Das Ende ist immer nahe 1. Urs Herzog. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Urs Herzog
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783347048997
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biodynamischem Dünger, Pferdemist und allen möglichen und unmöglichen Mittelchen den grössten Kürbis zu ziehen. Kein anderes Gemüse erfreute sich solcher Hingabe und Zuwendung.

      Im Herbst kürten sie dann den Kürbis-König und sein Name wurde in die ewige Bestenliste aufgenommen. Der Sieger hatte die Pflicht, die unterlegenen Gegner zu einem fürstlichen Abendschmaus in den Hirschen zu laden. An einem solchen Abend zog dann Georg alle Register seines Könnens. Seine Küche genoss einen ausgezeichneten Ruf und die Gäste kamen von weit her um seine Spezialitäten zu geniessen. Die absolut beliebteste Creation blieb das „Rindsmedallion Georg“.

      Rundum kurz angebraten, dann im hauchdünnen Salz-Pfeffermantel bei niedriger Temperatur im Ofen gegart und mit frischem Gartengemüse und Kräuterreis serviert.

      Er hätte dafür mit einem Stern bedacht werden können. Doch Restaurant-Tester hatten sich noch nie nach Birrhausen verirrt. Georg war das nur recht. Er kochte für seine Gäste weil sie ihn und seine Küche schätzten und nicht für Leute die kamen weil es im Moment besonders angesagt war im „Hirschen“ in Birrhausen zu speisen -, nur weil ein Fresspapst irgendwo sein Lokal erwähnt hatte.

      ***

      Schlagzeilen :

      Teuerung legt zu

      Wetterfrösche sagen trockenen Frühling voraus

      Neue Lohnrunde der Gewerkschaften

      Schneider hatte nach dem Treffen in Basel die Aufgaben für seine Spezialisten mit jedem Einzelnen nochmals abgesprochen. An verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten.

      Zu wichtig waren der genaue Einsatzplan, die Ausrüstung und die möglichen Risiken. Als Arbeitsbeginn war der kommende Mittwoch vorgesehen. Ein ganz normaler Tag. Und alles würde perfekt ablaufen. Schneider schaute in seinen Terminkalender. Die nächste Besprechung sollte in Brüssel stattfinden. Eine norwegische Ölfirma hatte ein Leck in einer ihrer unterseeischen Pipelines und nun brauchten sie dringend Taucher mit Schweisserausbildung. Das Leck sollte schnellst möglich geschlossen werden, so, dass die Öffentlichkeit davon nichts bemerkte. Ein normaler Job für Schneider Consulting. Er nahm aus dem grossen Tresor die Verträge der vier Spezialisten mit dem Job in der Schweiz und steckte sie in seinen Aktenkoffer.

      Er hatte es sich zum Grundsatz gemacht, die Kontrakte nie in dem Land aufzubewahren, in dem die Spezialisten arbeiteten. Schneider verliess Zürich mit dem letzten Flug des Tages.

      ***

      Es wartete viel Arbeit auf ihn und er freute sich darauf. Es war schon Anfang April und er musste sich sputen um seinen Garten rechtzeitig auf Vordermann zu bringen.

      Das Wetter war schön und endlich konnte Moser wieder in sein Reich zurückkehren. Zuerst die alten Pflanzen ausreissen und auf den Kompost werfen, den Dünger verteilen und kräftig unterhacken.

      Er hatte sich daran gewöhnt, dass dabei, warum auch immer, viele Steine hervorkamen und er sie mühsam zusammentragen musste. Dann konnte er damit beginnen die Beete abzustecken und die Wege anzulegen. Und erst danach begann der die Setzlinge zu pflanzen. Salat und Gemüse und speziell für seine Frau, Erbsen. Sie liebte Erbsen über alles und verabscheute die grünen Dinger aus der Dose, und für ihn wuchsen die Stangenbohnen. Stangenbohnen waren sein Lieblingsgemüse. Dazu Tomaten, Gurken, Kohl, Spinat, Endiviensalat, Kopfsalat und viele Gewürze. Eine reichhaltige Palette. Und nicht zuletzt Kürbisse. Kürbisse für den Wettbewerb.

      Es war kurz vor sieben und Moser mühte sich schon eine knappe Stunde mit umgraben ab. Dies war der schwerste Teil der Arbeit und er fragte sich jedes Jahr ob es nicht besser wäre eine Maschine zu kaufen, oder im Gartencenter eine zu mieten.

      Aber dann hatte er, wie immer, schon mit dem Umgraben begonnen und es lohnte nicht aufzuhören um eine Maschine zu besorgen. Vielleicht nächstes Jahr. Und wieder rammte er den Spaten in die schwarze, fruchtbare Erde. Der natürliche Torfanteil betrug fast dreissig Prozent. Ein guter Boden.

      Der Schweiss rann in Bächen an ihm herunter und hinterliess nasse, dunkle Flecken auf seinem Unterhemd. Langsam wurde der Erfolg seiner Arbeit sichtbar. Er stützte sich auf den Spaten, wischte den Schweiss von der Stirn und schaute stolz auf sein bisheriges Werk. Wo sollte er dieses Jahr die Kürbisse ziehen? Beim Zaun? Beim Gartenhäuschen? Auf jeden Fall nicht in der Mitte des Gartens und auch nicht in der Nähe der Hecken.

      Damit hatte er bisher kein Glück gehabt. Den Wettbewerb hatte er noch nie gewinnen können und letztes Mal fehlten ihm nur fünf Zentimeter zum Sieg.

      Diesmal wollte er endlich Kürbis-König werden und beschloss deshalb, es beim Zaun und beim Gartenhäuschen zu versuchen. Es würde weniger Gemüse geben, aber seine Chancen auf den Sieg erheblich steigern.

      Mit neuem Elan rammte er den Spaten wieder in den Boden, hob die schwarze Erde an, drehte den Spaten und liess sie zurückfallen. Immer wieder, ohne Unterlass.

      ***

      Ein letzter Blick auf die alte Küchenuhr, ein letzter Schluck schwarzen Kaffees. „Zeit zu gehen, sonst wird er wieder ungeduldig.“ Sie packte Brot, Wurst und Käse, die Thermoskanne mit Kaffee und die Würfelzucker in den Weidenkorb und wollte schon den Deckel schliessen, als ihr Blick auf die Tasse und das Messer fiel. „Das hätte gerade noch gefehlt, den ganzen Weg nochmals zurücklaufen zu müssen.“

      Nun klappte sie den Deckel zu. Johann wartete. Ihr Mann hatte sich in der letzten Zeit sehr verändert. Zum Guten verändert. Nach seiner Pensionierung hatte er wochenlang nur herum gesessen. Davor hatte sie sich im Voraus gefürchtet. Er hatte alles und jeden kritisiert und sie konnte ihm nichts recht machen. Johann wusste nichts mit sich und der Zeit anzufangen.

      Es war die erste grosse Krise nach über dreissig Ehejahren. Deswegen floh sie tagelang aus der sonst so gemütlichen Wohnung, sie konnte es nicht mehr ertragen.

      Doch allmählich fing sich Johann wieder auf. „Zum Glück hat er seine Freunde und seinen Garten. Wäre es weiter so gelaufen, ich hätte durchgedreht“, vertraute sie ihrer besten Freundin an.

      Doch das Leben hatte wieder seine geordneten Bahnen eingeschlagen und Normalität war wieder angesagt.

      Sie griff nach der Strickjacke, - morgens konnte es noch immer sehr kühl sein -, zog sie über, packte den Korb und verliess die kleine Wohnung an der Schmiedengasse Nummer Sieben.

      Zielstrebig steuerte sie aus dem Städtchen hinaus auf die Schrebergärten zu. Es war wirklich noch kühl und sie zog die Jacke enger um sich. Die Sonne warf die ersten, warmen Strahlen auf ihr Gesicht und sie blinzelte ins Licht. Kein Wölkchen zeigte sich am Himmel, es würde wieder ein wunderschöner Tag werden. Am Nachmittag wollte sie spazieren gehen, die Sonne, die Wärme, den Frühling geniessen.

      So früh waren noch nicht viele Menschen unterwegs. Den Einen oder Anderen grüsste sie in Vorübergehen. Man kannte sich in Birrhausen. Für einen Schwatz hatte sie keine Zeit, denn ihr Johann würde bestimmt schon nach ihr Ausschau halten.

      ***

      Wenn es eine Person gab der man das Attribut seriös zugestehen musste, dann war dies zweifelsohne Thomas Meier. Er war seiner Frau ein liebender und treuer Ehemann und den beiden Kindern ein fürsorglicher Vater. Überall beliebt und respektiert, seit Jahren ein gewissenhafter und sehr geschätzter Mitarbeiter der örtlichen Sparkasse, Abteilung Kreditwesen. Sein Tenor machte ihn zur Stütze im Gesangsverein und im Sportverein spielte er in der Volleyball-Mannschaft. Gut aussehend und sportlich mit gutem Einkommen, ein Mann ohne Fehl und Tadel, der Traum aller Schwiegermütter. Morgens stand er immer als Erster auf, bereitete das Morgenessen für seine Familie und hatte noch genügend Zeit einen ersten Blick in die Tageszeitung zu werfen bevor er seine Familie weckte.

      So wie jeden Tag, von Montag bis Freitag. Das Frühstück stand auf dem Tisch, helles und dunkles Brot, Butter und Konfitüre, herrlich duftender Kaffee. Er schaute auf die Uhr. Noch eine Viertelstunde blieb ihm, dann musste er seine Frau und die Kinder wecken. Zeit für die Morgenlektüre.

      Er trat aus dem Haus in der Schmiedengasse und blinzelte in die helle Sonne. Einen kurzen Moment war er geblendet. Dann wandte er sich dem Briefkasten zu, öffnete ihn, holte die Tageszeitung