Fiona - Sterben. Zsolt Majsai. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Zsolt Majsai
Издательство: Bookwire
Серия: Die Kristallwelten-Saga
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783956672736
Скачать книгу

      „Und Kay?“

      Wieder kaut sie auf ihrer Unterlippe herum. Hat sie das bei mir abgeschaut? „Meine Eltern haben sich vor einigen Wochen getrennt. Mein Vater ist ausgezogen.“

      Wie? Was? Wieso weiß ich davon nichts?!

      „Sie haben sich getrennt?“

      Helena nickt. Ihre Augen glänzen verdächtig. Dann ist Katharina ja nicht mehr mit ihrem Mann zusammen und … Mir fällt James ein und ich richte mich auf. Mir wird kalt. Sehr kalt.

      „Was … Ich … Ich erinnere mich jetzt, dass ich im Büro war. Und dann war da ein Anruf. Ist Katharina bei James?“

      Helena schüttelt langsam den Kopf und flüstert: „James ist tot.“

      „Tot? Was ist mit meiner Tochter?“

      „Sie ist auch tot. Sie ...“ Helena schluckt hörbar, bevor sie fortfährt: „Du bist hingeflogen, aber es war schon zu spät. Das Haus ist explodiert und bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Du bist zusammengebrochen. Deine Eltern waren auch da. Dann wurdest du in das Krankenhaus gebracht und mit Beruhigungsmitteln vollgespritzt. Es tut mir leid.“

      Ich starre sie an.

      „Ich konnte sie nicht retten?“

      „Niemand hätte das gekonnt. Das Haus ist explodiert, bevor du da warst. Die Explosion war so stark, dass alles, was sich im Haus befand, verglüht ist.“

      Ich wende den Blick ab und starre nach draußen. Das war vor drei Tagen.

      „Mama hat es im Internet gehört, wenige Minuten nach der Explosion. Sie ist sofort losgefahren und ist dem Krankenwagen begegnet, der dich abgeholt hat. Sie fuhr hinterher. In der Nacht hat sie dich rausgeholt und hergebracht. Seitdem hast du durchgeschlafen.“ Sie atmet tief durch. „Bis heute Mittag war sie die ganze Zeit bei dir, aber dann musste sie weg. Ein Termin, den sie schon verschoben hatte und nicht noch einmal verschieben konnte. Aber sie ist bald wieder hier.“

      „Warum hat sie das getan?“

      „Sie war der Meinung, dass es nicht gut wäre, wenn sie dich im Krankenhaus dabehalten. Nicht für das Krankenhaus und nicht für dich.“

      Ich nicke langsam. „Ja, das stimmt.“ Ich ziehe meine Beine an und beginne zu schaukeln. „Was ist mit meinen Eltern?“

      „Das weiß ich nicht. Vielleicht hat Mama ihnen Bescheid gesagt.“

      Ja, vielleicht. Ich starre wieder nach draußen. Es ist ein wirklich schöner Sommertag. Ich kann den Pool sehen. Eigentlich müssten wir jetzt am Pool sein, bei meinen Eltern. James, Sandra, Danny und ich. Unsere kleine Familie. An einem herrlichen Sommertag, an einem Wochenende, die kleine Sandra bei Oma und Opa. Wie so oft schon.

      Aber wir sind es nicht. Sie sind nirgendwo. Nur noch ich bin.

      Plötzlich weiß ich, was ich zu tun habe. Ich springe auf und gehe auf die Treppe zu. Doch dann stellt sich mir Helena in den Weg.

      „Wo willst du hin?“

      „Ich werde Zanda töten“, erwidere ich ruhig.

      „Mama wusste, dass du das sagen würdest. Sie hat gesagt, wir sollen es verhindern.“ Jetzt steht auch Jody zwischen der Treppe und mir.

      Ich starre die beiden an, versuche, an ihnen vorbei zu kommen, aber sie sind schnell. Beide sind schnell. Jody ist keine Kriegerin, das würde ich spüren, aber sie ist auch kein gewöhnlicher Mensch.

      „Lasst mich vorbei. Ich will euch nicht wehtun.“

      „Das geht nicht. Wenn du vorbei willst, musst du uns wehtun. Aber das solltest du nicht tun. Ich meine, ich kann verstehen, dass du das tun willst. Aber du solltest es nicht jetzt, nicht in diesem Zustand tun.“

      „Was redest du da? Ich werde Zanda töten. Jetzt.“

      Ich mache einen Schritt vorwärts und das Nächste, was ich wieder bewusst wahrnehme, ist, dass ich auf dem Boden kauere und die beiden Mädchen mich in den Armen halten. Ich spüre, dass mein Gesicht nass ist. Mein Atem geht rasselnd, ich schnappe förmlich nach Luft.

      Mir wird klar, dass ich einen Blackout hatte, dass ich zusammengebrochen bin. Die Wucht des Schmerzes, als mir mit völliger Klarheit bewusst wurde, was geschehen ist, hat mich von den Füßen gerissen. Wortwörtlich.

      Ich sehe Helena und Jody an, die mich festhalten. Sie haben auch geweint, das sehe ich an ihren Gesichtern, während ich verzweifelt um Luft kämpfe.

      Es dauert noch eine ganze Weile, bis ich nicht mehr das Gefühl habe, gleich ersticken zu müssen. Jody springt auf und holt mir mein Wasser. Ich trinke das Glas gierig leer.

      „Wie … wie lange war ich weg?“

      „Weiß nicht. Vielleicht zehn Minuten. Wir haben ganz schön Angst bekommen.“

      „Es tut mir leid.“ Ich senke den Blick. „Es ist alles meine Schuld.“

      „Was ist deine Schuld? Ich verstehe nicht.“

      Ich sehe Helena an. „Alles ist meine Schuld. Dass Sandra tot ist, und James, und Danny. Sie sind alle meinetwegen gestorben. Es ist meine Schuld.“

      „Das ist doch nicht deine Schuld!“

      „Doch.“ Ich schließe die Augen. „Weil ich Anne Maries Avancen nicht zurückgewiesen habe. Weil ich zugelassen habe, dass sie sich an mich klammert. Deswegen sind wir noch einmal zurückgegangen, deswegen haben wir die Kette geholt, deswegen sind wir den Vampiren begegnet, deswegen ist Anne Marie gestorben.“ Ich öffne die Augen wieder und starre Helena an.

      „Und was hat das mit … mit dem Tod von ...“

      „Zanda hat sich gerächt. Er glaubt, dass ich Anne Marie getötet habe. Dabei hätte ich alles getan, um sie zu beschützen. Aber ich habe versagt. Sie ist tot und nun auch Sandra. Und James.“

      Helena will was sagen, doch dann schließt sie den Mund wieder. Hinter ihr erklingen Schritte und dann kommt Katharina um die Treppe herum und bleibt wie angewurzelt stehen.

      Sie trägt einen eleganten Sommeranzug und sieht unglaublich schön aus. Nur die dunkle Sonnenbrille stört dabei etwas. Als sie diese jetzt abnimmt, sehe ich die rot geränderten Augen.

      Ich glaube, sie hat mehr geweint als ich.

      Ich beobachte Katharina. Sie sitzt mir gegenüber in einem der Rattanstühle, quer, die Beine lässig über die Lehne gelegt. Sie ist barfuß und trägt eine weiße Leinenhose, dazu passend die Bluse. Ihre Fußnägel sind rot lackiert. Die Jacke hat sie ausgezogen und über die Rückenlehne eines anderen Stuhls gehängt.

      Ich sitze wieder, wo ich vorhin schon saß, und umarme die angezogenen Beine. Und konzentriere mich darauf, nicht zu schaukeln.

      Auf dem Tisch vor mir steht ein Glas, diesmal mit Caipi darin. Helena hat ihn gemacht, bevor sie mit Jody nach draußen ging. Sie liegen jetzt in der Sonne, oben ohne.

      Ich angele mir das Glas vom Tisch, ohne meine Beine loszulassen. Katharina sieht zu mir herüber. Sie hat auch ein Glas, der Farbe nach zu urteilen ist Whisky darin. Pur.

      „Was ist geschehen?“, erkundige ich mich.

      Katharinas sonst hellblaue Augen verdunkeln sich, nur für einen kurzen Augenblick. Dann nimmt sie einen Schluck von ihrem Drink und antwortet: „Ich war im Büro und las E-Mails, als in den Nachrichten die Explosion erwähnt wurde. Sie waren schnell, kaum mehr als fünf Minuten waren vergangen. Ich wusste sofort, welches Haus gemeint ist. Ich setzte mich ins Auto und fuhr los. Kurz bevor ich dort war, kam mir ein Krankenwagen entgegen. Ich spürte darin deine Anwesenheit und auch, dass du nicht bei Sinnen warst. Also wendete ich und fuhr hinterher. Im Krankenhaus haben sie versucht, dich ruhigzustellen und haben dafür so viel Barbiturate genommen, dass es für einen Elefanten gereicht hätte.“

      „Barbiturate?“

      Sie zuckt die Achseln. „Ich glaube, sie haben