Freiheit und Sein als Lebenskunst. Hannes Kerfack. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hannes Kerfack
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Theologisch-philosophische Studienschriften
Жанр произведения: Афоризмы и цитаты
Год издания: 0
isbn: 9783347085510
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der historisch-kritischen Methode, der Quellenanalyse und kritischen Reflexion der Sekundärliteratur, nachzuvollziehen. Das Dekret nimmt unter anderem Quellen aus dem zweiten nizänischen Konzil von 787 und den darauf folgenden Libri Carolini, die Antwort auf die Bilderfrage im Osten, auf. Die Bilderfrage ist nach dem Tridentinum nicht abgeschlossen und die letztgültige Entscheidung liegt in den Händen der Bischöfe und des Papstes. Das Dekret gibt eher offene Anweisungen über den rechten Gebrauch der Bilder, die auf den spezifischen Fall anzuwenden sind, z.B. im Falle der verbotenen leidenschaftlichen, lasziven Bilderdarstellungen, deren naturalistische Darstellungen ein Erkennungszeichen der beginnenden Renaissance-Malerei sind. Eine eigene Frage innerhalb dieser Arbeit ist daher: Wie wirken Bilder ästhetisch und emotional auf den Betrachter und warum? Hat das Tridentinum Auswirkungen auf die bildende Kunst gehabt? Als Hilfsmittel dienen kunstwissenschaftliche Methoden, die exemplarische Bilder nach ihrer Form, Farbe und Komposition untersuchen.

      7 Ganzer, Volksfrömmigkeit, 24.

      2 S. auch den ersten Abschnitt im Buch: Kerfack, Hannes (2020): Auf Entdeckungslaufreise. Ausgewählte Themen, Teezimmer und Texte (Auf Entdeckungsreise, 1), tredition: Hamburg und das Buch als Ganzes für die Einführung in das „Laufen mit Mehrwert“, um auch diese Ethik hier für sich weiterzuschreiben.

      3 Lentes, Adiaphora, 213.

      4 Lentes, Auge, 76.

      5 Makrides, Ikonen, 156.

      6 Lentes, Auge, 80.

       1.1. Quellengeschichte und Voraussetzungen des Dekretes über die Bilder- und Heiligenverehrung auf dem Trienter Konzil 1563

       1.1.1. Das zweite Konzil von Nizäa 787 und der Bilderstreit im 8. Jahrhundert

      Da die jeweiligen Bildentwürfe je nach ihrem historischen Kontext zu bewerten sind8 und das Konzil von Trient im Bilderverehrungsdekret auf das Bilderdekret vom zweiten Konzil von Nizäa Bezug nimmt, gehe ich im folgenden Abschnitt auf die Bilderfrage in der Ostkirche ein. Der Bilderstreit kann nicht in seiner Gesamtheit behandelt werden. Daher beschränke ich mich auf die Konzile und Autoren, die unmittelbar Einfluss auf das zweite Nizänum nehmen. Zwischen der Bilderverehrung im Osten und Westen gibt es zudem Gemeinsamkeiten, die analysiert werden sollen.

      Die Ursache des Bilderstreites im 8. Jahrhundert ist ein Vulkanausbruch, der als Ausdruck des Zornes Gottes gegenüber der Bilderverehrung Christi gedeutet wird. Freiheit und Kontexte oder Seins-Systeme sind daher auch von Schicksalen und Kontingenzen zwischen Gott und Natur abhängig, wie sie sich dadurch verändern und darauf je nach dem Zeitgeist (Tun-Ergehen-Zusammenhang, Sünde und Gnade) deutend und auch kritisch reagiert wird, um einen Konsens zu finden, der aber auch wieder zur Häresie führen kann, sodass Orthodoxie und Häresie im weitesten Sinn Spannungsfelder der Ethik authentischer Freiheit sind, auch wenn darüber eine höhere Instanz, das Konzil, und weniger das Individuum darüber entscheidet. Der byzantinische Kaiser Leo III. lässt daraufhin das eiserne Bild Christi am Tor seines Palastes in Konstantinopel zerstören.9 Auf der einen Seite wird argumentiert, dass die Bilder dem Bilderverbot im Dekalog widersprechen.10 Andererseits ist dieses Gebot im Kontext jüdischer Religion entstanden. Daher wird argumentiert, dass das Christus-Bild und kein Gottesbild direkt verehrt werden. Das tritt in Spannung mit dem dogmatischen Beschluss des Konzils von Chalkedon im Jahr 451. Da Jesus Christus wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch ist, ist er nach seiner Göttlichkeit mit dem Vater wesenseins, in zwei Naturen unvermischt, ungetrennt und unteilbar. So ist er, wie Gott, nicht abbildbar.11 Das bilderfeindliche Konzil von Hiereia im Jahr 754 bestätigt diesen Beschluss und lehnt die Christusbilder ab. Wenn Christus gemalt wird, kann er nur in seiner menschlichen Natur gemalt werden. Dadurch trennt sich Christus von seiner göttlichen Natur. Zweitens ist Gott zugleich Heiliger Geist und somit nicht darstellbar. Die Verehrung gilt allein dem Geist und nicht dem Bild.12

      Ein bilderfreundliches, zweites Konzil in Nizäa 787 rehabilitiert die Christusbilder und erklärt das Konzil von Hieraia für häretisch. Dazu ist der Beschluss und die Autorität eines wirklich ökumenischen Konzils notwendig. Andererseits verhindern kaiserliche Gardetruppen zunächst das Konzil in Konstantinopel als ursprünglichen Tagungsort, das dann nach Nizäa in der Zeit vom 28.9.13.10.787 verlegt wird.13

      Dass das Konzil ökumenisch ist, bezeugt auch die Teilnehmerstruktur (350 Bischöfe aus West und Ost und zwei päpstliche Vertreter mit dem Namen „Petrus“ als direkte Abgesandte des Papstes, um das Konzil zu legitimieren). Durch den göttlichen Eifer und Befehl unseres Kaisers Konstantin und der gläubigen Kaiserin Irene, soll die göttlich inspirierte Überlieferung der Katholischen Kirche durch gemeinsamen Beschluss Geltung erlangen.14

      Das Konzil wendet sich gegen die Häretiker des Konzils von Hieraia, die sich vom „rechten Denken“ abwenden und sich der Überlieferung der Katholischen Kirche entgegenstellen.15 Diese machen zwischen heiligen und profanen Bildern keinen Unterschied, da sie das Bild des Herrn und seiner Heiligen mit gleichen Namen bezeichneten, wie die Statuen der satanischen Götzen.16 Das Konzil folgt dem nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis und dem ersten Konzils von Nizäa.17 Dieses bezeugt die Wesenseinheit von Jesus Christus und Vater und gleichzeitig die Zeugung durch Maria, nicht Schaffung, durch den Vater auf Grundlage von Joh 4,3.18 Jesus steht der Göttlichkeit des Vaters in Nichts nach. Jesus ist vollkommener Mensch und vollkommener Gott.19 Christus ist keine dritte Person, die losgelöst vom Heiligen Geist und Gott steht, resultiert Moeller.20

      Die Ikonenmalerei stimmt mit der Botschaft des Evangeliums überein und dient der Beglaubigung des wirklichen, göttlichen Mensch-Geworden-Seins Jesu Christi. Sie unterstreicht die Beschlüsse des Konzils von Konstantinopel und Chalkedon und die Unterscheidung von den zwei Naturen Jesu Christi.21 Die Erinnerung an die Person Christi führen zur eigenen, inneren Erhebung und ermöglichen einen persönlichen Bezug zum Urbild, als Vorbild für sich selbst und seinen eigenen Glauben, sodass hier auch eine Art Angebot dargestellt wird, zu dem man sich verhalten oder nicht verhalten kann, um sein Leben und seine „Freiheit“ zu gestalten, wobei aber Alternativen durch die Häresie-Erklärungen eher ausgeschlossen werden.22 Authentizität liegt vor allem in der Anerkennung der jeweils höher gestellten Konzile und Autoritäten, da eine Häresie-Erklärung möglicherweise auch zur Ausgrenzung und Verfolgung führen kann. Freiheit versteht sich hier relativ und dieser Begriff muss jeweils im zeitlichen Kontext verstanden werden, wie sie die individuellen Seins-Systeme verändert. Von einem Freiheitsbegriff der Neuzeit oder Aufklärung kann noch keine Rede sein! „Wer das Bild verehrt, verehrt in ihm die Person des Dargestellten“23 und nicht das Bild als Materie selbst. Daher ist die Ikone etwas wesenhaft anderes als der Dargestellte selbst, die aber eins mit dem Namen des Dargestellten ist.24 Dadurch grenzen sich die Bilder vom Verdacht der Idolatrie ab. Die Anbetung gilt allein der göttlichen Natur im Bild, das das Urbild medial darstellt.25

      An dieser Stelle rezipiert das Konzil das Bildkonzept von Johannes von Damaskus und seine Schrift: Die Darlegung des christlichen Glaubens. Das Urbild ist eine Nachbildung von dem, was abgebildet ist. Aber allein dem abgebildeten Urbild kommt die Verehrung zu und nicht der materiellen Nachbildung in Form des vom Künstler geschaffenen Bildes.26 Anders als der unsichtbare und unbegreifliche und gestaltlose Gott27, ist Christus dagegen eine menschliche Inkarnation Gottes und kann daher aufgrund seiner menschlichen Natur abgebildet werden. Das Bild übernimmt die Funktion der Erinnerung an diese einmalige Inkarnation Christi.28. Eine Gleichstellung der Bilder mit dem sakramentalen Abendmahl intendiert das Konzil von Nicäa nicht und wird in der Quelle nicht erwähnt. Es geht allein um die Gleichstellung mit Kreuz und Evangelium.29 Dazu gehören Verehrungsriten wie Weihrauch und Lichtbestrahlung.30

      Es sind alle Bilder von jeder Art gemeint (Maria und Jesus). Auf heiligen Geräten, Wänden, Tafeln usw. Überall sollen Bilder von Gläubigen betrachtet werden können, innerhalb und außerhalb der Kirche, und dadurch ihre Allgegenwärtigkeit aufzeigen.31 Eine Abgrenzung im Sinne einer Wahl durch die Freiheit ist daher schwer vorstellbar und nur relativ zu betrachten. Im Alltag sind Christus-Prägungen auf Münzen, Siegel- oder Herrschaftszeichen allgegenwärtig. Sie sind Zeichen der Kaiserherrschaft und der