Das Majorat. Hoffmann E. T.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hoffmann E. T.
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Повести
Год издания: 0
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hatte die robuste Jägerfarbe, und unerachtet die verzogenen Muskeln das Gesicht zu einer beinahe abenteuerlichen Maske formten, söhnte doch die etwas dümmliche Gutmütigkeit, die aus den Augen leuchtete und um den Mund spielte, alles wieder aus. „Nun, alter Franz”, fing der Großonkel an, indem er sich im Vorsaal den Schnee vom Pelze abklopfte, „nun, alter Franz, ist alles bereitet, sind die Tapeten in meinen Stuben abgestaubt, sind die Betten hineingetragen, ist gestern und heute tüchtig geheizt worden?” „Nein”, erwiderte Franz sehr gelassen, „nein, mein wertester Herr Justitiarius, das ist alles nicht geschehen.” „Herr Gott!” fuhr der Großonkel auf, „ich habe ja zeitig genug geschrieben, ich komme ja stets nach dem richtigen Datum; das ist ja eine Tölpelei, nun kann ich in eiskalten Zimmern hausen.” – „Ja, wertester Herr Justitiarius”, sprach Franz weiter, indem er sehr sorglich mit der Lichtschere von dem Docht einen glimmenden Räuber2 abschnippte und ihn mit dem Fuße austrat, „ja, sehn Sie, das alles, vorzüglich das Heizen, hätte nicht viel geholfen, denn der Wind und der Schnee, die hausen gar zu sehr hinein durch die zerbrochenen Fensterscheiben, und da” – „Was”, fiel der Großonkel ihm in die Rede, den Pelz weit auseinanderschlagend und beide Arme in die Seiten stemmend, „was, die Fenster sind zerbrochen, und Ihr, des Hauses Kastellan, habt nichts machen lassen?” – „Ja, wertester Herr Justitiarius”, fuhr der Alte ruhig und gelassen fort, „man kann nur nicht recht hinzu wegen des vielen Schutts und der vielen Mauersteine, die in den Zimmern herumliegen.” „Wo zum Tausendhimmelsapperment kommen Schutt und Steine in meine Zimmer?” schrie der Großonkel. „Zum beständigen fröhlichen Wohlsein, mein junger Herr!” rief der Alte, sich höflich bückend, da ich eben nieste, setzte aber gleich hinzu: „Es sind die Steine und der Kalk von der Mittelwand, die von der großen Erschütterung einfiel.” „Habt Ihr ein Erdbeben gehabt?” platzte der Großonkel zornig heraus. „Das nicht, wertester Herr Justitiarius”, erwiderte der Alte, mit dem ganzen Gesicht lächelnd, „aber vor drei Tagen ist die schwere, getäfelte Decke des Gerichtssaals mit gewaltigem Krachen eingestürzt.” „So soll doch das” – Der Großonkel wollte, heftig und aufbrausend, wie er war, einen schweren Fluch ausstoßen; aber indem er mit der Rechten in die Höhe fuhr und mit der Linken die Fuchsmütze von der Stirn rückte, hielt er plötzlich inne, wandte sich nach mir um und sprach, laut auflachend: „Wahrhaftig, Vetter! wir müssen das Maul halten, wir dürfen nicht weiterfragen, sonst erfahren wir noch ärgeres Unheil, oder das ganze Schloß stürzt uns über den Köpfen zusammen.” „Aber”, fuhr er fort, sich nach dem Alten umdrehend, „aber, Franz, konntet Ihr denn nicht so gescheut sein, mir ein anderes Zimmer reinigen und heizen zu lassen? Konntet Ihr nicht irgendeinen Saal im Hauptgebäude schnell einrichten zum Gerichtstage?” „Dieses ist auch bereits alles geschehen”, sprach der Alte, indem er freundlich nach der Treppe wies und sofort hinaufzusteigen begann. „Nun seht mir doch den wunderlichen Kauz”, rief der Onkel, indem wir dem Alten nachschritten. Es ging fort durch lange hochgewölbte Korridore, Franzens flackerndes Licht warf einen wunderlichen Schein in die dicke Finsternis. Säulen, Kapitäler und bunte Bogen zeigten sich oft wie in den Lüften schwebend, riesengroß schritten unsere Schatten neben uns her, und die seltsamen Gebilde an den Wänden, über die sie wegschlüpften, schienen zu zittern und zu schwanken, und ihre Stimmen wisperten in den dröhnenden Nachhall unserer Tritte hinein: „Weckt uns nicht, weckt uns nicht, uns tolles Zaubervolk, das hier in den alten Steinen schläft!” – Endlich öffnete Franz, nachdem wir eine Reihe kalter, finstrer Gemächer durchgangen, einen Saal, in dem ein hellaufloderndes Kaminfeuer uns mit seinem lustigen Knistern wie mit heimatlichem Gruß empfing. Mir wurde gleich, sowie ich eintrat, ganz wohl zumute, doch der Großonkel blieb mitten im Saal stehen, schaute ringsumher und sprach mit sehr ernstem, beinahe feierlichem Ton: „Also hier, dies soll der Gerichtssaal sein?” – Franz, in die Höhe leuchtend, so daß an der breiten dunklen Wand ein heller Fleck, wie eine Türe groß, ins Auge fiel, sprach dumpf und schmerzhaft: „Hier ist ja wohl schon Gericht gehalten worden!” „Was kommt Euch ein, Alter?” rief der Onkel, indem er den Pelz schnell abwarf und an das Kaminfeuer trat. „Es fuhr mir nur so heraus”, sprach Franz, zündete die Lichter an und öffnete das Nebenzimmer, welches zu unsrer Aufnahme ganz heimlich bereitet war. Nicht lange dauerte es, so stand ein gedeckter Tisch vor dem Kamin, der Alte trug wohlzubereitete Schüsseln auf, denen, wie es uns beiden, dem Großonkel und mir, recht behaglich war, eine tüchtige Schale nach echt nordischer Art gebrauten Punsches folgte. Ermüdet von der Reise, suchte der Großonkel, sowie er gegessen, das Bette; das Neue, Seltsame des Aufenthalts, ja selbst der Punsch, hatte aber meine Lebensgeister zu sehr aufgeregt, um an Schlaf zu denken. Franz räumte den Tisch ab, schürte das Kaminfeuer zu und verließ mich mit freundlichen Bücklingen.

      Nun saß ich allein in dem hohen, weiten Rittersaal. Das Schneegestöber hatte zu schlackern, der Sturm zu sausen aufgehört, heitrer Himmel war's geworden, und der helle Vollmond strahlte durch die breiten Bogenfenster, alle finstre Ecken des wunderlichen Baues, wohin der düstere Schein meiner Kerzen und des Kaminfeuers nicht dringen konnte, magisch erleuchtend. So wie man es wohl noch in alten Schlössern antrifft, waren auf seltsame altertümliche Weise Wände und Decke des Saals verziert, diese mit schwerem Getäfel, jene mit phantastischer Bilderei und buntgemaltem, vergoldetem Schnitzwerk. Aus den großen Gemälden, mehrenteils das wilde Gewühl blutiger Bären– und Wolfsjagden darstellend, sprangen in Holz geschnitzte Tier– und Menschenköpfe hervor, den gemalten Leibern angesetzt, so daß, zumal bei der flackernden, schimmernden Beleuchtung des Feuers und des Mondes, das Ganze in graulicher Wahrheit lebte. Zwischen diesen Gemälden waren lebensgroße Bilder, in Jägertracht daherschreitende Ritter, wahrscheinlich der jagdlustigen Ahnherren, eingefugt. Alles, Malerei und Schnitzwerk, trug die dunkle Farbe langverjährter Zeit; um so mehr fiel der helle kahle Fleck an derselben Wand, durch die zwei Türen in Nebengemächer führten, auf; bald erkannte ich, daß dort auch eine Tür gewesen sein müßte, die später zugemauert worden, und daß ebendies neue, nicht einmal der übrigen Wand gleich gemalte oder mit Schnitzwerk verzierte Gemäuer auf jene Art absteche. – Wer weiß es nicht, wie ein ungewöhnlicher, abenteuerlicher Aufenthalt mit geheimnisvoller Macht den Geist zu erfassen vermag, selbst die trägste Phantasie wird wach in dem von wunderlichen Felsen umschlossenen Tal, in den düstern Mauern einer Kirche oder sonst, und will sonst nie Erfahrnes ahnen. Setze ich nun noch hinzu, daß ich zwanzig Jahr alt war und mehrere Gläser starken Punsch getrunken hatte, so wird man es glauben, daß mir in meinem Rittersaal seltsamer zumute wurde als jemals. Man denke sich die Stille der Nacht, in der das dumpfe Brausen des Meers, das seltsame Pfeifen des Nachtwindes wie die Töne eines mächtigen, von Geistern gerührten Orgelwerks erklangen – die vorüberfliegenden Wolken, die oft, hell und glänzend, wie vorbeistreifende Riesen durch die klirrenden Bogenfenster zu gucken schienen – in der Tat, ich mußt' es in dem leisen Schauer fühlen, der mich durchbebte, daß ein fremdes Reich nun sichtbarlich und vernehmbar aufgehen könne. Doch dies Gefühl glich dem Frösteln, das man bei einer lebhaft dargestellten Gespenstergeschichte empfindet und das man so gern hat. Dabei fiel mir ein, daß in keiner günstigeren Stimmung das Buch zu lesen sei, das ich so wie damals jeder, der nur irgend dem Romantischen ergeben, in der Tasche trug. Es war Schillers „Geisterseher”. Ich las und las und erhitzte meine Phantasie immer mehr und mehr. Ich kam zu der mit dem mächtigsten Zauber ergreifenden Erzählung von dem Hochzeitsfest bei dem Grafen von V. – Gerade wie Jeronimos blutige Gestalt eintritt, springt mit einem gewaltigen Schlage die Tür auf, die in den Vorsaal führt. – Entsetzt fahre ich in die Höhe, das Buch fällt mir aus den Händen. Aber in demselben Augenblick ist alles still, und ich schäme mich über mein kindliches Erschrecken! – Mag es sein, daß durch die durchströmende Zugluft oder auf andere Weise die Tür aufgesprengt wurde. – Es ist nichts – meine überreizte Phantasie bildet jede natürliche Erscheinung gespenstisch! – So beschwichtigt, nehme ich das Buch von der Erde auf und werfe mich wieder in den Lehnstuhl – da geht es leise und langsam mit abgemessenen Tritten quer über den Saal hin, und dazwischen seufzt und ächzt es, und in diesem Seufzen, diesem Ächzen liegt der Ausdruck des tiefsten menschlichen Leidens, des trostlosesten Jammers. – Ha! das ist irgendein eingesperrtes krankes Tier im untern Stock. Man kennt ja die akustische Täuschung der Nacht, die alles entfernt Tönende in die Nähe rückt – wer wird sich nur durch so etwas Grauen erregen lassen. – So beschwichtige ich mich aufs neue, aber nun kratzt es, indem lautere, tiefere Seufzer, wie in der entsetzlichen Angst der Todesnot ausgestoßen, sich hören lassen,


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Räuber – das verkohlte, glühend abstehende Dochtende einer brennenden Kerze. [przypis edytorski]