Im Puppenhaus. Ursula Scheidle. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ursula Scheidle
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783961193165
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kommen über die Grenze.

      HANSAus dem Osten.

      ANNAGerade letzten Monat wieder.

      HANSHaben eingebrochen. Mehrere Wohnungen.

      ANNA(zeigt) Das sind die Kinder. Ja.

      HANSDas sind die beiden Kinderzimmer. Mit jeweils eigenem PC.

      ANNAUnd das ist unser Schlafzimmer.

      HANSEin Bett. Zwei mal Zwei Meter.

      ANNAZwei Matratzen.

      HANSEin Einbaukasten.

      ANNAPraktisch.

      HANSFlexibles Einbausystem.

      ANNAViel Stauraum.

      HANSWichtig.

      ANNADas ist mein Mann, Hans. Ich bin Anna. Seine Frau.

      HANSWir sind eine Familie.

      ANNAJa.

      MARIA(markiert im Folgenden scheinbar wichtige Punkte, sowie den Grundriss ihrer Wohnung) Heute ist Weihnachten. Ja. Und ich habe Besuch. Ich lebe alleine. Hier – das hier ist mein Arbeitstisch. Momentan ist alles aufgeräumt. Meine Wohnung ist klein. Ja. Bei Einladungen muss ich immer erst alles wegräumen und aufpassen, wegräumen, aufpassen, dass dabei nicht irgendwelche wichtigen Notizen verloren gehen. Ja. Wichtige Notizen. Sonst sind hier überall Zettel, Bücher, Artikel. Alles Mögliche ist gestapelt. Ich muss aufpassen, ja, aufpassen muss ich, dass ich beim Wegräumen nicht den Überblick verliere über meine wichtigen Notizen, ja, muss ich aufpassen, total, ja, dass mir der Zusammenhang zwischen ihnen nicht verloren geht, ja, total muss ich aufpassen. Aber ich hab ja noch immer meine Kartons, vom letzten Umzug. In die räume ich dann meine wichtigen Notizen. (schiebt eine Schachtel vor, auf der „Wichtige Notizen“ und ein Datum steht) Also mein ganzes Büro. Ja. Also das hier ist auch mein Büro. Ich kann sagen, das eine halbe Leben wird dann kurz weggeräumt für einen Abend und das andere halbe Leben kann dann hier stattfinden, wenn ich jemanden zum Essen einlade, ja, zum Beispiel, was selten vorkommt. Ja. Habe ich das schon gesagt? Ja? Also hier sehen Sie eine Einraumwohnung, Einfrauwohnung, genauer. Ja. Die Wohnung ist sogar im Winter hell. Und sie ist ruhig. Hier sind die Fenster.

      Im Hof ist ein uralter Nussbaum. Viel Himmel. Der hält mich irgendwie zusammen. 573 Euro Miete, Strom und Gas nicht dazu gerechnet. Ich habe kein Auto. So geht das gerade. Ja. (lächelt)

      PETER(lächelt) Ich kann nicht sagen, es bedeutet mir nichts. Es ist etwas aus meiner Kindheit. Ein Kindheitspunkt. Wichtig. Wer kann schon sagen: Meine Kindheit bedeutet mir nichts? Ja. Wer kann das schon. Niemand kann das. Ja. Das ist wirklich etwas, was niemand kann, ja, die Kindheit ist ein Muss, so wie das Sterben zum Beispiel auch ein Muss ist, ja. Jeder muss durch die Kindheit. Wie er dann weiter muss, ist nicht gesagt, ja, aber durch die Kindheit muss man. Ich habe keine eigene Familie bis jetzt hergestellt, mit der ich jetzt Weihnachten feiern könnte. Ich bin Peter. Ich bin ein Freund von Maria und sie hat mich eingeladen, ja, und ich kenne auch Hans, die Kinder und seine Frau. Ja.

      PETERHans …

      HANSPeter …

      PETERIch …

      HANSDas mit der Puppe …

      PETERIch will dir …

      HANSDas geht nicht mehr.

      PETERIch will dir helfen, Hans.

      HANSIch will Erika nicht mehr.

      PETERSteck dir das Hemd in die Hose, Hans.

      HANSHol sie ab.

      PETERDie Eri…

      HANSNoch vor Weihnachten.

      PETERDie Puppe …

      HANSAufpassen muss man.

      PETERDie war nur ein Angebot … Ein Spiel …

      HANSJa.

      PETERSpielen ist wichtig.

      HANSJa –

       Schweigen.

      ERIKA(mit dem Klebeband in der Hand) Ich bin die Erika. Ich bin auch hier. Ja. Ein Geschenk von Peter. Das ist wichtig. Ich fühle mich gut. Ja. Den ganzen Tag tu ich fast nichts. Ja. So. Und ich kenne Dinge hier wie niemand. Hier. Das hier ist ein Wohnzimmer, in einer Wohnung, in einem Haus. Das Haus ist hoch und schmal. Viel Platz. Viel Stauraum, praktisch, ja, eigentlich, so am Stadtrand, gute Verkehrsanbindung hier, draußen fast nie ein Mensch. (Raumspray)

      Heimduft, Winterwald.

      PETERHans …

      HANSPeter …

      PETERIch …

      HANSIch habe keine Zeit mehr!

      PETERIch will helfen.

      HANSAnna. Die Firma. Und …

      PETERMir hat meine Erika geholfen. Damals.

      HANSEs ist wichtig. Die Grenzen erkennen. Und sie dann auch ziehen.

      PETERDu bist verzweifelt.

      HANSMach einen Vorschlag.

      PETERMan muss zu seinen Ursachen zurück.

      HANSDas dauert zu lange.

      PETERGeh ins Burn Out. Wie ich.

      HANSJa.

      PETERKlug musst du jetzt sein. Klug. Hans. Klug.

      HANSKlug. Lächerlich.

       Schweigen.

      PETERMaria …

      HANSJa?

      PETERLass sie.

      HANSJa.

      PETERJa?

      HANSJa –

       Schweigen.

      ERIKAHans und Maria. Eng umschlungen.

       ANNA (versucht Hans am Handy zu erreichen. Räumt währenddessen in beiden Teilen des Wohnzimmers hin und her.)

      MARIA(zärtlich)


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