Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman. Leni Behrendt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leni Behrendt
Издательство: Bookwire
Серия: Leni Behrendt
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740916930
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dann ging er mit dem Sekretär davon.

      »Das ist doch einfach unerhört, was Sie sich da bieten lassen müssen, Herr Baron!« sagte der Sekretär, als sie außer Hörweite waren, empört. Doch Hellersen zuckte nur gleichmütig die Schultern.

      »Lieber Wieloff, Sie kennen eben meine Verwandtschaft nicht. Sonst würden Sie sich nicht so entrüsten.«

      *

      Der Herbst verging, der Winter kam. Es war an einem unangenehmen kalten Januartage. Es regnete und schneite durcheinander, und außerdem pfiff ein scharfer Nordwind.

      Swen von Hellersen fuhr in seinem schweren Wagen der Stadt zu. Und da er sich in dem geheizten Raum sehr behaglich fühlte, so erbarmten ihn um so mehr die beiden Mädchen, die sich auf der Landstraße mühsam durch das unfreundliche Wetter vorwärtsrangen. Als er sie erreicht hatte, ließ er halten, stieg aus – und stand Edna und Elke gegenüber.

      »Was wollt ihr um sieben Uhr morgens bei diesen Hundewetter auf der Landstraße?« fragte er verständnislos. Edna sah ihn spöttisch an.

      »Zur Kleinbahn, um zur Schule zu fahren«, antwortete sie abweisend und wollte Elke mit sich ziehen, als das Kind von einem heiseren Husten förmlich hin und her geworfen wurde.

      »Ja, was hat die Kleine denn?« fragte Swen erschrocken.

      »Den Husten, wie du hörst und siehst«, gab Edna schnippisch zurück, während sie die Schultern der Schwester umfaßte.

      »Ich will dir sagen, daß es ein unverantwortlicher Leichtsinn ist, das kranke Kind diesem schauderhaften Wetter auszusetzen. Elke gehört ins Bett und nicht in diese ungesunde Witterung hinaus.«

      »Das mußt du schon meiner Mutter überlassen, was die für ihr Kind für richtig hält«, entgegnete sie hochmütig. »Im übrigen hat uns die Mama verboten…«

      »Ach, sieh doch mal an!« unterbrach er sie spöttisch. »Was da nicht noch viel zu verbieten wäre! Als ob ihr hochnäsigen Gören nicht von selbst wüßtet, wen ihr mit eurer Nichtachtung zu beehren habt! Und nun hopp, Elke, rasch ins Auto! Ich werde euch nach Hause fahren und euer Schulversäumnis beim Direktor entschuldigen.«

      Aber das Kind rührte sich nicht, stand stumm und steif da und sah den Vetter feindselig an. Und Edna hatte wieder dieses aufreizend überhebliche Lächeln im Gesicht.

      »Also gut«, entschied er nach kurzem Überlegen. »Mit Vernunftsgründen ist euch nicht beizukommen, das sehe ich ein. Also werde ich andere Maßnahmen ergreifen.«

      Mit einem Ruck hob er die zappelnde Elke hoch, und schon saß sie im Auto.

      »Nun, soll ich es mit dir ebenso machen?« fragte er Edna spöttisch.

      »Wage es!« fuhr sie empört auf. »Du bist ja der reinste Wegelagerer, der…«

      Und schon saß auch sie im Auto. Der Baron gebot dem Fahrer umzukehren und nach dem Waldhause zu fahren.

      »Siehst du, Ednalein, so macht man es mit widerspenstigen kleinen Mädchen«, erklärte er der Base, die nur mit Mühe ihre Zornestränen unterdrücken konnte.

      Bald hielt der Wagen vor dem Waldhause.

      Die Mädchen flohen förmlich aus dem Auto in das Haus und warfen die Haustür hinter sich zu. Doch Swen ließ sich heute nicht abschrecken; denn in seinen Mundwinkeln hockte der harte, unerbittliche Zug, den man nur selten sah, vor dem sich jedoch seine Untergebenen fürchteten.

      Gelassen öffnete er die Tür wieder, trat ein und verneigte sich vor Frau Elisa, die sich sofort in Kampfstellung begab.

      »Ich muß dich bitten…«

      »Laß nur, Tante Elisa«, winkte er kurz ab. »Ich muß dich sprechen. Dann befreie ich dich sofort wieder von meinem Anblick.«

      »Du weißt doch, daß ich für dich nicht zu sprechen bin!«

      »Und doch wirst du es heute tun müssen, Tante Elisa«, sagte er nun hart und scharf, so daß sie zusammenzuckte. »Ich komme nämlich heute als Ednas und Elkes Vormund.«

      »So will ich dir sagen, daß meine Kinder keinen Vormund brauchen, da ich mir noch zutraue, sie allein erziehen zu können«, erklärte sie sehr von oben herab.

      »Wozu werden unmündige Kinder denn unter Vormundschaft gestellt, wenn die Mutter allein als Erzieherin genügte?«

      »So, willst du sagen, daß meine Kinder schlecht erzogen sind?«

      »Davon will ich nicht sprechen, obgleich das Benehmen der Töchter nicht gerade wohlerzogen zu nennen ist. Ich will dich vielmehr darauf aufmerksam machen, daß Elke krank ist, daher bei diesem ungesunden Wetter unmöglich die Schule besuchen kann.«

      »Das mußt du nun schon wirklich meiner Beurteilung überlassen, ob Elke die Schule besuchen kann oder nicht.«

      »Ich sehe schon ein, Tante Elisa, daß ich dir ebensowenig mit Vernunftsgründen kommen kann wie deinen Töchtern«, bemerkte er eisig. »Ich will auch nicht lange um die notwendige Sache herumreden, sondern dir kurz und bündig anheimstellen, heute noch einen Arzt herkommen und Elke untersuchen zu lassen. Damit habe ich meiner Pflicht als Vormund genügt, die weitere Verantwortung trägst du.

      Außerdem würde ich dir raten, Edna von der Schule beurlauben zu lassen, wenigstens, so­lange das arge Wetter anhält. Sie sieht blaß und überarbeitet aus.

      Das wäre alles, was ich dir zu sagen hatte. An dir wird es nun liegen, helfend einzugreifen, wenn es überhaupt noch Zeit ist.«

      Damit verbeugte er sich kurz und ging. Die Zurückbleibenden lachten spöttisch hinter ihm drein.

      Was er sich eigentlich dachte. Ob er annähme, daß das Geld bei ihnen auf den Tannenbäumen wüchse!

      Und dann – überhaupt – eines Hustens wegen so viel Aufhebens zu machen. Aber irgendwie mußte er sich mit seiner Vormundwürde doch wichtig tun.

      So steckte Frau Elisa Elke dann ins Bett. Nach einer Woche schien der Husten verschwunden zu sein, und das Kind mußte nach wie vor bei Wind und Wetter die Schule besuchen.

      Bis Elke dann zwei Wochen später mit Schüttelfrost und fliegenden Pulsen nach Hause kam.

      Da packte die Mutter nun doch die Angst. Und was sie trotz Swens Rat unterlassen hatte, das tat sie jetzt: Sie ließ auf schnellstem Wege den Arzt holen, selbstverständlich nicht Sanitätsrat Melch. Der Gerufene stellte mit sehr ernstem Gesicht eine Lungenentzündung fest und erklärte, daß die Krankheit schon lange in dem zarten Kinderkörper gesteckt haben müßte. Ob die Mutter denn nichts bemerkt hätte?

      Da senkte Frau Elisa den Kopf und schwieg.

      Es begannen nun Tage, die allen im Waldhause das Herz erzittern ließen. Krankheit kannte man in der Familie kaum vom Hörensagen und war nun, da man einen so bitter­ernsten Fall vor Augen hatte, um so entsetzter. Jetzt erst fühlte man, wie zärtlich man eigentlich die kleine Elke liebte, da man täglich und stündlich um ihr Leben bangte.

      Gar zu hart packte plötzlich das Schicksal die Menschen an, die es bisher vor wirklichem Leid bewahrt hatte, stieß sie hinein in Angst und Not, ließ sie erkennen, daß es Schlimmeres im Leben gibt als das, worum sie verbittert gemurrt und geklagt, daß ein geliebtes Wesen einem Menschen mehr bedeuten kann als Reichtum und ein glänzendes Leben.

      Frau Elisas Haar wurde in diesen trostlosen Tagen schneeweiß, und die beiden Mädchen und Bolko standen dem Schmerz, der so plötzlich in ihr Leben getreten war, fassungslos gegenüber. Namentlich an dem Tage, an dem der Arzt erklärte, daß er die Todkranke aufgeben müßte. Und man brauchte das arme, bis zum Skelett abgemagerte Körperchen nur anzusehen, dann wußte man, daß der Arzt die Wahrheit sprach.

      Ob denn wirklich keine Rettung mehr möglich sei, fragte die gepeinigte Mutter mit erloschener Stimme. Der Arzt meinte, daß hier vielleicht nur noch eine Kapazität oder ein Wunder der Natur etwas ausrichten könnten; er jedoch sei mit seiner Kunst zu Ende.

      Frau Elisa war der Verzweiflung nahe. Wenn Elke