Die junge Gräfin 25 – Adelsroman. Michaela Dornberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Серия: Die junge Gräfin
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740966508
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sondern er ist für sie eine Trophäe, die sie stolz herumzeigen kann. Sie haben überhaupt keine gemeinsamen Interessen, wenn er von der Sonne spricht, spricht sie vom Mond.«

      »Halt, stop mal, Sabrina«, wandte Alexandra ein. »Da muss schon mehr zwischen ihnen sein. Ein Außenstehender kann das eh nicht beurteilen. Der kann das nur subjektiv sehen. Aber du hast ja schon recht, es bringt nichts, jetzt alles zu zerreden …, ich hoffe ja noch immer, dass sie ihm den Laufpass geben wird.«

      »Alexandra, träum weiter. Das Leben ist kein Honigtopf, in den man bei Bedarf hineinlangen kann. Papa hat dir Waldenburg anvertraut, du bist diejenige, die unser Haus in die nächste Generation führen darf. Du bist in geschäftlichen Dingen eine knallharte Partnerin, dir kann niemand etwas vormachen. Bitte, verrate mir mal, was da im emotionalen Bereich bei dir schiefgelaufen ist. Warum hast du diese spätpubertären Vorstellungen von Liebe und Moral?«

      »Weil ich bedenkenlos in jeden Spiegel schauen möchte, ohne dabei Schuldgefühle haben zu müssen. Wir leben in einer Gesellschaft, die streckenweise keine hohen moralischen Ansprüche mehr hat an das, was das Leben wirklich ausmacht – und daran ist zum Teil die Werbung schuld. Aussprüche wie Geiz ist geil, ich bin doch nicht blöd, machen etwas mit den Menschen. Personen, von denen man eine Vorbildfunktion erwartet, an die man einen hohen moralischen Anspruch hat, versinken in einem Netz von Lügen, der Korruption … Sorry, Sabrina, ich kann mit so etwas nicht umgehen, und man kann die Gesellschaft nicht verändern, wenn man nicht bei sich selbst anfängt …, aber warum ereifere ich mich eigentlich wieder mal. Ich werde die Welt nicht verändern, und deswegen ist es auch müßig, darüber zu sprechen. Lange Rede kurzer Sinn, ich liebe Joachim von Bechstein, es ist über mich gekommen wie ein Blitzschlag, und ich weiß, dass es so etwas, wo Herz und Seele sich berühren, nicht andauernd vorkommt, aber …«

      »Halt, hör auf, Alexandra. Ich kenne dich mein Leben lang, also lange genug um zu wissen, dass es überhaupt nichts bringt, mit dir jetzt weiterzureden. Kommt Zeit, kommt Rat. Der liebe Gott, das Schicksal, die Vorsehung oder wie immer du es auch nennen magst, wird dich auf den richtigen Weg bringen. Und wenn du auf dieser Spur bist, wird alles ganz einfach werden, dann gibt es keine Widerstände mehr, alles fügt sich, wie bei einem Puzzle, Steinchen um Steinchen zu einem fertigen Bild. Damit alles so eintreffen kann, darfst du dich nicht verweigern, sondern du musst dich dem Fluss des Lebens hingeben, und dann kannst du davon ausgehen«, sie stockte, stieß einen kleinen Schrei aus, der Alexandra veranlasste, sich besorgt zu erkundigen: »Sabrina, was ist los?«

      »Elisabethchen ist wach geworden, und jetzt blickt sie mich aus ihren blauen Sternenaugen an und strahlt mich an …, wie schade, dass ich jetzt keinen Fotoapparat dabei habe.«

      Mütter, dachte Alexandra, wenn sie so begeistert waren wie ihre Schwester, dann vergaßen sie alles, sogar ihre angefangenen Sätze zu beenden.

      Kinder waren aber auch etwas so Schönes. Sie wünschte sich selber welche. Doch dazu fehlte ihr leider der entsprechende Ehemann.

      Joe wäre ganz gewiss ein hingebungsvoller Vater. Er konnte gut mit Kindern umgehen, das hatte sie mehr als nur einmal bemerkt, und Kinder hatten einen sicheren Instinkt dafür, wer es ehrlich meinte und ihnen wirklich Gefühle ­entgegenbrachte und nicht nur so tat.

      Ihre kleinen Nichten hingen mit abgöttischer Liebe an Joe.

      »Dann kümmere dich jetzt um deine kleine Tochter mit den Sternenaugen«, sagte Alexandra. »Wir können morgen wieder miteinander telefonieren.«

      »Gern, kleine Schwester«, antwortete Sabrina, »aber du musst mir versprechen, dass das Thema Joachim von Bechstein ein Tabu bleiben wird.«

      Das war nun überhaupt nicht in Alexandras Sinn, und das konnte sie auch nicht versprechen. Mit wem sonst als mit Sabrina konnte sie über Joe reden? Ihre Freundin Liliane fiel ihr ein, und die würde sie gleich anrufen.

      »Sabrina, ich bitte dich«, ließ sie sich ein Hintertürchen offen, »für ein Gespräch unter Schwestern müssen wir doch keine Tagesordnungspunkte festlegen … Gespräche entwickeln sich, haben eine Eigendynamik … Wenn es dich jedoch beruhigt, dann verspreche ich, von mir aus nicht mit dem Thema anzufangen.«

      »Das sagst du so großherzig«, lachte Sabrina, »weil du insgeheim hoffst, dass ich davon anfangen werde … So, nun wirklich genug geplaudert, gleich wird mein Sonnenscheinchen anfangen zu schreien. Die Kleine muss nämlich gleich ihr Fläschchen kriegen, und wenn sie hungrig ist, da kann sie brüllen wie ein Löwe in seinem Käfig. Bis morgen dann, Alexandra, und denke daran …, alles wird gut.«

      Alexandra hätte jetzt gern geantwortet – dein Wort in Gottes Ohr, doch das verkniff sie sich, weil sie es so oft gebraucht hatte, dass es mittlerweile abgedroschen klang.

      »Bis morgen, Sabrina …, und danke für deinen Anruf …, und grüß Elmar von mir und knuddele die anderen drei Sonnenscheinchen auch von mir.«

      Sie legte auf, dann erhob sie sich aus ihrem Sessel und trat erneut ans Fenster.

      Das Gewitter hatte sich wirklich verzogen, nur der Regen prasselte unvermindert stark und klatschte, getrieben vom Wind, gegen die Scheiben.

      Alexandra bemerkte, dass ein Blitz in einen der großen, alten Magnolienbäume eingeschlagen war und ihn gespaltet hatte.

      Schade um den Baum, sie hatte ihn sehr gemocht, und sie würde seine Blütenpracht vermissen.

      Alles war vergänglich …

      Doch besser ein Einschlag in einem Baum, mochte er noch so prächtig sein, als im Schloss. Da wären die Folgen fataler gewesen.

      Und so konnte man alles von zwei Seiten betrachten.

      Doch ehe sie anfing darüber so philosophieren, ging sie zu ihrem Sessel zurück und griff erneut nach dem Telefon, um ihre Freundin Liliane anzurufen.

      *

      Liliane musste direkt neben dem Telefon gesessen haben, denn es hatte keine dreimal geklingelt, als sie sich meldete.

      »Grüß dich, Lil, schön, dass ich dich sofort erreiche«, sagte Alexandra.

      »Wer spricht da bitte?«, erkundigte Liliane sich. »Mit wem spreche ich?«

      Was sollte das denn?

      »Lil, was soll der Quatsch, du weißt doch, wer ich bin …, deine allerbeste Freundin Alexandra.«

      »Alexandra?«, wiederholte Liliane gedehnt. »Ach so, ja, natürlich, irgendwann gab es in meinem Leben diese Freundin, aber das liegt Ewigkeiten zurück. Ich kann mich kaum noch erinnern.«

      Alexandra war nicht in der Verfassung, jetzt Spielchen zu spielen, natürlich wusste sie, dass Lil sie aufziehen wollte, nur danach war ihr wirklich nicht zumute.

      »Hallo, liebe Freundin, lässt dein Gedächtnis bereits so sehr nach? Wir haben erst vor ein paar Tagen miteinander telefoniert, und dass dieses Telefonat so kurz war, lag einzig und allein daran, dass du mit deinem Liebsten weggehen wolltest und keine Zeit für mich hattest … Wo steht übrigens geschrieben, dass immer ich diejenige sein muss, die anruft? Es gibt auch eine direkte Leitung von Kaimburg nach Waldenburg.«

      Liliane lachte.

      »Hör auf, Alex, jetzt bitte keine Schuldzuweisungen, wenn du willst, schütte ich Asche über mein Haupt …, hat bei euch das Gewitter auch so getobt? Hier hat es einige heftige Einschläge gegeben, die Feuerwehr war pausenlos im Einsatz … Mir haben ganz schön die Knie geschlottert, denn das Gewitter war direkt über uns, mannomanno. So was habe ich überhaupt noch nicht erlebt.«

      »Ja, es war wirklich heftig, und ich hatte auch Angst …, oder Angst vielleicht nicht. Es war mir unheimlich, und ich hatte ebenfalls das Gefühl, dass es sich direkt über dem Schloss austobte …, so weit ich übersehen kann, ist nichts weiter passiert. Aber es hat den wunderschönen alten Magnolienbaum getroffen, den neben der Terrasse.«

      »Also dicht beim Schloss …, sieh es mal so …, er hat sich geopfert, um größeren Schaden zu verhindern.«

      Darauf wollte Alexandra nun nicht eingehen, denn das war wohl ein wenig