Fiona - Spinnen. Zsolt Majsai. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Zsolt Majsai
Издательство: Bookwire
Серия: Die Kristallwelten-Saga
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783956673450
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herum baumelnde Hand betrachtet. Lustigerweise ist die Haut an keiner Stelle verletzt, der Knochen also sauber gebrochen. Kein Wunder, er hat ja nichts, was ihn schützen könnte. Im Kampfsport hatte ich ähnliche Verletzung schon oft gesehen. Nicht selten ist es ein Fuß, der so unnütz in der Gegend hängt. Meist eine schmerzhafte Angelegenheit. Ich selbst hatte nie dieses Pech, was wohl auch meinen Fähigkeiten als Kriegerin gelegen haben dürfte. Dafür bin ich durchaus dankbar, habe jedoch oft genug bei anderen Gelegenheiten ganz andere Schmerzen erfahren dürfen.

      „Wir fangen jetzt einfach mal von vorne an“, schlage ich vor. „Wie heißt du denn? Und antworte anständig, sonst reiße ich dir die Hand ganz ab, dann bist du sie endgültig los. Jetzt ist nur der Knochen gebrochen, vielleicht ein, zwei Sehnen im Arsch, aber durchaus reparabel. Also?“

      „Sivan“, antwortet der Gefragte. Seine Augen verraten den Schockzustand.

      „Sehr gut, Sivan. Und der Große da?“

      „Zoka.“

      „Das klappt ja sehr gut“, stelle ich erfreut fest. „Und jetzt möchte ich, dass ihr mich zu demjenigen bringt, der hier das Sagen hat. Schafft ihr das?“

      „Ja … Das ist Baro Gon.“

      „Baro Gon? Mann oder Frau?“

      „Ein Mann.“ Er sieht mich irritiert an, durch den Tränenschleier.

      „Na gut. Geht einfach vor. Und keine Dummheiten, ich habe noch einige Tricks auf Lager. Auch schmerzhafte.“

      Ich scheine sie überzeugt zu haben, denn sie gehorchen ohne Widerrede. Ich freue mich, dass endlich mal etwas so läuft, wie ich es möchte. In letzter Zeit kam das nicht sehr oft vor.

      Jetzt bin ich mal gespannt auf Baro Gon. Komischer Name. Na ja, hier ist ja einiges komisch.

      Ich bin beeindruckt, denn ich habe nicht erwartet, in einer Szene von „Straßen in Flammen“ zu landen. Genauso komme ich mir aber vor. Wow. Im Film ist ja das Künstliche Absicht, zumindest gehe ich davon aus. Habe Walter Hill ja nie danach gefragt. Was auch daran liegt, dass wir uns nur einmal kurz begegnet sind, als ich bereits CEO und als Gast zu einem Film-Festival eingeladen war. Wir haben uns kurz die Hände geschüttelt und irgendwelche bedeutungslose Nettigkeiten erzählt. Hätte ich ihn bloß gefragt, dann wäre ich heute schlauer.

      Wenn jetzt Baro Gon auch noch eine Latzhose aus Leder trägt, drehe ich durch. Vor Lachen. Ich mag Dafoe als Schauspieler echt gern. Aber diese Latzhose, die ging ja gar nicht.

      Im Moment laufe ich hinter der seltsamen Gruppe her. Zoka ist wieder bei Bewusstsein, aber er geht irgendwie schief. Kann ich gut verstehen. Wäre ich ein Kerl, würde ich vermutlich nach diesem Tritt auch so laufen.

      Skurriler ist Sivan, der mit der linken Hand seinen rechten Unterarm festhält und auf diese Weise die gebrochen vor sich her baumelnde Hand zur Schau trägt. Eigentlich müsste ihm das ziemlich wehtun, aber davon ist nichts zu sehen. Erstaunlich, dass ein vorgeblich harter Kerl von so einer Kleinigkeit einen derartigen Schock bekommt. Da habe ich aber Soldaten mit ganz anderen Verletzungen auf den Schlachtfeldern kämpfen sehen. In Marbutan.

      Die Jungs bleiben vor einem der größeren Blöcke stehen. Vor dem breiten Eingang lungern weitere Jungs und auch einige Mädchen herum. Sie stieren uns und vor allem Sivan an, einige lachen. Wenn die nicht zugedröhnt sind bis unter die Schädeldecke, dann gibt es hier keine Drogen, weil sie keine brauchen, um völlig blöd zu werden.

      „Das ist Kreo“, sagt Sivan. „Da drin ist Baro, aber zu ihm können wir doch nicht bringen.“

      „Wieso nicht? Möchtest du auch deinen anderen Arm brechen?“

      „Selbst wenn du mir jeden Knochen brichst, kann ich dich nicht zu Baro bringen. Da drin ist sein Reich. Es sind vier Kreos und wir dürfen nur in die vierte Kreo.“

      „Kannst du dich bitte so ausdrücken, dass ich dich verstehe?“

      „Baro ist ein wichtiger Mann und darum gibt es einige, die ihn töten wollen. Also hat er hier alles abgesichert und mehrere Blöcke zusammengebaut. In der Mitte ist die erste Kreo, da dürfen nur ganz wenige rein. Dann kommen die zweite, dritte und vierte Kreo. In die vierte Kreo darf fast jeder. Der Übergang zu jeder Kreo wird bewacht und wenn jemand versucht, da durchzukommen, wird er erschossen.“

      „Ich verstehe. Euer Baro hat Schiss und sich verbarrikadiert.“

      „Er hat vor niemandem Angst“, erwidert Zoka.

      „Du hältst dich ja mal ganz raus, wenn Erwachsene sich unterhalten, klar? Sei froh, wenn du irgendwann wieder pissen kannst, ohne dass du schreien musst vor Schmerzen.“

      Er sieht mich an, als würde er darüber nachdenken, erneut auf mich loszugehen. Ich werfe einen lächelnden Blick auf seine Körpermitte, das hilft. Er macht einige Schritte zurück.

      Ich wende mich an Sivan: „Ich nehme mal an, keiner von euch kann mich dann zu Baro bringen. Richtig?“

      Er nickt.

      „Warum zum Teufel hast du mich dann hergebracht?“

      „Du wolltest zu Baro!“

      „Ich wollte zu jemandem, der was zu sagen hat hier!“

      „Und das ist Baro!“

      „Aber du kannst mich nicht zu ihm bringen“, sage ich leise. Hier muss irgendetwas in der Luft sein, was die Leute verblöden lässt. Oder sind sie von Geburt an so? Das wäre ja echt übel.

      „Zu ihm direkt nicht. Aber ich kann dich zu den Vertrauten bringen und die zu Baro.“

      „Aha. Warum sagst du das nicht gleich?“

      „Du hast mich nicht gelassen, sondern gleich mit Knochenbrüchen gedroht!“

      Okay, Schätzchen, du kannst ihm jetzt natürlich noch ein paar Knochen brechen. Aber sieh doch ein, er macht das nicht mit Absicht. Mehr kann er einfach nicht. Wieso willst du jetzt damit anfangen, Menschen für ihre unverschuldete Blödheit zu bestrafen? Ganz abgesehen davon, dass du hier keine Kriegerin bist. Nur ein Eindringling. Oder so.

      Halt die Klappe, sage ich meiner Stimme im Kopf missmutig und schenke Sivan ein Lächeln.

      „Bring mich einfach zu den Vertrauten und sei dabei möglichst still.“

      Ich bin gespannt auf die Vertrauten. Das hört sich irgendwie nach einer Art innerem Zirkel an. Gangbildung auf die Art eines Bahnhofs? Zumindest eines riesigen Bahnhofs? Also, eines wirklich sehr, sehr großen Bahnhofs, um genau zu sein. Während ich dem Jungen mit dem gebrochenen Unterarm folge, wird mir immer bewusster, dass die Menschen in dieser Welt offensichtlich keine Sonne kennen. Keinen Himmel. Gut, die Menschen eine Ebene höher ja auch nicht, aber da gab es trotzdem so was wie frische Luft. Es gab Wälder und Wiesen. Es gab Wetter. Und es gab Licht, das irgendwie schon Ähnlichkeit mit dem Sonnenlicht hatte.

      Aber hier?

      Da muss man ja verrückt werden, ich sehe es ein.

      Sowieso dürfte deren Biologie oder wenigstens die Physiologie von meiner abweichen, denn ein Mensch … Okay, ich bin ein schlechtes Beispiel, auch meine Physiologie ist definitiv anders als die von „normalen Menschen“, wie ich sie mal auf der Erde gekannt habe. Jedenfalls benötigten die Erdlinge zum Beispiel Vitamin D und dafür wiederum die Sonne. Brauchen die hier kein Vitamin D oder wird es einfach nur anders hergestellt? Vielleicht ist das Licht hier nur scheinbar dem Neonlicht oder LED-Licht ähnlich, das ich von der Erde kenne. Kannte. Vielleicht enthält es eine Komponente, die für die Bildung von Vitamin D sorgt. Irgendwie.

      Andererseits, die Götter können einfach Vitamin D weggelassen haben, ohne dass sich etwas ändert. So was können sie schließlich. Sind ja Götter.

      Scheißverfluchte Götter.

      Ich sollte nicht mehr über sie nachdenken, sonst werde ich nur wütend. Und depressiv. Und verzweifelt. Alles gleichzeitig.

      „Wir sind da“, sagt Sivan.

      Ich