DIE REGELN DER RACHE (Black Shuck 2). Ian Graham. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ian Graham
Издательство: Bookwire
Серия: Black Shuck
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958352964
Скачать книгу
Gordon die Tür zugeschlagen hatte, ging er wieder zur Fahrerseite, wobei er ihm kurz den Rücken zuwandte. Nun rannte Declan über die Straße, öffnete hinten rechts die Tür und ließ sich auf die Lederrückbank fallen, während der Chauffeur seine eigene Tür zuzog.

      »Grundgütiger!« Allardyce duckte sich, als wolle er sich vor einem Angriff schützen. Gordon öffnete seine Tür erneut und raffte sich wieder auf, während der Wachmann herbeieilte. Beide waren darauf programmiert, den Lord zu verteidigen.

      Declan schaute den älteren Geheimdienstler geruhsam an. »Sie haben gesagt, wir müssten uns unterhalten.«

      Allardyce, der ihn noch immer verdutzt anschaute, hob eine Hand, um den Männern Entwarnung zu geben. Er atmete einmal tief durch, und dann fasste er sich wieder. »Ja, aber unter meinen Bedingungen. Ich darf Sie also bitten, wieder auszusteigen – sonst komme ich zu spät zu einer wichtigen Besprechung.«

      Aber Declan rührte sich nicht.

      Dennis seufzte. »Mr. Gordon, bringen Sie uns bitte nach Whitehall.«

      Der Chauffeur schloss seine Tür und machte es sich auf seinem Sitz bequem. Dann blinkte er und fuhr auf die einspurige Fahrbahn. Kurz darauf passierten sie eine Traube von Touristen, die ihre Kameras auf diese oder jene Sehenswürdigkeit richteten.

      »Am Samstagnachmittag bekam ich eine SMS von Ihnen, in der stand, dass wir bald reden müssen. Bald bedeutet für Sie offensichtlich etwas anderes als für mich.«

      Allardyce schüttelte den Kopf. »Entschuldigung, aber ich habe als Leiter eines der vorrangigen Nachrichtendienste der westlichen Welt nun einmal einiges zu tun. Laut unserer Abmachung soll ich Zeit und Ort für jedes erforderliche Treffen festlegen, damit Sie nicht überstürzt nach London kommen und – auf einer Straße voller Menschen – in meinen Dienstwagen steigen.«

      Declan warf das Foto und die Wegbeschreibung auf das Polster neben ihn. Allardyce nahm sie, wobei er aber tunlichst darauf achtete, die roten Flecke nicht zu berühren.

      »Das hatte einer der Kerle bei sich, die mich gestern Abend umbringen wollten.«

      Allardyce betrachtete das Papier. »Irgendwelche Wegangaben und ein Bild von Ihnen. Na und?«

      »Shane und ich waren gestern zum Fußballschauen verabredet, doch er ist nicht aufgetaucht. Seine Wohnung ist verlassen, und jemand müsste sich dringend um seine Katze kümmern. Auch die Post verstopft schon seit mehreren Tagen seinen Briefkasten. Ich mache mir deshalb Sorgen, dass diese Männer ihn erwischt haben könnten, bevor sie mich gesucht haben, und ich habe gehofft, dass Sie mir helfen könnten.«

      Dennis las noch einmal genau, was auf dem Blatt stand. »Ich wüsste leider nicht wie.« Er gab das Papier zusammen mit dem Foto zurück.

      Declan starrte ihn einen Augenblick lang an, ehe er die Sachen wieder an sich nahm. »Dafür, dass Sie mit Spionage Ihr Geld verdienen, sind Sie ein wirklich lausiger Lügner.« Ihm gefiel es überhaupt nicht, dass Allardyce ihn so herablassend behandelte. »Na gut, da Sie nicht damit herausrücken wollen, was hier vor sich geht, muss ich dem Ganzen auf eigene Faust auf den Grund gehen. Halten Sie an.«

      »Sie scheinen nicht zu begreifen. Ich hätte Ihnen diese SMS am Samstagnachmittag gar nicht schicken dürfen, und ich bedauere es zutiefst. Ich bin Generaldirektor des Security Service, Shane O'Reilly ist mein Angestellter. Sie mögen vielleicht sein Freund und einer der wenigen besonderen Menschen sein, die wissen, womit er sein Geld verdient, aber Sie sind auch ein Zivilist, weshalb Ihnen nicht geläufig ist, was er in seinem Alltag hinter den Mauern des Thames House erlebt. Kraft des Officials Secrets Act unterstehen er und ich einer Schweigepflicht, was gewisse Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Sicherheit unserer Nation anbelangt. Ich darf Ihnen deshalb nicht erzählen, was hier vor sich geht. Ich wünschte, ich könnte es, aber mir sind nun mal die Hände gebunden.«

      Dafür hatte Declan durchaus Verständnis. Allardyce steckte gerade in einer Zwickmühle. Dass der Generaldirektor vom MI5 mit einem ehemaligen IRA-Mann redete, war zweifelsohne ein Umstand, dem die britische Regierung nicht mit Wohlwollen begegnen würde. Dies interessierte Declan aber im Augenblick ganz und gar nicht. Er wollte einzig und allein herausfinden, wo Shane momentan steckte und ob er in Sicherheit war oder nicht. »Halten Sie an. Sofort.«

      Tom Gordon bremste, fuhr jedoch weiter. Dabei schaute er immer wieder in den Rückspiegel, um den Blickkontakt mit seinem Vorgesetzten zu halten.

      »Nicht anhalten«, beharrte Allardyce schließlich nach langem Schweigen.

      Declan ließ den Türgriff los und lehnte sich wieder zurück.

      »Da ich mir sicher bin, dass Sie sich in dieser Sache nicht abwimmeln lassen werden, werde ich Sie schnell auf den neuesten Stand dessen bringen, was wir momentan wissen. Nichts davon wird allerdings außerhalb dieses Wagens weitergegeben werden. Ich verlange von Ihnen, dass Sie mir versprechen, nicht ständig in der Annahme dazwischenzufunken, Sie würden uns helfen. Wir haben die Lage fest im Griff, und für Sie gibt es weitaus Wichtigeres zu tun. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«

      »Ja.«

      »Ich höre?«

      »Ich verspreche, mich nicht weiter einzumischen.«

      »Gut. Nun, Sie haben gewiss schon von den Sprengstoffanschlägen in Nordengland letzte Woche gehört.«

      Declan nickte.

      »Unterstützt von einer Einheit meines Ressorts für Terrorbekämpfung in Irland und einem Team hier, mit dem er schon seit einigen Jahren zusammenarbeitet, wurde Mr. O'Reilly aufgrund seiner früheren Erfahrungen im entsprechenden Milieu von dem MI5-Offizier einberufen, der die Ermittlungen in diesem Fall leitet. Am Mittwochnachmittag brach er von London aus nach Schottland auf, wo er sich mit einem Mann treffen sollte, der angeblich Informationen über die Anschläge hat. Seitdem wird er allerdings vermisst.«

      »Was genau meinen Sie mit vermisst? Was ist mit ihm passiert?«

      »Zuerst konnten wir es uns selbst nicht genau erklären. Sein Land Rover wurde auf einer Parkfläche am Rand eines Friedhofs außerhalb von Lockerbie gefunden. Alles deutet darauf hin, dass der Unbekannte, mit dem er sich austauschen wollte, in Wirklichkeit dort war, um ihn zu entführen. Am Samstagmorgen erhielten wir dann ein Video, bei dem es sich im Grunde um eine Auslöseforderung handelte.« Allardyce nahm sein Handy aus der Brusttasche seines Anzugs, tippte den Touchscreen an und gab es dann Declan.

      Nach ein paar Sekunden wurde der Mitschnitt abgespielt, beginnend mit Shane O'Reillys malträtiertem Gesicht.

      »Oh mein Gott!«

      Als die Aufnahme abbrach, reichte McIver das Gerät schnell an Allardyce zurück. Seinen Freund in diesem Zustand zu sehen, entsetzte ihn unglaublich.

      »Meinen Sie, dass diese Kerle gezielt hinter ihm her waren, oder wäre ihnen jeder beliebige Mann von uns, der aufgetaucht wäre, recht gewesen?«

      »Das lässt sich nicht sagen. Die Analysten im Thames House haben das Video überprüft und so eine Verbindung zu einer Politkampagne namens ›Independence Now‹ hergestellt. Dahinter steht eine schottische Organisation, die sich für die Unabhängigkeit des Landes und das Ende der Monarchie einsetzt. Wie Sie sich bestimmt gut vorstellen können, steht sie auf Kriegsfuß mit dem Innengeheimdienst. Gestern Morgen haben Staatsbeamte das Gebäude gestürmt, in dem die Aufnahme gemacht wurde. Mr. O'Reilly war aber leider nicht mehr dort, doch wir haben anschließend eine aufschlussreiche Unterhaltung mit jemandem geführt, den wir vor Ort gefunden haben.« Dennis zog eine Augenbraue hoch, während er Declan anschaute.

      Dieser spürte den Blick zwar, drehte sich aber nicht zu ihm um.

      »Er hat uns erzählt, dass Mr. O'Reilly und ein Mann, dessen Beschreibung mehr oder weniger auch auf Sie zutrifft, vor ein paar Wochen bei ihm geläutet und sich als Angestellte eines Sicherheitsunternehmens ausgegeben hätten.«

      »Das ist nie geschehen. Ich habe Shane zum letzten Mal vor mehr als einem Monat gesehen, als die Rangers gegen die Celtics gespielt haben.«

      »Nun gut, ich habe es auch nicht