Perry Rhodan Neo Paket 1: Vision Terrania. Hubert Haensel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hubert Haensel
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan Neo Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845333830
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Bear Creek. Der Nachbarbungalow steht zum Verkauf. Das Paar konnte die Mitgliedsgebühr nicht mehr aufbringen. Ich könnte, nun, etwas tricksen für dich. Das letzte Geld aus der Stiftung abziehen, bevor sie zusammenbricht. Es wäre genug, um dich in Bear Creek einzukaufen. Stell dir vor, du könntest den ganzen Schmutz der Welt abschütteln ...«

      »Einer Welt, die vor dem Aus steht? Hast du mir das nicht eben gesagt?«

      »Wer weiß schon, was wird? Ich kann nicht in die Zukunft sehen. Ich weiß nur, dass jeder Mensch nur ein Leben hat. Und dass jeder Mensch zuallererst nach sich selbst sehen muss. Du hast genug Zeit auf andere verschwendet. Werd endlich erwachsen!«

      Marshall befreite seine Hände aus Sharons Griff. »Ich werde darüber nachdenken«, flüsterte er und ging.

      Er schaffte den Rückweg in weniger als einer halben Stunde.

      Es klopfte.

      Zaghaft. So leise, dass man das Geräusch mit dem Knarren der maroden Holztreppe verwechseln konnte.

      John Marshall ignorierte es. Er wollte nicht an die Tür. Er wollte weiter vor dem Display kauern, weiter Chart um Chart aufrufen, Kursverläufe verfolgen und analysieren, Konto- und Depotstände notieren. Immer weiter und weiter – in der verzweifelten, vagen Hoffnung, dass Sharon sich geirrt, etwas übersehen hatte. Eine winzige Kleinigkeit, eine Kommastelle, die es der Stiftung erlaubt hätte, noch einen weiteren Monat durchzukommen.

      »John?« Ein Flüstern, ebenso zaghaft wie das Klopfen.

      Sid.

      Marshall holte tief Atem. »Was ist?«

      »Kann ich reinkommen?«

      Nein!, wollte er antworten. Ich habe zu tun! Doch er ließ es sein. Es war sinnlos. Er hatte stundenlang nach einem Hoffnungsschimmer gesucht. Er hatte keinen gefunden. Er würde keinen finden. Sharons Analyse war so makellos wie sie selbst.

      Die Stiftung und damit der Shelter und damit er und die Kinder, Sid ... sie waren am Ende.

      »Bitte!«, flehte Sid. »Es dauert nicht lange. Versprochen.«

      »Komm rein.«

      Die Tür ging auf. Sid huschte in die Kammer, drückte die Tür hinter sich zu und setzte sich auf Marshalls Bett. Es bot die einzige Sitzgelegenheit. Für einen zweiten Stuhl war in der Kammer kein Platz.

      Die Haare des Jungen waren nass. Sid hatte geduscht. Das kam selten vor. Vielleicht einmal im Monat, und das auch nur unter der Androhung von einer Woche Küchendienst.

      »Störe ich?«, fragte Sid, ohne Marshall anzusehen.

      »Nein, wieso?« Er merkte, dass er vergessen hatte, das Display auszuschalten. Er schloss die Charts. »Ich habe nur etwas Buchhaltung gemacht. Was gibt es, Sid?«

      »Ich konnte nicht schlafen.«

      »Und du meinst, ich könnte dir dabei helfen?«

      Sid hob kurz die Schultern an und ließ sie wieder sacken. »Ich war duschen. Du sagst doch immer, warmes Wasser macht müde. Als ich zurück in mein Zimmer wollte, habe ich durch den Türspalt gesehen, dass bei dir noch Licht ist.« Er blickte auf. »Hast du schon gehört? Der Funkkontakt zur STARDUST ist kurz nach dem Einschwenken auf die Umlaufbahn um den Mond abgebrochen. Das Schiff ist verschollen.«

      »Nein, das wusste ich nicht. Das ist traurig.« Marshall verkniff sich den Kommentar, dass es sich bei Rhodan und den übrigen Astronauten um Erwachsene handelte, die sich aus freien Stücken zum Mond hatten schießen lassen. Er wünschte ihnen nichts Schlechtes. Nur: Was ging ihn das Schicksal von vier Menschen an, die den Problemen der Erde den Rücken kehrten?

      »Was ist passiert?«, fragte Marshall. »Ein Unfall?«

      »Wahrscheinlich. Aber man weiß es nicht. Es heißt, sie wären tot. Aber das glaube ich nicht. Rhodan und Bull sind zu clever, um einfach so zu verschwinden.«

      Wünschst du dir!, dachte Marshall und erkannte im selben Moment, dass es Sid mit der STARDUST nicht anders erging als ihm mit der finanziellen Situation der Stiftung: Er wollte nicht wahrhaben, was nicht sein durfte.

      »Raus damit!«, wechselte Marshall das Thema. »Du kommst nicht kurz nach drei zu mir, um mir von der STARDUST zu erzählen, oder?«

      Sid schüttelte den Kopf. »Nein. Ich ... ich wollte mich noch einmal entschuldigen. Was ich in Nevada Fields gemacht habe, war dumm. Richtig blöde. Ich habe nur an mich gedacht und habe dabei den Shelter in Gefahr gebracht. Das habe ich nicht gewollt.« Der Junge hielt ihm entschuldigend die geöffneten Handflächen hin. Die Haut war hell, ja bleich. Als wäre sie einmal verbrüht worden und nachgewachsen.

      »Mach dir nicht zu viele Gedanken. Du hast nichts Böses gewollt.«

      »Aber was ich gemacht habe, war böse!«

      »Nein, du hast nur nicht daran gedacht, was dein Handeln für andere Menschen bedeuten könnte. Das ist alles. Das ist nur menschlich. Aber du hast deinen Fehler ja eingesehen. Du hast gelernt. Du wirst so etwas nicht wieder tun, das weiß ich. Und das ist die Hauptsache.«

      Marshall glaubte, was er sagte. Aber gleichzeitig wollte er Sid loshaben. Er war müde. Er wusste nicht, wohin mit sich und seinen Sorgen. Nicht, ob der Shelter in einer Woche noch bestehen würde. Und vielleicht, wenn er noch einmal durch alle Investments ginge, würde er doch einen Fehler finden ...

      »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist«, sagte Sid. »Ich wollte einfach nur ganz nahe bei der STARDUST sein. Und dann ...«

      »Das ist nachvollziehbar. Rhodan, Bull und die anderen sind deine Helden.«

      Einmal hatte Sid Marshall erzählt, wieso er nach Houston gekommen war: Der Junge hatte geglaubt, das Johnson Space Center wäre noch in Betrieb. Ein Irrtum. Die Hurrikans von 2028 hatten die Anlage zerschmettert. Mit einer Gründlichkeit, die die NASA veranlasst hatte, sich dem allgemeinen Exodus aus der Region anzuschließen und in Nevada eine neue Anlage zu bauen, weit weg von den Wirbelstürmen, welche die Küsten zunehmend heimsuchten.

      »Ja. Ich wünschte, ich könnte bei Rhodan sein. In den Weltraum fliegen. Aber, John, weißt du, manchmal macht mir Angst, was in mir steckt!«

      »Das muss es nicht. Du bist jung. Es gehört dazu, Grenzen auszuloten, über sie hinauszugehen.«

      »Kann sein. Aber bei mir ist es anders. Ich ...«

      »Das ist auch normal. Teenager fühlen sich immer anders als alle anderen.« Marshall stand auf, ging zur Tür, den Kopf wie immer eingezogen, dass er nicht an der schrägen Decke anschlug, und legte die Hand auf den Türknauf. »Sonst noch etwas? Ich bin, ehrlich gesagt, müde.«

      Sid schickte sich an aufzustehen. Doch mitten in der Bewegung hielt er inne, ließ sich auf das Bett zurückfallen. Er hob den Kopf, suchte Marshalls Blick und hielt ihm stand. Seine Hände zitterten. Es kostete ihn alle Kraft, sich zu überwinden.

      »John, du hörst mir gar nicht richtig zu! Willst du mich lossein?«

      »Wie kommst du darauf? Ich bin nur müde. Ich habe mehrere Nächte kaum geschlafen, habe mir Sorgen um dich gemacht und ...«

      »Es tut mir leid! Der Mann von Homeland Security hat gesagt, die Sache wäre erledigt. Das hat er doch, oder?«

      »Ja.«

      »Aber du machst dir trotzdem Sorgen. Das wollte ich nicht.«

      »Ich mache mir keine Sorgen mehr um dich, Sid. Nicht mehr als üblich, wenigstens.«

      »Dann um Tyler und Damon? Ich habe gehört, dass sie gekämpft haben, als ich weg war.«

      »Ja, die Zwillinge machen mir Sorgen, Sid. Bist du jetzt zufrieden?«

      Sid überlegte, dann schüttelte er den Kopf. »Das ist noch nicht alles. Hat es etwas damit zu tun?« Er zeigte auf das Display. »Du surfst sonst nie im Netz.«

      »Ich habe es dir doch gesagt: Buchhaltung.«

      »Und du warst bei Sharon. Ist es