terrane Manifestationen. Klaus Paschenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Klaus Paschenda
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Афоризмы и цитаты
Год издания: 0
isbn: 9783749782543
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Was soll ich + können / wissen / sollen / tun / dürfen / hoffen ?

       Was tue ich + können / wissen / sollen / tun / dürfen / hoffen ?

       Was darf ich + können / wissen / sollen / tun / dürfen / hoffen ?

       Was hoffe ich + können / wissen / sollen / tun / dürfen / hoffen ?

      Wenn er weiter führend die Egozentrik über Bord warf, also das ‚ich‘ durch ein ‚der andere‘ oder durch ‚wir‘ ersetzte, gab es noch mehr zu klären. Nicht alles, was sich da zusammenbraute, war sinnvoll, aber es regte an und zeigte Perspektiven auf. Selbst unsinnige Fragen waren als solche zu bedenken, um dann begründet verworfen zu werden. Bisher hatte sich die Menschheit an diesem Komplex die Zähne ausgebissen. Klarheit im System Alpha war de facto nicht gegeben. Dennoch: Wie verfahren wir mit Beta?

      Er unternahm einen inhaltlichen Angriff:

      ‚Gehen wir, solange wir nichts Besseres wissen, davon aus, dass es sich um Welten handelt, in denen ebenfalls Energie, Felder, Materie, Information eine Basis bilden. Ob das alles ist und ob die gleichen Naturgesetze wie hier gelten, ist eine weitere offene Frage.

      Das Zwiebelschalenmodell von Beta war wie eine verschlossene Dose. Verbarg sich dort etwas wie eine Büchse der Pandora?47 War sie zerstörbar? Würde Beta angreifen oder sich verteidigen? Könnte mit jener Welt geredet werden?‘

      Die letzte Frage verwies ihn auf das altbekannte Kommunikationsmodell. Immer mehr wurde ihm klar, dass er im Grunde nicht weiter kam. Es galten die üblichen Regeln für eine unbekannte Kommunikationssituation wie jede Konfrontation vermeiden und eine gemeinsame Sprache zu finden. Ob das Gravitationswellenexperiment von Beta als Konfrontation aufgefasst worden war oder die Reaktion ein Hinweis auf was auch immer sein sollte, konnte nicht entschieden werden. Vielleicht war es nur eine Reflexion von Wellen wie bei einem Echo. Oder hatten sie einen Schneeball in eine Lawine geworfen?

      ‚Nein, da hat uns jemand auf die Finger gehauen‘, dachte er, ‚aber das ist auch eine Form der Kommunikation. Mit dieser Hypothese sollten wir beginnen.‘

      Als gemeinsame Sprache schien ihm das schwierig. Andererseits: Man konnte nie wissen. Sollten sie den eingeschlagenen Weg weiter gehen?

      Selber Denken war notwendig, was blieb einem anders, schon wieder Kant48, registrierte er nebenbei. Hier waren es Fragen wie:

       Was kann der andere wissen ?

       Wie könnte die Situation von Beta her betrachtet aussehen?

       Wie könnte Beta mit Alpha verfahren ?

      Sokrates hatte viele Fragen. Der Acker der Unwissenheit war umzingelt, seine Geheimnisse schien er aber nicht preisgeben zu wollen.

      Er fand einfach keine klaren Argumente, weder für ein Ja noch für ein Nein.

      Rückblickend, mit den Augen die Sonne hinter den Bergen verschwinden sehend, reflektierte er: ‚Wissen ist Macht, nichts wissen, macht auch nichts. Oder: Denken machts, nicht denken macht auch nichts. Nein, Zyniker wollte er auch nicht sein, dann doch lieber verbohrter Kantianer.‘

      Er beschloss für sich, einem weiteren Experiment zuzustimmen.

      47 Die Büchse der Pandora taucht in einem alten Mythos der Griechen auf und enthält alles vorstellbare Böse. Pandora öffnete entgegen der Anweisung von Zeus die Büchse und gab somit der Macht des Bösen den Zugang zur Welt der Menschen.

      48 ‚Selber denken!‘ Aus: Kant, Immanuel: Werke XII, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1800), Theorie-Ausgabe; Frankfurt, 1964, S. 549

      14 Gold

      Pierre schaute in die Runde: Zustimmende und gespannte Gesichter schauten ihn an. Er startete den Count-Down. Wie beim letzten Experiment sollte die Transmission wieder mit dem Sprung in die nächste Minute stattfinden. In den MF-Transmitter eins hatten sie eine Goldmünze, einen Maple Leaf49 mit einem Feingewicht von einer Unze50, gelegt. Sie wollten ja keinen Schrott über die Brücke schicken. Es war der erste Versuch, Materie in die andere Manifestation zu transferieren.

      Die Anzeige sprang auf 00, im gleichen Moment verschwand die Goldmünze. Theorie und Praxis waren korrekt. Nur bezüglich der Zielkoordinaten hatten sie eine willkürliche Wahl treffen müssen. Das Raum-Zeit-Gefüge der anderen Seite war ihnen völlig unbekannt. Sie schauten sich an, auf der einen Seite zufrieden, dass es geklappt hatte. Der Maple Leaf war weg. Aber andererseits hing etwas Unwohlsein im Raum. War das eine gute Sache oder hatten sie eine zerstörerische Aktion ergriffen? Die Frage war nicht zu beantworten. Während dessen lief die Uhr weiter.

      Bald war eine Minute um. Die Sekundenanzeige sprang von 59 auf 00. Da ertönte ein Alarmsignal. Auf dem Hauptscreen blendete sich die Kamera vom MF-Transmitter zwei ein. Sie trauten ihren Augen nicht. Da lagen zwei Goldmünzen. Mit dieser Reaktion hatte keiner gerechnet. Sie waren sprachlos.

      Maxim, wie immer kühl und sachlich, fasste sich als erster und wies einen Robot an, eine vergleichende Materialanalyse durchzuführen. Es dauerte einen Moment, bis dieser die Münzen mit den Standardverfahren untersucht hatte. Schließlich erschienen die Ergebnisse in zwei nebeneinanderliegenden Spalten auf dem Screen. Die linke Spalte war weiß hinterlegt, das war vielleicht ihre originale Münze, die rechte Spalte war grün hinterlegt, das konnte wohl die fremde Münze sein. Beide Spalten liefen im langsamen Lesetempo durch. Rechts blieb alles grün bis zum Ende. Jeder erkannte, dass die Münzen mit ihren Kenntnissen und Geräten offensichtlich nicht zu unterscheiden waren.

      Hätten sie zwei auf der Erde geprägte Münzen verglichen, wären geringfügige Unterschiede aufgetreten. Sie hatten eine ‚four nine‘ Maple Leaf benutzt.51 Ihre Reinheitsanalyse lief im Standardmodus über sechs Stellen. In den beiden letzten Stellen wären bei irdischen Münzen fabrikationsbedingte Differenzen aufgetreten. Eine derart gute Kopie einer Münze, wie sie hier aus der anderen Welt aufgetaucht war, konnte kein Mensch herstellen.

      Maxim legte die Münzen mit Hilfe des Robots in den MF-Transmitter eins.

      „Stop“, lies sich Lodo vernehmen. „Haben wir Möglichkeiten, die Münzen weiter zu untersuchen?“

      „Nein“, antwortete Pierre „wir haben alle Standardverfahren zur Materialanalyse in Fessenheim installiert. Ein externes Speziallabor können wir im Moment kaum beauftragen, ohne dass viele Fragen gestellt werden. Es gibt schon genug Leute, die uns argwöhnisch beobachten.“

      „Es liegt doch auf der Hand, was zu tun ist. Wir wiederholen das Experiment mit beiden Münzen. Haben wir dafür genügend Energie, Lodo?“ wollte Maxim wissen.

      Da sie alle von Natur aus sehr neugierig waren, gab Lodo sofort die Antwort: „Wenn es linear skaliert, reicht es für bis zu acht Münzen.“

      Ein ‚Dann los!‘ kam aus der Runde.

      Bei 00 verschwanden beide Münzen. Die Sekunden liefen gleichmäßig weiter. Was wird jetzt die Reaktion sein? Die Spannung im Raum vertrieb auch die letzte Spinne aus der hintersten Ecke. Ihr Berner hatte sich schon längst verdrückt. Keiner hatte ein Auge oder eine Hand für ihn. So zog er es vor, sich in das kalte Gewölbe des Weinkellers zu legen. Da war die Atmosphäre entspannter.

      Eine Minute konnte sehr lang sein. Endlich: Die Sekundenanzeige sprang wieder von 59 auf 00. Wieder ertönte laut das Alarmsignal. Auf dem Hauptscreen blendete sich erneut die Kamera von MF-Transmitter zwei ein. Sie trauten ihren Augen wieder nicht. Da lag nur eine Goldmünze. Mit dieser Reaktion hatte keiner gerechnet. Sie waren wieder sprachlos.

      Und nun? Jetzt könnte man die Münze wieder in MF-Transmitter eins legen und schauen, ob man zwei Münzen zurückbekäme und so das Spiel wiederholen. Dann hätte man tatsächlich Materie von Beta hier in Alpha. Aber das würde keine neue Erkenntnis bringen. Das von Beta geschickte Gold war von ihrem nicht zu unterscheiden. Watson Kiddies hatten alles