Nun soll der Leser nicht glauben, ich werde ihn mit derselben Behaglichkeit durch diesen zweiten Monat schleppen, mit der die ersten vier Wochen, wie ich glaube, in zu großer Anschaulichkeit vor ihm ausgekramt wurden, – und ich werde ihm nun lang und breit erzählen, wie der Mondmann zuerst sein Dach wieder deckte – wie gesponnen, gehämmert, Käs gegessen, Betten geklopft und Pipi gemacht wurde, – wie es allmählich wärmer wurde, – und wie draußen in dem ruckweise Sich-Entzünden und Glühendwerden des Daches ein Stück von dem Mond nach dem andern zu glosten anfing, und damit beleuchtet wurde, – wie der große Käs erschien u.s.w. Freilich wäre manches Neue aus diesem zweiten Monat zu erwähnen; wie das Verhältnis zwischen Mondmann und -Frau ein ganz anderes und viel besseres war: – wie sie immer zu ihm »mein Goldmännchen« oder das bewundernde »Tausendsassa« sagte, während er sie meist »Mutter« oder »Mutterchen« anredete; wie die Alte den für den Mondmann fatalen Religionsunterricht teils ganz mied, oder jede Gelegenheit benutzte, um den Kindern den Papa als eine Respekts-Person, der man die höchste Verehrung entgegenbringen müsse, hinzustellen; – wie die geistige Verfassung des Alten damit eine ruhigere und behaglichere wurde, – seine Auffassung und Beurteilung der Verhältnisse um ihn eine viel freiere, – wie er sich und seine Familie weit weniger in der Richtung von Himmel, Weltkörper, Sonne und dergleichen in ein Verhältnis zu bringen suchte, als vielmehr in der Richtung vom »großen Käs«, mit dem er sich, man sah, in einer gewissen Art ausgesöhnt hatte; – was für Freude ihm der große Foliant machte, und wie er darin las, und ihn dann mit dem verglich, den die Mondfrau damals beim Religionsunterricht vor sich gehabt; – wie er gesprächiger wurde und seine Kinder streichelte; – wie er seine Ideen, – die allerdings barock genug waren, – jetzt wenigstens mitteilte, sodaß man ein Urteil bekommen konnte, was in ihm vorging, und was der Gegenstand seiner ewigen schwarz-blutigen Unzufriedenheit war; – und schließlich, ob diese plötzliche Wandlung dem Heraufschleppen besseren und reichlicheren Futters, oder der neuen Haube für die Mondfrau, oder dem Folianten zuzuschreiben war; – kurz, es könnte manches zu Gunsten der Verlängerung der »Mondgeschichte«, und auf Kosten der Bequemlichkeit des Lesers, noch mitgeteilt werden, was während des zweiten Monats dem Interieur des Mondhauses ein verändertes Aussehen gab. Aber eine Episode darf ich dem Leser, bevor ich definitiv von diesem merkwürdigen Heim Abschied nehme, doch nicht vorenthalten:
Es war gegen Ende der ersten Woche, eines Nachmittags; alles saß beisammen am langen Tisch; die Kinder in besseren Kleidern; vielleicht war es Sonntag; (ich hatte jede Kalender-Rechnung bereits aufgegeben) – als die Mondfrau ihre frühere Frage, die ihr, wie es schien, recht geläufig war, wiederholte: »Papa, was gibt’s denn neues auf dem großen Käs?« – »Ach«, – sagte der Alte, – »das ist ein merkwürdiges Volk; jetzt haben sie ihre große Stadt angezündet!« – »Die Stadt angezündet,« replizierte die Mondfrau, – »ja, warum denn?« – »Ach, ich glaub’ um uns zu ärgern« »Uns zu ärgern! – ja, was hat das für einen Sinn?« – »Weil wir heller sind – weil wir mehr Licht von der Butterkugel bekommen!« – »Ja, bekommen denn die Käsleute keines?« – »Es ist ja immer ganz dunkel, wenn ich hinunterkomme; – wir haben doch wenigstens vierzehn Tage Helligkeit!« – »Ja, wissen denn die Käsleute; daß wir heller dran sind?« – »Sie schauen doch herauf!« – »Welches dumme Volk, sich um uns zu bekümmern!« – »Ach, Du hättest dabei sein sollen! Dieses Feuer, das sie machten!« – »Nun, und, – was taten sie noch?« – »Sie gestikulierten und schrieen und hüpften oben von ihren Häusern heraus – und ich stand dabei, und mich sahen sie nicht!« – »Dich sahen sie nicht, warum denn? – Bist Du denn anders als die Käsmenschen?« – »Mondfrau«, sagte der Alte, zwar besänftigend, aber mit einem Ton des Vorwurfs, wie mir schien, über die Zumutung, ihn mit den Käsmenschen zu vergleichen. – »Nun, und was tatest Du?« – »Ich raffte zusammen, was ich kriegen konnte, Hüte, Töpfe, Besen, Pinsel… sie warfen ja alles aus den Häusern heraus, – und freuten sich über die Flammen, – und taten ganz verrückt; – einige bliesen in gelbe Röhren, daß es fürchterlich schallte, – andere holten ein Stück aus dem Fluß nach dem anderen und warfen es in die Flammen, daß es hoch aufqualmte; – es war ein Hauptspektakel!« – »Nicht wahr, Papa« – frugen jetzt einige der älteren Mädchen, – »wir sind schöner als die Käsleute?« – »Oh, viel schöner«, – antwortete der Mondmann mit dem Ausdruck einer starken Überzeugung, – »die Käsleute haben unregelmäßige, verzerrte Gesichter, und verzerren sie noch jeden Augenblick anders!« – »Nicht wahr, wir sind auch gescheiter?« – frugen die Kinder weiter. – » In jedem Fall – gesetzter«, – antwortete der Alte sehr nachdenklich, – »gesetzter und mit regelmäßigeren schöneren Gedanken…« – wurde aber immer nachdenklicher dabei. – »Warum müssen wir denn drunten die Käse holen?« frug ein älteres Kind weiter. – » Weil wir keine heroben haben,« antwortete der Gefragte sehr kurz und fast trocken: sein Gesichtsausdruck veränderte sich aber immer merkwürdiger. Einige andere Kinder stellten noch einige unpassende