„In Kiew. Wo denn sonst?“
„Wie in Kiew? Ich habe gedacht, du bist auf Geschäftsreise, verdammt noch mal!“
„Schatzi, denk bitte nicht so viel. So wird es für alle einfacher.“
„Was?“ Komm sofort nach Hause! Ich muss mit dir reden!“
Biep… biep… biep…
„Hallo? Hallo?
So ein Schwein! Legt einfach auf! Läuft in aller Ruhe durch die Stadt! Ohne mich! Wo wohnt er überhaupt? Gute Frage! Warum bin ich nicht früher draufgekommen? Vielleicht ist er verheiratet? Hat einen Stall voll Kinder? Jede Menge Geliebte? Sitzen genauso weggesperrt wie ich, die Doofen. Was bin ich für eine Idiotin! Was habe ich mir alles eingebildet! Was soll ich denn jetzt Mama sagen? Und Saweli, Scheiße… Gut, ich rede mit ihm, wenn er kommt. Dann sehe ich weiter. Also, ich gehe jetzt zur Uni und gucke, was dort Interessantes los ist.“
Als sie abends nach Hause kam, sah sie Schakro auf dem Sofa liegen. Erfreut stürzte sich Natalja auf ihn. Sie vergaß für einen Moment ihre Unterhaltung am Morgen und machte Liebe. Ein Gefühl der Glückseligkeit durchströmte sie.
Danach lagen sie müde im Bett, tranken Sekt mit Erdbeeren und plauderten friedlich. Bei diesem Gespräch erfuhr sie, dass er gar nicht vorhatte, mit ihr zusammen zu leben. Er habe viel zu tun, seine Gewohnheiten seien solcher Art, dass er sie mit niemanden teilen könne. Und es sei nicht sein Stil, voreilige Entscheidungen zu treffen, die sein Leben beeinflussen können. Er bat das Mädchen, etwas abzuwarten, um einander besser kennenzulernen und sich aneinander zu gewöhnen. Er ließ sie hoffen, dass eine Familiengründung in Zukunft möglich wäre. Seine Worte über die große und reine Liebe klangen süß.
Natalja war nicht begeistert von dieser Lösung der Familienfragen. Sie wollte ihren Geliebten überreden, so schnell wie möglich in ein gemeinsames Nestchen umzuziehen. Aber er blieb unbeirrbar und fest in seinen Überzeugungen. Die Schöne musste aufgeben und sich dem starken Geschlecht beugen. Er war schließlich der Mann ihrer Träume!
„Liebst du mich wirklich?“
„Wenn ich dich nicht lieben würde, wäre ich nicht hier.“
„Ich bin sehr glücklich mit dir und will von dir eine Tochter haben!“
In den nächsten Monaten besuchte er sie dreimal in der Woche, brachte ihr Blumen und teure Geschenke mit. Aber über Nacht blieb er selten, und das machte die junge Dame sehr traurig. Sie langweilte sich allein. Sie war doch eine junge Frau und wollte ihr Vergnügen haben. Das ewige Warten machte das Leben unerträglich. Er sagte nie, wann er kommen würde. Wenn sie nicht da war, wartete er einfach in der Wohnung auf sie und ermahnte sie, dass sie zu jeder Tageszeit zu Hause sein sollte, alleine natürlich. So konnte sie selbst nichts in ihrem Leben planen. Sogar eine gewöhnliche Party mit Freunden schien ihr unmöglich.
Natalja beschloss, Artschik anzurufen. Sie wollte ein bisschen plaudern, erfahren, wie es in der „Welt der Unzucht“ so lief, sich ein wenig mit Geschichten über die Huren, ihre perversen Kunden oder einfach Arschlöcher vergnügen. Sie wählte. Ihr Anruf erfreute den Zuhälter so sehr, dass er dem Mädchen vorschlug, nach der letzten Vorlesung vorbeizukommen. Gerne stimmte sie zu. „Ein bisschen Entspannung könnte ich gebrauchen“, dachte sie, befreite weiße Locken von einem Gummiband, legte Haarbüschel auf die Hüften, legte eine Schulter frei und senkte ihren Blusenärmel.
Bei ihrem alten Bekannten angekommen, erzählte sie ihm von ihrem unerträglich langweiligen Leben. Anfangs war es ihr erschienen, als ob alle Träume in Erfüllung gegangen wären, aber aus irgendeinem unverständlichen Grund war alles trotzdem nicht schön. In ihren Träumen sah alles ganz anders aus.
Dabei konnte sie doch selbst gutes Geld selbst verdienen. Aber sie bildete sich ein, verliebt zu sein, und das nicht in irgendeinen Heini, sondern in einen Banker. Artschik hörte ihr aufmerksam zu und strich ihr zart mit einer Hand übers Haar. Die andere steckte er ihr zwischen die Beine und spürte, wie ihr Slip feucht wurde. Das Mädchen atmete schnell und sprach immer langsamer.
„Immer mit der Ruhe, Schatzi“, flüsterte er zärtlich. Er kannte alle Punkte an ihrem Körper, bei denen sie die Beherrschung verlieren würde. Der Verführer kannte diesen traumhaften Körper wie seinen eigenen. Viele berauschende Stunden hatte er beim Studium seines Ideals verbracht und hielt den Launen der Schönen nicht stand. Er saugte sein Genusselixier aus ihr.
Sie verschwand, nachdem sie endlich ihre Befriedigung gefunden hatte. Die Liebe ist das eine, der Sex zum Spaß, wie ihn jede Frau braucht, ist das andere. Man kann nicht jeden Tag sein Lieblingsgericht essen und es dann noch lecker finden.
Das Mädchen gab seinem ehemaligen Zuhälter einen Abschiedskuss und ging nach Hause.
Artschik war begeistert von ihrem Treffen. Endlich kam sein Brillant zurück. Zur Feier seines Sieges schenkte er sich einen Whiskey ein und wählte Schakros Nummer.
Er erzählte von dem unerwarteten Besuch seiner Geliebten, berief sich auf die männliche Solidarität, enthüllte das wahre Gesicht der unverbesserlichen, hinterhältigen Huren, und fast unter Tränen schloss er seine Rede:
„Keine Sorge, mein Freund, ich finde einen angemessenen Ersatz. Tausende Frauen träumen davon, ein Leben zu führen, wie du es für diese Nutte geschaffen hast!“
Schakro schwieg, schlicht und kalt, und spürte eine brennende Wut in sich wachsen. Noch niemand hat ihn je so erniedrigt! Seine männliche Würde war so stark getroffen, dass er dachte, er wäre in diesem Augenblick bereit zu töten.
Als Artschik das Freizeichen hörte, schrie er erschrocken: „Hallo? Hallo?
Drecksack, blöder! Könnte wenigstens danke sagen für so eine wertvolle Info! Ich hätte sie ihm verkaufen sollen! Aber gut! Für die nächste Nutte zahlt er mir das Dreifache! Arschloch!“
Eine Sekunde dachte er an Natalja. Dann straffte er seine Schultern und grinste wie ein fetter Kater. Er vermisste sie, außerdem arbeitete sie besser als alle anderen. Sie verstand es, auch die schmutzigsten Wünsche der Kunden zu befriedigen. Die Hoffnung auf ihre Rücker erregte ihn. Er trat vor den Spiegel und holte sein halb angeschwolles Glied heraus. Er verzog das Gesicht, als wollte er Natalja nachahmen, wie sie noch vor zehn Minuten seine violette Eichel geschluckt hatte.
Natalja öffnete die Tür ihres goldenen Käfigs in bester Laune. Auf einem Bein hüpfend, zog sie ihre Schuhe aus.
Sie hörte ein Geräusch. Ihr Liebster war zu Hause. Das freute sie sehr. Sie lief schnell in die Küche und erstarrte.
Am Tisch saß ihr Schatz mit blutunterlaufenen Augen. Im Nu sprang er vom Stuhl auf, war mit einem Satz neben Natalja und ließ seine Faust auf ihr Gesicht donnern. Sie stürzte zu Boden und schluchzte krampfhaft. Schakro ließ nicht von ihr ab, sondern traktierte er sie mit Fußtritten. Sie versuchte, ihr Gesicht mit den Händen zu schützen, und rief entsetzt um Hilfe. Die Fußtritte hagelten wahllos, es gab keinen Schutz. Seine Schuhspitzen rissen ihr die Haut an den Händen auf und drohten, ihr schönes Gesicht zu entstellen. Als er die offene Wunde an ihrer Schläfe bemerkte, verließ er hastig die Wohnung, befahl aber zuvor seiner Leibwache, einen Arzt zu holen, der sie untersuchen sollte, ohne Fragen zu stellen.
Bald kam ein Arzt. Er war offensichtlich weder russischer noch ukrainischer Herkunft. Er untersuchte das Opfer und sagte verbittert:
„Lieber Himmel! Warum tun die so was? So eine schöne junge Frau! Sie muss ins Krankenhaus“, wandte sich der gütige alte Mann an die Leibwache.
„Behandle sie hier!“
„Das würde ich ja gerne tun, aber es wird nicht klappen. Das Mädchen hat eine Blutung!“
„Wird sie sterben?“
„Im Falle eines starken Blutverlustes ist ein letaler Ausgang nicht ausgeschlossen.“
„Tu, was du kannst. Jetzt. Sorg dafür, dass sie bis heute Abend überlebt, dann kommt sie in eine Privatklinik zu einem Doktor, der mit dem Boss gut bekannt ist.“
„Halt durch, Liebes. Ich gebe dir