Im siebten Himmel ist ruh. Arna Aley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Arna Aley
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783961194841
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entgegen zu nehmen.

      CELINE

      Ich dachte, sie wollten sich umziehen. Nach einer Reise hat man immer das Bedürfnis, sich umzuziehen. Nehmen Sie die Bluse, ich schenke sie Ihnen. Ich habe die Bluse nur zwei oder drei Mal angehabt, sie ist noch ganz neu. Und, wie gesagt, frisch gewaschen ist sie auch. Man muss sie nach jedem Tragen waschen.

      CLAUDIA

      (nimmt zögerlich das Geschenk an, unsicher) Danke.

      CELINE

      Bedanken Sie sich nicht lange, ziehen Sie sich um.

      CLAUDIA

      Soll ich sie wirklich anziehen? Und wenn Roberto zurückkommt?

      CELINE

      Es geht doch schnell. Den Pulli aus, die Bluse an. Ich stelle mich solange an die Tür.

      CLAUDIA

      Ich meine, was wird er sagen, dass ich die Bluse von seiner Mutter trage.

      CELINE

      Männer merken so was nicht. Roberto ist inzwischen ein richtiger Mann geworden.

      Claudia zieht sich zögerlich um.

      CELINE

      (stellt sich an die Tür) Was für ein Deo benutzen Sie?

      CLAUDIA

      Ich?

      CELINE

      Man schwitzt schon ganz schön darin.

      CLAUDIA

      (prustet vor Lachen) Ich benutze gar kein Deo.

      CELINE

      Sind Sie allergisch gegen Deos?

      CLAUDIA

      Ich bin nicht allergisch, ich benutze einfach kein Deo.

      CELINE

      Das habe ich auch gelesen, dass die ganzen Scheidungen, die ganzen kranken Kinder, die ganzen Neurosen, die ganzen Nervenzusammenbrüche nur daher kommen, dass die Leute sich mit verschiedenem chemischen Zeug besträuben. Das ist so ein Quatsch alles. Angeblich findet man den richtigen Partner nicht, weil der natürliche Körpergeruch von den verschiedenen Duftstoffen verdeckt wird. Man kann sich nicht mehr beriechen, haben die geschrieben. (geht auf Claudia zu) Riechen Sie an mir!

      CLAUDIA

      Was soll ich machen?

      CELINE

      Ich laufe an Ihnen vorbei und Sie sollen die Geruchswolke riechen. Einfach riechen.

      CLAUDIA

      Sind wir im Zoo oder wie?

      CELINE

      Wenn Sie lachen, werden Sie nichts riechen. Wonach rieche ich?

      CLAUDIA

      Nach Schweiß gemischt mit Polyesterstoff, nehme ich an.

      CELINE

      Eben nicht, aber das ist es genau, das wäre mein natürlicher Geruch. Möchten Sie den Partner haben, der auf so einen Geruch steht?

      (Claudia prustet)

      Was ist?

      CLAUDIA

      Sie laufen irgendwie komisch.

      CELINE

      Finden Sie das auch? Oma Franzi –

      CLAUDIA

      Habe ich schon zwei Gemeinsamkeiten mit Oma Franzi oder wie?

      CELINE

      Oma Franzi sagt, wenn ich laufe, sieht es so aus, als ob ich Angst hätte, dass mir jeden Moment ein Arschtritt verpasst werden könnte, und wenn ich noch etwas aus meinem Leben machen möchte, sollte ich laufen, wie eine Frau, die weiß, dass ihr die Männer nachschauen.

      CLAUDIA

      Haben Sie das versucht?

      CELINE

      Mir schaut keiner nach. Eigentlich bin ich froh darüber, dass mir keiner nachschaut, weil ich nie sicher bin, ob meine Strumpfhose nicht wieder eine Laufmasche hat. Ich kann mich nicht erinnern, dass es auch früher so war. Ich glaube, früher hatten die Strumpfhosen einfach bessere Qualität. Ich war schon immer sehr streng, was die Laufmaschen betrifft, aber jetzt – Wissen Sie, ich hasse es, wenn die Lebensumstände den Charakter eines Menschen beeinträchtigen. Ich hasse es wirklich. Früher, sobald ich eine Laufmasche entdeckt habe, bin ich in den nächsten Laden gerannt und habe mir eine neue Strumpfhose gekauft, und dann bin ich zur nächsten öffentlichen Toilette gerannt, in der Hand die neue Strumpfhosenpackung, damit alle sehen, dass jetzt eine Notsituation ist, dass es für mich nicht üblich ist, mit einer Laufmasche rumzulaufen, dass ich gerade auf dem Weg bin, nach einer öffentlichen Toilette zu suchen, und sobald ich sie gefunden habe, werde ich die alten Strumpfhosen ausziehen, wegwerfen und die neuen anziehen. Man hat oftmals eine Frau mit einer neuen Strumpfhosenpackung in der Hand die Straße entlang rennen sehen. Und wenn man wusste, wo die nächste öffentliche Toilette ist, hat man es ihr gezeigt, ohne dass sie danach gefragt hätte. Und sie bedankte sich mit einem Lächeln. Und man lächelte zurück. Nur unter Frauen, natürlich, Männer hatten damit nichts zu tun. Obwohl, das ist vielleicht das Einzige, was ein Mann an einer Frau bemerkt: Eine Laufmasche. (Pause) Wissen Sie, das war ein ganz anderes Leben.

      CLAUDIA

      Ich sehe gerade, dass meine Strumpfhosen auch eine Laufmasche haben und der Kofferverschluss klemmt immer noch.

      CELINE

      Oma Franzi sagt, er kann gar nicht Robertos Vater sein, aber – Roberto hat genau die gleichen Lippen wie er. Schauen Sie sich die Lippen an, die sind wirklich außergewöhnlich für – wie Sie so schön sagten – Für das Klima hier.

      (Claudia prustet vor Lachen.)

      CELINE

      Er ist ein Italiener. Roberto lernt auch Italienisch. Jetzt kommen immer mehr Italiener hierher. Die sind hier stationiert. Wir haben einen Exerzierplatz, der sehr gut ausgestattet ist. Deswegen kommen die Italiener hierher. Zum Üben. Ich bin echt froh, dass Roberto kein Mädchen ist, er fühlt sich so von denen angezogen. Er geht direkt nach der Schule in das italienische Café und sitzt dort bis zum Abend. Manchmal gehe ich einfach dahin, um ihn abzuholen. Dann ärgert er sich. Aber er will doch Medizin studieren, er braucht Zeit zum Lernen. Vor allem Latein. Er ist ganz schlecht in Latein. Es ist nicht so, dass er sprachunbegabt ist oder kein Interesse daran hat, nein. Italienisch lernt er gerne. Aber was kann er mit Italienisch werden?

      CLAUDIA

      Dolmetscher. (prustet vor Lachen)

      CELINE

      Ein Schwuler wird aus ihm werden, wenn er jeden Abend in dem italienischen Café verbringt. Die werden uns noch ins Unglück stürzen, diese Italiener.

      CLAUDIA

      Wenn sie hier auch weiter stationiert werden, werden sie auch Dolmetscher brauchen. Das ist vielleicht gar nicht schlecht für ihn. Vielleicht will er kein Arzt werden. Ist er auch jetzt dort? In dem Café?

      CELINE

      Wo denn sonst. Das ist es eben, dass man hier als junger Mensch gar keine Wahl hat, wo man hingeht. Es gibt nur das eine Café. Und dort hocken die Italiener Tag und Nacht. Weil sie nichts zu tun haben, und weil ein Italiener, auch wenn er nur ein Soldat ist, immer noch mehr Geld hat als unsereins, der arbeitet. Ich als Lehrerin kann mir nicht leisten, in das Café zu gehen und Eis zu essen. Und Roberto mag so gerne Eis. Und ich habe ihm auch jedes Mal, wenn ich in die Stadt einkaufen gefahren bin, eine Fünfhundert-Gramm-Packung Milcheis mitgebracht. Das mochte er immer am liebsten: Einfaches Milcheis aus der örtlichen Herstellung mit selbsteingekochten Kirschen. Die Eiswurst hat er mit einem Filzstift in sieben Scheiben aufgeteilt und über die Woche verteilt gegessen. Ich erzähle Ihnen das als eine Selbstverständlichkeit, aber vielleicht haben Sie so eine Eiswurst noch nie gesehen. Ich glaube, sie werden nur bei uns hergestellt. (holt aus dem Kühlschrank eine „Eiswurst“) Hier, sehen Sie, sieht wie eine dicke Wurst aus.

      CLAUDIA

      Und