »Ich danke dir. Nun, es ist wie es ist und wir haben lange überlegt. Es hat sich eine weitere Möglichkeit aufgetan: Frieden.«

      »Du willst also Frieden mit den Hexen schließen, aha.« Gero verschränkt die Arme vor der kümmerlichen Brust. »Und wie willst du das anstellen? Du weißt, wie es läuft: Entweder nach deren Regeln oder gar nicht. Ganz einfach.«

      »Ich fürchte, Gero hat recht«, sagt Désirée. »Und wenn sie dich in die Finger bekommen, hängen sie dich auf.«

      »Das«, Adrian lächelt schief, »wäre nun wirklich nicht meine Definition von ›Frieden‹!«

      »Und wie willst du das anstellen?«

      »Noch ist ja nichts entschieden, Helena, also … «

      »Du kannst es nicht aussitzen!« Ganz so heftig wollte ich nicht klingen, aber Adrians ungewohnte Passivität nervt mich. Er war immer schon mehr Denker als ich, doch nie habe ich erlebt, dass er die Dinge einfach so hinnimmt. Doch, einmal, jetzt erinnere ich mich. Als es um Chris ging. Es hat ihm das Herz gebrochen. »Entscheide dich, verdammt nochmal, und dann zieh es durch!« Ich rede mich langsam in Rage. »Du weißt doch ganz genau, was du tun willst und drückst dich nur davor, es umzusetzen! Tief in deinem Inneren hast du dich bereits entschieden. Das macht es ja so schwer: dass du ganz genau weißt, was du tun musst! Weil das die Dinge wahrscheinlich ändern wird. Aber ich sage dir jetzt mal was, Herr Samo: Die Dinge ändern sich, und zwar mit oder ohne dein Zutun! Also wenn du auch nur den geringsten Hauch einer Chance haben willst, diese Veränderungen zu beeinflussen, dann ist verdammt nochmal jetzt der Zeitpunkt gekommen, deinen Hintern hochzubekommen! Verdammt nochmal, oder hast du gedacht, eine andere regelt das für dich? Oder dass ein Baum auf dich drauf fällt und du keine Entscheidungen mehr treffen musst? Du bist der Anführer hier also verhalte dich auch so, bei den Sieben Finsterhexen!«

      Die anderen starren abwechselnd Adrian und mich an.

      »Du hast recht«, sagt er schließlich leise.

      »Das habe ich immer.«

      Zufrieden bemerke ich, wie er sich aufrichtet. Der unschlüssige, selbstmitleidige Adrian war mir tierisch auf den Nerv gegangen.

      »Ja. Ich werde versuchen, ein Friedensbündnis mit der Goldenen Frau zu schließen. Nicht nur um meinetwillen, sondern für uns alle. Es kann so nicht weitergehen. Du hast recht, Helena, die Dinge ändern sich. Die Situation hat sich in den letzten Jahren mehr und mehr verschärft. Woran du übrigens nicht ganz unschuldig bist.« Ich rolle mit den Augen. »Annaburg ist immer weniger gesinnt, uns in Ruhe zu lassen, so lange wir die Füße still halten. Die Goldene Frau weiß, dass wir hinter das Geheimnis der Magiespeicherung gekommen sind. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir Männern Magie verschaffen können. Das weiß sie genau so gut wie wir, nur dass sie es vermutlich nicht für nötig hält, all ihre Leute darin einzuweihen. Wir wissen nicht, wie sie reagieren wird, aber dass sie es tun wird, ist gewiss. Es kann sein, dass sie wartet und uns den ersten Zug tun lässt. Doch das glaube ich nicht. Vielmehr habe ich die Befürchtung, dass sie genau wie wir ihre Vorbereitungen trifft. Wenn wir also einen Pakt vorschlagen wollen, ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt dafür.« Er schüttelt den Kopf. »Ich werde kämpfen, wenn es sein muss. Für euch, für meine Familie und für das, woran ich glaube. Wir stehen so kurz davor, allen Magie zugänglich zu machen. Doch die Folgen, die das herbeiführt … Viel sinnvoller wäre es, die Dinge langsam angehen zu lassen. Und von offizieller Seite her bestätigt. Keine will einen neuen Bürgerinnenkrieg«, Gero schnaubt, »und wer die Gräuel der Hexenkriege vergessen hat, kann sie in jedem Geschichtsbuch nachschlagen. Wir wollen dieses Reich und die Menschen retten, ihnen ein besseres Leben verschaffen, nicht es zerstören.«

      Das Motto »der Zweck heiligt die Mittel« war nie Adrians. In seinen Augen kann nur Ehre Ehrenvolles hervorbringen. Das ist zwar sowas von naiv, aber ich unterstütze ihn darin.

      »Soll das heißen«, Gero tritt vor, »dass du zu Gunsten einer Friedenserklärung darauf verzichten würdest, allen Männern Magie zu verschaffen? Obwohl das doch die Grundlage dafür ist, dass wir endlich vor dem Gesetz als gleichwertig anerkannt werden?«

      »Nein. Das bedeutet genau das, was ich gesagt habe: Dass ich bereit bin, die Dinge langsamer anzugehen – und dabei mit den Hexen zusammenzuarbeiten.«

      »Pfff«, macht Gero höhnisch. »Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass die Hexen dazu bereit sind.«

      »Das werden wir sehen. Sieh es mal so: Haben wir erst einmal Steine und Wissen verbreitet, gibt es kein Zurück mehr. Das werden sie einsehen müssen.«

      Marzena und ich wechseln einen Blick. Wir sind uns eindeutig darüber einig, dass von »das müssen sie« gar keine Rede sein kann. Ärgerlicherweise haben die meisten Menschen da nämlich so ihre eigenen Ansichten, was sie müssen und was nicht.

      »Das bedeutet, dass du eine Delegation nach Annaburg schicken willst«, sagt Simone langsam. Das Adrian nicht selbst reisen kann, steht aus offenkundigen Gründen nicht zur Debatte. »Was wiederum bedeutet, dass du diese Delegation zusammensetzen musst.« Sie strafft die Schultern. »Ich bin dabei!«

      »Ich auch!« Désirée grinst. »Dann kann ich auch endlich mal wieder mein liebes Schwesterchen besuchen.«

      »Ich bleibe besser hier. Das Lager bewachen und so. Wer weiß, was diese hinterhältigen Hexen so alles vorhaben.« Gero, dieser Feigling!

      »Ich komme auch mit!«

      Mein Junge! Nicht, dass ich ihn noch einmal in dieses Schlangennest von Hauptstadt lassen würde.

      Soll ich? Soll ich nicht? Ach was, wieso warten, für mich ist die Sache klar.

      »Ihr Süßen könnt ja machen, was ihr wollt, aber ich werde diese Delegation anführen.«

      »Was?«

      »Bist du von allen guten Geistern verlassen?«

      »Helena!«

      »Halt!«