Die Sommernachtsträumer. Henry Mason. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Henry Mason
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783961192601
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      MARIE(schrubbt an seinem Gesicht herum) Was ist das jetzt, Tinte? Ach ...

      WILLEMHeidelbeeren? Ist aber auch albern, an einem Samstag die Sonntagssachen anzuziehen. Gehen wir den König besuchen oder den Papst oder so?

      MARIESind das die Kirchturmglocken?

      WILLEMMam! Hör doch einmal zu! Wieso habe ich die guten Schuhe an?

      MARIEDas frage ich mich auch, so lange wie du gebraucht hast, sie anzuziehen.

      WILLEMDa waren so viele kleine Feen drin, winzig kleine, die hab ich erst ausleeren müssen.

      MARIESo, komm, wir müssen rennen, es hilft nichts.

      WILLEMErst-wenn-du-mir-sagst-wo-hi-hin!

      MARIEWohin, wohin? Zur Kirche. Komm!

      WILLEMDie Kirche ist im Dorf und da solltest du sie auch lassen.

      MARIENicht die Dorfkirche. Die von der Herrschaft, bei der Herzogseiche oben.

      WILLEMWieso? Wieso-ho?

      MARIEWegen der Hochzeit natürlich! Jetzt setz deinen Hintern in Bewegung! Weißt du, wie spät wir schon dran sind, wegen dir und deinen Schuhen?

      WILLEMWegen den vielen kleinen Feen.

      MARIEGibt keine Feen.

      WILLEMTrotzdem wollte ich sie nicht plattdrücken.

      MARIEEs gibt keine Feen, Willem.

      WILLEMDie wohnen im Wald, weißt du? Mam, ich will auf keine Hochzeit. Hochzeiten sind langweilig. Ich will ins Dorf und nochmal den Tanzbären sehen. Ich hab mir nämlich was ausgedacht, ich leg mir auch so einen Bären zu, Mam, mit dem kann ich dann durch die Dörfer ziehen und überall meine Geschichten erzählen und meine Lieder singen und mit dem Bären dazu tanzen, und irgendwann bin ich reich und berühmt, weil ich mir so gut Dinge ausdenken kann.

      MARIEWenn wir dann bei der Kirche oben sind, hältst du den Mund und sagst nur ganz, ganz höfliche Dinge, verstanden?

      WILLEMGleichzeitig?

      MARIE(für sich) Heilige Agnes, Mylord springt sicher schon im Dreieck ...

      WILLEMAlso ich geh dann ins Dorf runter, ja, Mam? Bis später, Mam, ja?

      MARIEGuter Versuch. Hopp!

      WILLEMIch will auf keine blöde Hochzeit!

      MARIETja, Pech.

      WILLEM(unterbricht sie) Warum, warum müssen wir auf so eine blöde -

      MARIE(unterbricht ihn) Willem, zum hundertsten - Die Handschuhe, an denen ich seit Wochen arbeite! Die Hochzeitshandschuhe, die schönen.

      WILLEMDie! Die sind doch für Mylady!

      MARIEJa, was glaubst du, wer heute heiratet?

      WILLEM(bleibt stehen) Wer? Mylord und Mylady?! Das ist heute?

      MARIEMan könnte wirklich genauso gut mit der Wand reden.

      WILLEMAber Mam, ich hab mir noch gar kein Lied ausgedacht!

      MARIEWas für ein Lied? Komm schon weiter!

      WILLEMIch muss ein Lied singen für Mylord und Mylady auf ihrer Hochzeit!

      MARIEWer sagt das?

      WILLEMMam! Pass doch einmal auf! Ich bin doch die Hochzeitsunterhaltung! Oder soll ich lieber eine Geschichte erzählen? Wenn ich kein Lied hab? Oder Mam! Soll ich ihnen zeigen, wie der Bär tanzt? Der Tanzbär? Das ist sooo lustig!

      MARIEWillem. Du bist nicht die Hochzeitsunterhaltung für Mylord und Mylady.

      WILLEMDoch! Tante Audrey hat gesagt, wenn ich loslege, dann bin ich ärger als der Jahrmarkt, und ich soll doch bei der Hochzeit was zum Besten geben, weil da sind die von der Wanderbühne ein Pups dagegen, und das finde ich auch.

      MARIEDie Tante hat doch nicht gemeint - Du glaubst doch nicht im Ernst -

      WILLEMMam! Soll ich einen Löwen nachmachen? Das kann ich! Oder fürchtet sich da die Mylady? Die ist ja ein Mädchen.

      MARIEHeilige Hilda ...

      WILLEMIch könnte zum Beispiel auch ganz leise brüllen, so: gru, gru, gru.

      MARIEWillem, ich hab mir’s anders überlegt, du darfst ins Dorf zum Tanzbären, geh, lauf, setz nur nicht wieder was in Brand, ja?

      WILLEMJuhu! Juhu! Endlich ist die Hochzeit! Jetzt komm schon, Mam! Beeil dich! Wir kommen noch zu spät!

       Er rennt ab.

      MARIEHerschenken hätte ich dich sollen. Einfach den Feen schenken, als du noch in Windeln gelegen bist. Willem, warte! Nicht in die Pfützen! Willem!

       Sie hastet Willem hinterher. Musik, Verwandlung.

       Vor der Kirche. Von innen dringt das ungeduldige Gemurmel vieler Hochzeitsgäste. Ein Organist improvisiert vor sich hin. Vor dem Kirchenportal steht Mylady, die Braut, unter einem weißen Regenschirm und hält besorgt Ausschau. Sie trägt einen Brautstrauß. Mylord, der Bräutigam, eilt aus der Kirche.

      MYLORDMylady? Täubchen? Täubchen, wir müssen anfangen, wir müssen. Der Bischof von Batminster hat schon dreimal auf die Uhr gesehen.

      MYLADYOhne Handschuhe?! Ich heirate nicht ohne Handschuhe. Das gehört sich nicht.

      MYLORDAber Täubchen ... Zweihundert Hochzeitsgäste! Hörst du sie nicht? Sie werden unruhig. Sie wollen zum Buffet. Und es regnet durch das Kirchendach.

      MYLADYAuf wen?

      MYLORDAuf deine Tante aus Schottland.

      MYLADYMeine Tante aus Schottland ist Kummer gewöhnt.

      MYLORDTäubchen ...

      MYLADYNur fünf Minuten noch. Bitte, Adler.

      MYLORDDas hast du vor fünf Minuten auch schon gesagt.

      MYLADYAch, wo sie nur bleibt? Marie ist immer so verlässlich.

      MYLORDUns so hängen zu lassen. An unserem Hochzeitstag! Fünf Minuten.

       (Fernes Donnergrollen. Ein frischer Regenguß. Mylord friert.)

      Dieses Mistwetter! Mitten im Sommer! Und das seit Wochen. Ist doch nicht normal. Hast du auch deinen Ring?

       Mylady schaut zuerst auf die falsche Hand.

      MYLADYMein Ring! - Ach da. (zieht den Ring vom Finger) Da ist es, mein Ringchen. Und deines hast du, ja?

      MYLORD(zeigt ihr seinen) Du bist dir sicher, dass du den hier als Ehering willst? Das alte Ding?

      MYLADYJa, Adler. Unsere alten Familienringe. Deiner wird mein und meiner wird dein. Dann werden wir endlich verheiratet sein. Ganz, ganz bald. Und dann ...

      MYLORDUnd dann? ...

      MYLADYJa dann ...

      MYLORDAch,