Schöne Gedichte. Joachim Ringelnatz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Joachim Ringelnatz
Издательство: Bookwire
Серия: Literatur (Leinen)
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783843804028
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haben gemeinsam wir

      Am gleichen Tische gegessen,

      Sie Regenwürmer mit zwei Tropfen Bier,

      Ich totere Delikatessen.

      Sie opferte mir ihren zierlichen Schwanz.

      Ich lehrte sie überwinden

      Und Knoten schlagen und Spitzentanz,

      Schluckdegen und Selbstbinder binden.

      Sie war so appetitlich und nett,

      Sie schlief Nacht über in in meinem Bett

      Als wie ein kühlender Schmuckreif am Hals,

      Metallisch und doch so schon weichlich.

      Und wen ihr wirklich was schlimmstenfalls

      Passierte, so war es nie reichlich.

      Kein Sexuelles und keine Dressur.

      Ich war ihr ein Freund und ein Lehrer,

      Was keiner von meinen Bekannten erfuhr;

      Wer mich besuchte, der sah sie nur

      Auf meinem Schreibtisch steif neben der Uhr

      Als bronzenen Briefbeschwerer.

      Und Jahre vergingen. Dann schlief ich einmal

      Mit Blindschl und träumte im Betti

      (Jetzt werde ich wieder sentimental)

      Gerade, ich äße Spaghetti.

      Da kam es, daß irgendwas aus mir pfiff.

      Mag sein, daß es fürchterlich krachte.

      Fest steht, daß Blindschl erwachte

      Und – sie, die sonst niemals nachts muckte –

      Wild züngelte, daß ich nach ihr griff

      Und sie, noch träumend, verschluckte.

      Es gleich zu sagen: Sie ging nicht tot.

      Sie ist mir wieder entwichen,

      Ist in die Wälder geschlichen

      Und sucht dort einsam ihr tägliches Brot.

      Vorbei! Es wäre – ich bin doch nicht blind –

      Vergebens, ihr nachzuschleichen.

      Weil ihre Wege zu dunkel sind.

      Weil wir einander nicht gleichen.

      Meditation

      Wolleball hieß ein kleiner Hund,

      Über den ein jeder lachte,

      Weil er keine Beine hatte und

      so viel süße Schweinereien machte.

      Warum ist man überall geniert?

      Warum darf man nicht die Wahrheit sagen?

      Warum reden Menschen so geziert,

      Wenn sie ein Bein übers andre schlagen?

      Um dies überschätzte homo sum

      Werd ich täglich wirrer und bezechter.

      Ach, die Schlechtigkeit ist gar zu dumm,

      Doch die Dummheit ist noch zehnmal schlechter.

      Hat der Wolleball von seinem Herrn

      Nichts gewußt, nur Launen mitempfunden,

      Hatte der ihn andrerseits sehr gern

      Und verstand im Grunde nichts von Hunden.

      Er ist tot, auf den ich solches dichte.

      Mir ist Wurscht, wo sein Gebein jetzt ruht.

      Aber die Pointe der Geschichte

      Muß ich sagen: er war herzensgut.

      Und sein Wolleball war gut. Er grollte

      Nie. Ein einzig Mal nur biß

      Er nach mir, als ich verhindern wollte,

      Daß er wieder in die Hausschuh schiß.

      Sinnender Spatenstich

      Unter der Erde murkst etwas,

      Unter der Erde auf Erden.

      Pitschert, drängelt. – Was will das

      Ding oder was wird aus dem Ding,

      Das doch in sich anfing, einmal werden??

      Knolle, Puppe, Keim jeder Art

      Hält die Erde bewahrt,

      Um sie vorzubereiten

      Für neue Zeiten.

      Die Erde, die so viel Gestorbenes deckt,

      Gibt dem Abfall, auch Sonderlingen

      Asyl und Ruhe und Schlaf. Und erweckt

      Sie streng pünktlich zu Zwiebeln, zu Schmetterlingen.

      Zu Quellen, zu Kohlen – – –

      Unter der Erde murkst ein Ding,

      Irgendwas oder ein Engerling.

      Zappelt es? Tickt es? Erbebt es? –

      Aber eines Tages lebt es.

      Als turmaufkletternde Ranke,

      Als Autoöl, als Gedanke – – –

      Fäule, Feuchtigkeit oder feiner Humor

      Bringen immer wieder Leben hervor.

      Das Käferconzert

      In einem schönen Thal am Rein

      Befand sich der Käfermusikverein,

      Es sollte nämlich unter den Linden

      Ein größes Käferconzert stattfinden.

      Und wo man nur war jeden Augenblick,

      Hörte man sprechen von dieser Musik.

      Und beim hellen Sonnenschein,

      Fanden sich nun die Tiere ein.

      Und als alle angekommen,

      Natürlich die Vögel ausgenommen,

      Da kamen die Musikanten an

      Es waren 560 Mann.

      Und zuletzt kam n‘auch noch schnelle

      Musikdirektor Herr Libelle.

      Und die ganzen Käferlein,

      Stimmten an die Wacht am Rein.

      Die Bienen,

      spielten auf Violienen.

      Der Bettfloh,

      Spielte Cello.

      Die Ameise,

      Spielte die Flöte leise.

      Der Goldschmied,

      Sang ein Lied.

      Das Scheibentier,

      Spielte auf dem Klavier.

      Aber der Wasserfloh,

      Spielte Oboe.

      Die Kleidermotten