Würde, Freiheit, Selbstbestimmung. Konzepte der Lebensrechtsdebatte auf dem Prüfstand. Josef Bordat. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Josef Bordat
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Афоризмы и цитаты
Год издания: 0
isbn: 9783347084223
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      Josef Bordat

       Würde, Freiheit, Selbstbestimmung

       Konzepte der Lebensrechtsdebatte auf dem Prüfstand

       Für

       Claudia Sperlich

      * * *

       In dankbarem Gedenken an

       Eberhard Schockenhoff,

       der am 18. Juli 2020 verstarb.

      © 2020 Josef Bordat

      Verlag & Druck:

      tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

      ISBN: 978-3-347-08420-9 (Paperback)

      ISBN: 978-3-347-08421-6 (Hardcover)

      ISBN: 978-3-347-08422-3 (E-Book)

      Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

       Die Würde des Menschen kommt jedem Menschen unbedingt zu. Sie wird dem Menschen nicht von anderen Menschen zuerkannt, sie ist unmittelbar Ausdruck seines Menschseins. Für Christen ist dieses Menschsein Geschöpflichkeit: Der Mensch erhält als Abbild Gottes seine Würde vom Schöpfer.

       ***

       Die Freiheit des Menschen ist keine absolute, sie ist gebunden an die moralische Pflicht zum Guten, an die Verantwortung vor dem Menschen und – für Christen – auch und insbesondere vor Gott. Nur in dieser Bindung ist Freiheit vernünftig realisierbar.

       ***

       Für Christen ist das Leben heilig und unbedingt schützenswert. Die Autonomie des Menschen endet an der Grenze dieser Heiligkeit – auch im Hinblick auf das eigene Leben. Selbstbestimmung in Fragen des Lebens und Sterbens droht zur Fremdbestimmung zu werden – der Druck auf kranke und alte Menschen nimmt zu.

       Vorwort

      Seit einigen Jahren beschäftige ich mich aus bioethischer Perspektive mit Fragen des Lebensschutzes. Das sollte nicht überraschen. Die Themen Abtreibung und Sterbehilfe, die Frage des moralischen Status des Embryo, Vorstellungen des richtigen Umgangs mit Kranken, Behinderten, Alten, Dementen, Sterbenden und Ungeborenen sind grundlegend für Philosophie und Theologie gleichermaßen. Der richtige Umgang mit dem Menschen ist die zentrale ethische Fragestellung; Moral ist eine menschliche Umgangsform.

      Die Anthropologie geht der Ethik voraus, weil sie Vorentscheidungen trifft hinsichtlich des Gegenstands, zu dem sich moralisch verhalten werden soll. Wenn ich nicht über das Leben und den Menschen nachdenke, hat es auch keinen Zweck, über Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft und Arbeit, Politik und Publizistik, Kultur und Kunst nachzudenken. Immanuel Kant hat die Frage „Was ist der Mensch?“ als die Synthese aller philosophischen Bemühung betrachtet, als Ausgangs- und Fluchtpunkt zugleich für Epistemologie, Ethik und Ästhetik. Grund genug, Lebensrechtsfragen in den Mittelpunkt zu stellen.

      Es waren schließlich zwei Gerichtsbeschlüsse, die mich ganz konkret motiviert haben, zum Thema Lebensschutz bzw. Lebensrecht einige Gedanken in Buchform zusammenzutragen. Denn es waren zwei bahnbrechende Beschlüsse, Entscheidungen, die nicht nur Rechtsverhältnisse ändern, sondern auch moralische Grundeinsichten ins Wanken bringen, die bislang unhinterfragt das Fundament unser christlich-humanistischen Axiologie bildeten:

      Erstens, dass man Menschen aus Liebe und wohlverstandener medizinisch-pflegerischer Professionalität im natürlichen Prozess ihres Sterbens hilft, statt ihnen – gegen Gebühr – beim Sterben zu helfen, indem man ihnen zu sterben hilft. Anders sieht es das deutsche Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 26. Februar 2020 (Aschermittwoch).

      Und zweitens, dass man immer zunächst im Sinne des Lebens agieren soll, wenn man die Wahl hat, und alles so auszulegen ist, dass es dem Leben und dessen Erhalt bestmöglich dient. Anders sieht es der niederländische Hoge Raad im Beschluss vom 21. April 2020.

      Höchstrichterliche Urteile gilt es im Rechtsstaat zu akzeptieren; das ist eine Grundbedingung für dessen funktionieren. Doch auch gegen Urteile höchster Gerichte kann sich das Gewissen sträuben – und in meinem Fall tat es dies. So sehr, dass ich mich fast genötigt sah, meine Position darzulegen.

      Ich wähle dabei den Ansatz, die sachlichen Themen Abtreibung und Sterbehilfe den Begriffen ein- und unterzuordnen, die die Debatte um diese Themen wesentlich prägen: Würde, Freiheit, Selbstbestimmung. Eine Analyse dieser Konzepte und ihrer Beziehung zueinander fördert die Irrtümer zutage, mit denen ihre wohlfeile Verwendung heute oft behaftet ist – Irrtümer aus Sicht des christlichen Glaubens, aber auch aus Sicht der philosophischen und theologischen Tradition.

      Noch ein philologischer Hinweis: Es handelt sich bei dem Text um einen Essay, bei dessen Abfassung ich meinen Gedanken relativ freien Lauf ließ. Ich habe nicht jeden dieser Gedanken hergeleitet, obgleich mir bewusst ist, wie voraussetzungsreich einige Argumentationsfiguren sind. Auf vertiefende Darlegungen habe ich zugunsten eines schlanken Umfangs verzichtet, obgleich an der einen oder anderen Stelle ein Exkurs der Erläuterung dienen soll. Dazu gehört auch, dass vieles „aus dem Kopf“ zitiert wurde und Nachweise nur oberflächlich erfolgen, weil ich ohne Fußnoten auskommen wollte und eine wissenschaftlich korrekte Zitation im Fließtext störend gewesen wäre.

      Es kostete Sie, liebe Leserin, lieber Leser, insofern einige Mühe, die Zitate im Original aufzufinden. Sollten Sie zu einem Zitat die exakte Stelle in den im Literaturverzeichnis genannten Werken nicht finden, helfe ich Ihnen gerne mit genaueren Angaben weiter.

      Ein Blick in meine Bücher zur Ethik (2009), zum Gewissen (2013) und zum Grundgesetz (2019) kann hilfreich sein, die Hintergründe meiner Gedankengänge auszuleuchten.

      Berlin, im Juli 2020 Josef Bordat

       Inhalt

      Vorwort * Einleitung

       Würde

      Würdezuschreibung und Würdevorstellung * Die Würde im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts * Exkurs: Dilemmata im Kontext der Menschenwürde * Das jüdisch-christliche Menschenbild * Lebensschutz im Geiste der Schöpfungstheologie * Exkurs: Todesstrafe aus Sicht der Menschenwürde * Das säkular-philosophische Menschenbild * Exkurs: Menschenwürde und der Begriff der Person * Tiedemanns „Identitätstheorie der Menschenwürde“ * Kants „Humanitas-Formel“ des kategorischen Imperativ * Würde des Menschen und Wert des Lebens * Exkurs: Was kostet der Mensch? * Zusammenfassung

       Freiheit

      Würde und Freiheit im Christentum * Exkurs: Freiheit und das Lehramt der Katholischen Kirche im 19. Jahrhundert * Freiheit als Thema der Philosophie * Freiheit des Willens * Exkurs: Das Libet-Experiment * Freiheit der Handlung * Exkurs: Das Ich und das Selbstbewusstsein * Freiheit ist relativ * Freiheit und Bindung: Christliche Konzeption * Exkurs: Aufklärung, Sklaverei und Rassismus * Weinstock und Reben * Gewissensfreiheit * Freiheit und Suizidalität * Zusammenfassung

       Selbstbestimmung

      Würde und Selbstbestimmung * Selbstbestimmung – und ihre Grenzen * Selbstbestimmung und Gewissen * Selbstbestimmung – und doch nicht so ganz * Gleiches Recht für alle? – Gefährliche Weiterungen * Welche Selbstbestimmung soll zählen? * Selbstbestimmung in einer Welt der Beziehungen * Exkurs: Die Menschheit als Netzwerk * Selbstbestimmung und Fremdbestimmung * Mitleidensdruck * Zusammenfassung

      Schlussbemerkung * Nachwort

      Literatur