Ein Mädchen beobachtet ihre Mutter beim Schlafen.
Sie ekelt sich ein bisschen vor dem schwachen Tier.
Das übrig bleibt.
Wenn es nichts zu schaffen gibt.
VERA
(flüstert) Ich hab von unserer toten Katze geträumt.
Sie kann sich wohl noch nicht von uns trennen.
Jetzt ist sie schon ein Jahr tot.
In meinem Traum schläft sie senkrecht an einer Hauswand.
Als sie mich sieht, fällt sie mich an.
Ich erschrecke, aber nicht genug um aufzuwachen.
Sie beißt sich an mir fest und legt sich dann um meinen Hals.
Wie am ersten Tag, als wir sie vom Bauern geholt haben.
Plötzlich fährt ihr etwas rein.
Eine Ahnung.
Von einer Gefahr.
Und jagt mir aus dem Arm.
Am Ende ihres Lebens war sie ja blind geworden, hat uns kaum mehr gekannt.
Das muss einen furchtbar schreckhaft machen, wenn man nicht aus sich herausschauen kann, in vertraute Augen rein.
Die Mutter schreckt hoch.
MUTTER
Wie lange sitzt schon da?
VERA
Nicht lang!
Stellt eine Schale Milch an die Balkontür.
MUTTER
Du beobachtest mich?
VERA
Als du geschlafen hast, hat deine Nase eine Melodie gepfiffen.
Die war ganz schön.
MUTTER
Hättest mich wecken können.
VERA
Und die Melodie?
Die Mutter setzt ein frisches Gesicht auf.
VERA
Hast du was geträumt?
MUTTER
Hab ich denn was gesagt?
VERA
Laut und deutlich.
Dass mir mein Kleid kurz geworden ist.
MUTTER
Das soll ich gesagt haben?
In den letzten drei Jahren bist du kaum noch gewachsen.
VERA
Das war dein Traum, nicht meiner.
Besorgst du mir nun ein neues Kleid?
MUTTER
Wir kaufen nichts, bis wir was wissen.
VERA
Wie lang soll das noch dauern?
MUTTER
Nächste Woche sitzen wir auf der Straße, wenn uns nichts einfällt.
Vera stößt die Schale Milch um.
Und flüchtet.
Fauchen einer Schwanenmutter.
AHNEN 2
MATTHIAS
Ich halte die Leere kaum aus.
FERDI
Willst du schon aufgeben? Nur ein paar Jahre noch, bis die Leute mit dem Kanal aus der Stadt gespült werden. Du bist der beste Koch, den ich kenn, Matthias.
MATTHIAS
Ich hab aus Versehen eine Distanz eingenommen. Die Arbeit ists nicht nur. Ich wills nicht allein darauf schieben. Oder aufs Erwachsensein mit zunehmender Verantwortung. Man soll über sich hinauswachsen mit den Taten. Aber es kommt mir zwielichtig vor. Als hätt jemand einen Ausdruck entworfen, die Strapazen in eine Tugend zu verwandeln. Die Kultur bringt mich noch um.
Matthias zieht sich seine Jacke an.
FERDI
Hau nicht wieder ab. Du hängst dich an was auf.
MATTHIAS
Ich geh nur spazieren.
FERDI
Ja. Ja.
MATTHIAS
Da ist der Wald so schön.
FERDI
Was soll ich davon halten?
MATTHIAS
Ich habe dich oft gefragt, ob du mit rüberkommst.
FERDI
Höchstens, um den Mädchen beim Schwimmen zuzuschauen.
MATTHIAS
Was?
FERDI
Ich mags, wenn sie voll sind mit Wasser. Wenn sie überall glänzen. An den sekundären Geschlechtsmerkmalen und so weiter. Das ist was.
MATTHIAS
Bist du dir sicher mit der Fantasie?
FURIEN 1
Zwei Mädchen flanieren scheinheilig.
Münder verschmiert.
Haben sie was gerissen?
Fettiges Haar.
Fauler Atem.
Ungewaschene Genitalien.
Beulen im Körper.
Stechender Blick.
Ausgestochene Wangen.
Kleidung auf halbmast.
MASCHA
(seufzt) Hach …
TINE
(seufzt) Hach ja …
Fokussieren Vera am Ufer. Schleichen sich an.
MASCHA
(seufzt) Jaja …
TINE
(seufzt) Soso …
Wetzen los.
Verbergen sich hinter einem Gebüsch.
MASCHA
Jetzt hör aber auf!
TINE
Ich? Du!
MASCHA
Das nennst du flanieren?
TINE
Ich hab sie zuerst gesehen.
MASCHA
Und die Abmachung dahin.
Wir wollten uns ein Mal Zeit lassen.
TINE
Ich hab was gewittert.
MASCHA
Schön.
TINE
Ihr Körper riecht wie ein Körper.
Das ist lang her.
MASCHA
Du jagst den Leuten immer einen Schrecken ein mit deiner Lust.
Die holen wir uns leise.
TINE
Wie schön sie ist.
MASCHA
Du brauchst einen Job.
Die Langeweile macht dich übergeil.
TINE
Ich bin nicht zum Arbeiten gemacht.
Das weißt du.
MASCHA
Wer