Schöne Gedichte. Joachim Ringelnatz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Joachim Ringelnatz
Издательство: Bookwire
Серия: Literatur (Leinen)
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783843804028
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nie geahnter Blitzesschnelle

      Hinab nach jener düstern Stelle,

      Die sich der arme Mensch verletzt,

      Wenn er sich auf was Spitzes setzt.

      Die Schnupftabaksdose

      Es war eine Schnupftabaksdose,

      Die hatte Friedrich der Große

      Sich selbst geschnitzelt aus Nußbaumholz.

      Und darauf war sie natürlich stolz.

      Da kam ein Holzwurm gekrochen,

      Der hatte Nußbaum gerochen.

      Die Dose erzählte ihm lang und breit

      Von Friedrich dem Großen und seiner Zeit.

      Sie nannte den alten Fritz generös.

      Da aber wurde der Holzwurm nervös

      Und sagte, indem er zu bohren begann:

      »Was geht mich Friedrich der Große an!«

      Ein männlicher Briefmark erlebte

      Was Schönes, bevor er klebte.

      Er war von einer Prinzessin beleckt.

      Da war die Liebe in ihm erweckt.

      Er wollte sie wiederküssen,

      Da hat er verreisen müssen.

      So liebte er sie vergebens.

      Das ist die Tragik des Lebens!

      Emanuel Pips

      Zu seinem 81. Geburtstag

      Den Kammerjäger Emanuel Pips

      Vom linken Ufer des Mississipps

      Mochte jedermann leiden.

      Er war äußerst bescheiden.

      Er trug acht Zentimeter Rips

      Als Anzug und einen Seiden-

      Faden in Grün als Schlips,

      Fragte niemals nach Rennbahntips,

      Hatte überhaupt keinen Grips,

      Aß einmal am Tage (potato-ships),

      Trank alkoholfreie Salzwasserflips,

      Wurde trotz alledem magenkrank

      Und starb am Schwips.

      Seine kleine Büste aus Gips

      Steht unter anderen Nippes

      Heute auf meinem Bücherschrank.

      Berichtigung: Kammerjäger Pips

      Schrieb sich eigentlich innen mit Yps-

      Ilon, doch war so bescheiden und lieb,

      Daß es ihm gleich war, wie man ihn schrieb.

      Schwefelholz

      War einmal ein Schwefelholz,

      Das sich mit erhabnem Stolz

      Einen Anarchisten nannte

      Und ein ganzes Haus verbrannte.

      Dieses war schon ungewöhnlich,

      Doch es kannte auch persönlich

      Meyers Taschenlexika,

      Ganz speziell das Bändchen »A«,

      Weshalb es sich nach dem Brande

      An besagtes Bändchen wandte

      Mit den Worten: »Sag, was ist

      Eigentlich ein Anarchist?«

      Ringelnatter

      »Nein«, schimpfte die Ringelnatter, »die Mode

      Von heutzutage, die wurmt mich zu Tode.

      Jetzt soll man täglich, sage und schreibe,

      Zweimal die Wäsche wechseln am Leibe.

      Und immer schlimmer wird’s mit den Jahren.

      Es ist rein um aus der Haut zu fahren!«

      So schimpfte die Ringelnatter laut,

      Und wirklich fuhr sie aus der Haut.

      Der Vorfall war nicht ohne Bedeutung,

      Denn zoologisch nennt man das Häutung.

      Es war ein Brikett

      Es war ein Brikett, ein großes Genie,

      Das Philosophie studierte

      Und später selbst an der Akademie

      Im gleichen Fache dozierte.

      Es sprach zur versammelten Briketterie:

      »Verehrliches Auditorium,

      Das Leben – das Leben – beachten Sie –

      Ist nichts als ein Provisorium.«

      Da wurde als ketzerisch gleich verbannt

      Der Satz mit dem Provisorium.

      Das arme Brikett, das wurde verbrannt

      In einem Privatkrematorium.

      Sie faule, verbummelte Schlampe

      »Sie faule, verbummelte Schlampe«,

      Sagte der Spiegel zur Lampe.

      »Sie altes, schmieriges Scherbenstück«,

      Gab die Lampe dem Spiegel zurück.

      Der Spiegel in seiner Erbitterung

      Bekam einen ganz gewaltigen Sprung.

      Der zornigen Lampe verging die Puste.

      Sie fauchte, rauchte, schwelte und rußte.

      Das Stubenmädchen ließ beide in Ruhe

      Und doch: Ihr schob man die Schuld in die Schuhe.

      Das Schlüsselloch

      Das Schlüsselloch, das im Haustor saß,

      Erlaubte sich nachts einen Spaß.

      Es nahten Studenten

      Mit Schlüsseln in Händen.

      Da dachte das listige Schlüsselloch:

      Ich will mich verstecken,

      Um sie zu necken!

      Worauf