»Das siehst du gleich, aber ich kann es dir auch sagen: Gustavo Alejandro Pedro Borges. Ich rufe die Bilder auf, dann kannst du sie in Ruhe ansehen.«
Er drehte sein Tablet zu Tammy, die aufmerksam die unscharfen Bilder vom Reisepass studierte. »Das Gesicht kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich muss mal überlegen.«
Die Super-Recognizerin!
»Ich hab’s! Das ist ein argentinischer Tangotänzer. Der Name fällt mir allerdings nicht ein. Warte, ich recherchiere kurz.«
»Das geht sicher einfacher, wenn du seinen vollständigen Namen eingibst, den haben wir doch.«
»Okay, ich versuche es.« Nach wenigen Sekunden verkündete sie: »Nichts. Das darf doch nicht wahr sein.«
Sie gab »berühmte argentinische Tangotänzer« in die Suchmaschine ein. »Treffer!«, sagte sie.
»Sei nicht so laut, ich glaube, in diesem Haus gibt es viele Ohren.«
»Der Argentinier heißt mit Künstlernamen ›El Serio‹.«
»Das hat uns gerade noch gefehlt. Bist du dir wirklich sicher, dass das ein berühmter Tangotänzer ist?«
»Auf jeden Fall.«
»Du hättest doch auch mit seinem bürgerlichen Namen einen Treffer im Netz landen müssen.«
»Keine Ahnung, warum das nicht geklappt hat. Vielleicht hat er sich noch einen Alias-Namen oder Pseudonym zugelegt. Da müssten wir die ganzen Artikel durchackern. Viele sind in spanischer Sprache geschrieben, etliche auf Englisch, nur wenige auf Deutsch. Moment mal! Bei Wikipedia taucht tatsächlich ein anderer Name unter El Serio auf.«
»Nicht, dass du dich gewaltig irrst. Wobei ich zugeben muss, dass sich auch viele Literaten hinter Pseudonymen verstecken.«
»Wann ist Borges geboren?«
»8.3.1939.«
»Stimmt überein. Geburtsort?«
»Buenos Aires.«
»Stimmt auch. Glaub mir, das ist ein berühmter argentinischer Tangotänzer. Ich habe mit Georg Tango lernen wollen. Wir haben einen Kurs gebucht, haben Bücher gewälzt und bei YouTube Tangotänze angeschaut. Da findest du mehrfach Clips von diesem Mann und seiner Frau. Das ist El Serio, hundertprozentig. In Wikipedia steht, dass er schon mit 16 Jahren öffentlich aufgetreten ist, zusammen mit seiner Jugendliebe, die er später geheiratet hat. Ihr Spitzname lautet ›Diablesa negra‹: schwarze Teufelin. Wenn man sie tanzen sieht, strahlt sie tatsächlich etwas Diabolisches, Verführerisches aus. Beide gelten als Interpreten des klassischen argentinischen Tangos. Sie haben eine eigene Schule gegründet und vor zehn Jahren ihre Karriere beendet.«
»Das wird uns die Ermittlungen ziemlich erschweren. Warum hat uns darüber niemand informiert?«
»Ich rufe im Präsidium an. Das klärt sich bestimmt alles.«
Das Gespräch brachte sie nicht weiter. Im Polizeipräsidium wusste niemand davon, dass es sich bei dem Toten um einen berühmten argentinischen Tangotänzer handelte. Allerdings zweifelten sie wie Berger Tammys Behauptung an. Man habe seine Daten der argentinischen Vertretung in Deutschland weitergeleitet, die habe aber keinen Hinweis geliefert, dass es sich um einen berühmten Tangotänzer handele. Die Vertretung kümmere sich um alle Formalitäten und um die Überführung der Leiche, sobald die Ermittlungen abgeschlossen seien. Die argentinische Vertretung sei allerdings sehr reserviert und habe deutlich gemacht, dass sie von den deutschen Behörden eine zügige Behandlung der Angelegenheit erwarte.
Tammy regte sich über die »zügige Behandlung der Angelegenheit« auf. Als wäre der tote Argentinier nur eine Sache. Sie vermisste den Respekt vor dem Toten. Sie musste einräumen, dass die deutsche Behördensprache ebenfalls in vielen Fällen respektlos war und die Menschenwürde verletzte. Das galt auch für die Polizeiarbeit und die Berichte, die sie schreiben mussten. Sie räumten ihre Sachen zusammen und machten sich auf den Weg nach Oppenau.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.