SF Abenteuer-Paket 1006 - Raumkapitän am Schwarzen Loch: Science Fiction Sammelband 1006. Margret Schwekendiek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Margret Schwekendiek
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745212518
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der Mission garantierte.

      Einerseits half es eine Entdeckung durch die Raumflotte der Menschen zu verhindern – oder zumindest das Risiko zu minimieren. Ganz ausschließen ließ sich das natürlich nie.

      Aber andererseits bin ich mir sicher, dass der Mar Tanjaj und die ihn beratenen Offiziere mit dieser Maßnahme auch noch einen anderen Zweck verfolgten.

      Sie sicherten durch das totale Kontaktverbot die Durchführung der Mission auch für den Fall, dass der Aarriid in der Zwischenzeit das Zeitliche segnete und seinen wohlverdienten Platz in der Sphäre Gottes einnahm, wo ihm der ewige Frieden gewiss war.

      Doch auch wenn die Mission auf jeden Fall durchgeführt wurde, bedeutete es einen erheblichen Unterschied, ob dies geschah, solange der Krieg noch im Gang war oder zu einem Zeitpunkt, da die Unterbrechung bereits verkündet worden war und das Interregnum offiziell begonnen hatte.

      Es konnte gut sein, dass die Früchte des Erfolges, die ich zu erringen hoffte, dann nicht mehr zu ernten waren.

      Ich versuchte mich von diesen Gedanken zu befreien, als ich mein frisch fertig gestelltes Raumschiff betrat. Es trug den Namen SCHNABELWEISER, benannt nach einem der siebzehn Heiligen, dessen Name nicht bekannt war und der von allen nur mit dieser respektvollen Bezeichnung bedacht wurde. Der Schnabelweise, so heißt es in den Schriften, soll der engste Berater des ersten Aarriid gewesen sein und die Dialoge, die er mit ihm führte, sind heute legendäre Zeugnisse unseres Glaubens. Sie werden zwar nicht als kanonischer Bestandteil unserer Heiligen Schriften angesehen, beschäftigen aber noch heute viele priesterliche Gelehrte, denn sie sind voller Hinweise darauf, wie die Schriften des Ersten Aarriid auszulegen sind.

      Dass mein Schiff den Namen SCHNABELWEISER verliehen bekommen hatte, war eine besondere Ehre und unterstrich die herausragende Bedeutung, die der Mar Tanjaj der Mission beimaß.

      Vielleicht war die Verleihung dieses Namens allerdings auch gleichzeitig ein indirektes Friedensangebot an die Priesterschaft. Ich spreche es an dieser Stelle offen aus, ohne Rücksicht darauf, vielleicht einen Teil meiner qriidischen Leser zu erschrecken. Aber es ist leider eine Tatsache, dass unter den Dienern Gottes keineswegs Einheit herrschte. Es wäre schön, sagen zu können, dass die göttlich gewollte Ordnung unseres Imperiums aus der direkten Umsetzung des göttlichen Willens entstammte. Aber das ist nicht der Fall. Oft genug gab es Rivalitäten zwischen den Priestern und Tanjaj, aber hat nicht schon der erste Aarriid gesagt: Alle, die um unseres Gottes Willen darum eifern, den besseren Dienst am Herrn zu erweisen, sind mir ärgerlich?

      So mancher, der an entscheidender Stelle in den Hierarchien der Priesterschaft oder der Tanjaj-Gotteskrieger saß oder noch sitzt, scheint diese Schriftstellen lange nicht gelesen oder sogar absichtlich ignoriert zu haben. Wenn die Wächter unseres Datennetzes diese Zeilen schwärzen, weil sie glauben, dass sie gegen die Grundsätze unseres Glaubens verstoßen, so kann ich nichts dagegen tun. Ich weiß sehr wohl, dass die Äußerung des freien Wortes innerhalb des Imperiums seine Grenzen hat und ich bin auch niemand der einer zügellosen Meinungsfreiheit, wie sie unter den Menschen oder den Fulirr üblich ist, das Wort reden würde.

      Ganz und gar nicht!

      Aber was wahr ist, muss gesagt werden.

      Denn auch das hat der Erste Aarriid in seinen Schriften niedergelegt: Die Wahrheit vermag den Gläubigen nicht zu erschüttern.

      2

      Als ich die Brücke der SCHNABELWEISER betrat, erwiesen mir alle Offiziere die Ehre, erhoben sich von ihren Plätzen und nahmen eine etwas versteifte, formelle Haltung an. In jenen Jahren gab es eine intensive Kampagne der Priesterschaft gegen diese Art von militärischen Umgangsformen.

      Angeblich seien sie Zeichen der Eitelkeit und würden dem Dienst für den wahren Glauben viel von seiner Schlichtheit nehmen.

      Die Rolle Einzelner würde in unziemlicher Weise hervorgehoben und ein Gepränge an den Tag gelegt, das der Erste Aarriid ausdrücklich in seinen Schriften verurteilt habe. Als Beleg dafür wurde immer wieder die Strafpredigt des Ersten Aarriid angeführt, mit dem dieser laut unserer Überlieferung die übereifrigen Fünf tadelte. [Das ist die Bezeichnung einer Gruppe unter den siebzehn Heiligen, der beim Aufbau des Heiligen Imperiums ganz ähnliche Vergehen vorgeworfen wurden.] [Dieser Zusatz fehlt in der Fassung, die innerhalb des qriidischen Datennetzes veröffentlicht wurde. Der Grund dafür scheint leicht nachvollziehbar zu sein: Nirat-Son erklärt hier für seine menschlichen Downloader ein Detail seiner religiösen Kultur, über das innerhalb der Humanen Welten wahrscheinlich nur einige Religionswissenschaftler an der Brüderschule auf Sirius III Bescheid wissen. – Der Übersetzer]

      Ich persönlich glaube eigentlich eher, dass diese Kampagne beim Zusammenhang mit den ständigen Rivalitäten zwischen Tanjaj und Priesterschaft zu sehen ist. Die Position der Tanjaj sollt dadurch subtil geschwächt werden – und das zu einem Zeitpunkt, da der Krieg noch andauerte und der Aarriid noch lebte, was beides Faktoren sind, die die ewige Waage der imperialen Politik eher zu Gunsten der Tanjaj zu neigen pflegen.

      Vielleicht kann man das ganze am ehesten als ein Austesten der Kräfte ansehen. Die Priesterschaft wusste, dass ihre dominante Zeit während des Interregnums kommen würde, wenn es ihre Aufgabe war, den Nachfolger des Aarriids zu bestimmen. Den Priestern oblag es schließlich, unter Milliarden von männlichen Ei-Küken den zukünftigen Aarriid herauszufinden. Nach welchen Maßstäben dies geschieht, welche Merkmale ihn erkennbar machen und wonach die Zeit bemessen wird, die bis zum Erscheinen des neuen Aarriid vergehen, ist bis heute ein Geheimnis der Priesterschaft. Wer sollte es auch lüften? Sie selbst kann die Dauer ihrer Dominanz-Phase bestimmen und sich während dieser Phase Trümpfe für die Zeit danach zuspielen. Die Zeit des Krieges, in der wieder das Militär ein leichtes Übergewicht gewinnt. Wie könnte es auch anders sein?

      Erst das Auftreten des Predigers Ron-Nertas hat dieses Hin- und Herschwanken der imperialen Waage unterbrochen und einen neuen Machtfaktor eingeführt. Eine Faktor, der alles verändert hat. Ich spreche vom Willen des Volkes und der Sehnsucht nach Genuss und Lebensfreude. Der Sehnsucht nach Frieden und einer Unterbrechung des fortwährenden Kampfes, der dem Einzelnen so viele Opfer abverlangt.

      Ja, ich weiß, dass ich mir den Zorn vieler zuziehen werde, die den Prediger als die Verkörperung des eigentlichen göttlichen Willens sehen. Die glauben, dass seine Interpretation der Überlieferung die richtige ist und Gott den Heiligen Krieg zwar verlangt, aber nicht in zeitlich unbegrenzter Permanenz.

      Meine Meinung dazu habe ich schon geäußert. Ich halte den Prediger für eine Episode unserer Geschichte. Vielleicht eine notwendige Episode, die uns davor bewahrt, unsere Möglichkeiten zu überdehnen. Schließlich dauerte die Expansionsphase unseres Imperiums schon sehr lange und es wurde vielleicht höchste Zeit, dass sie außerhalb eines regulären Interregnums unterbrochen wurde. Vielleicht liegt auch alles in einer Fehleinschätzung der Priesterschaft begründet. Sie wird ihre Gründe dafür gehabt haben, den Nachfolger des Aarriid bereits 16 Jahre nach dem Tod seines Vorgängers zu bestimmen.

      Wie unsere Geschichtsschreibung weiß, hat das Interregnum sehr häufig viel länger gedauert. Ein ganzes Qriid-Leben mitunter. Und vielleicht taten diese Pausen der Expansion unseres Imperiums letztlich gut, weil sie dazu beitrugen, das Bestehende zu festigen.

      Die Priesterschaft war hinter verschlossenen Türen und in ihrer erhabenen Weisheit anderer Ansicht. Und es bedurfte wohl der charismatischen Kraft eines Predigers von der Begabung Ron-Nertas', um dies zu korrigieren.

      Und in so fern war es vielleicht doch Gott, der ihn schickte.

      So kann man vielleicht auch darauf vertrauen, dass er ihn eines Tages, wenn die Zeit des Kampfes wieder gekommen ist, auch fortjagen oder zu sich rufen wird.

      3

      Doch zurück zu den Ereignissen, die sich fünfzehn, sechzehn Jahre früher ereigneten, während unseres ersten Krieges mit der Menschheit, als der alte Aarriid noch lebte.

      „Das Schiff ist klar zum Aufbruch“, sagte der Erste Offizier. Ich nenne seinen Namen nicht. Das hat nichts mit Geringschätzung