An der Thüre des Nebenzimmers erschien im nächsten Augenblick Danusia, deren gerötete Augen von Schlaflosigkeit zeugten. In der Hand trug sie eine Schüssel voll dampfender Grütze, welche ihr von einem alten Hoffräulein kurz zuvor übergeben worden war, ein Mittel, das der Pater Wyszoniek auf Zbyszkos schmerzende Seite legen sollte.
»Komm her zu mir, Kleine,« sagte Fürst Janusz. »Stelle die Schüssel hin und komm!«
Und da sie sich schüchtern näherte, denn der »Herr« flößte ihr immer eine gewisse Angst ein, zog er sie voll Güte zu sich heran und strich ihr sanft über das Gesicht, indem er sagte: »Dich hat viel Ungemach getroffen, Du armes Kind!«
»Ja, o ja!« antwortete Danusia.
Ihr Herz war betrübt, die Thränen waren immer bereit, und so begann sie sofort zu weinen, aber ganz leise, um den Fürsten nicht zu erzürnen, er aber fragte: »Weshalb schluchzest Du so?«
»Weil Zbyszko krank ist!« erwiderte sie, ihr Gesicht in den Händen verbergend.
»Fürchte nichts, er wird gesunden. Nicht wahr, Pater?«
»Ei! durch den Willen Gottes ist er der Hochzeit näher als der Bahre!« entgegnete der gute Pater Wyszoniek.
Und der Fürst sagte: »Warte! ich gebe Dir ein Heilmittel für ihn, das ihm entweder Erleichterung oder völlige Genesung bringt.«
»Haben denn die Kreuzritter den Balsam geschickt?« rief Danusia lebhaft, die Hände vom Gesicht entfernend.
»Der Balsam, welchen die Kreuzritter schicken, ist mehr für die Hunde geeignet, als für den Ritter, welchen Du liebst. Aber ich gebe Dir etwas anderes.«
Bei diesen Worten wandte er sich zu den Hofherren und rief: »Mag einer gehen, um die Sporen und den Gürtel zu holen!«
Nach einer Weile, als ihm das Verlangte gebracht wurde, sagte er zu Danusia: »Bring dies zu Zbyszko und teile ihm mit, daß er sich von dieser Zeit an als gegürtet betrachten solle. Wenn er dahinscheidet, wird er vor Gott als miles cinctus stehen, und wenn nicht, so kann alles weitere in Ciechanow oder in Warschau abgemacht werden.«
Von Dankbarkeit hingerissen, umschlang Danusia des Fürsten Knie, dann nahm sie die ritterlichen Ehrenzeichen in die eine Hand, die Schüssel mit der Grütze in die andere und eilte rasch der Stube zu, worin Zbyszko lag. Die Fürstin, welche ihre Freude mitgenießen wollte, folgte ihr.
Zbyszko war schwer krank, doch als er Danusia erblickte, wandte er ihr sofort sein bleiches, von Schmerz entstelltes Antlitz zu und fragte: »Ist der Böhme zurückgekehrt, mein Täubchen?«
»Was liegt an dem Böhmen!« antwortete das junge Mädchen. »Ich bringe Dir eine weit bessere Nachricht. Zum Ritter gürtet Dich der ›Herr‹, und sieh nur, was er Dir durch mich sendet.«
Bei diesen Worten legte sie den Gürtel und die goldenen Sporen vor Zbyszko hin. Seine Wangen röteten sich vor Freude und Verwunderung, er sah bald auf Danusia, bald auf die Ehrenzeichen, dann drückte er die Augen zu und sagte: »Wie ist dies möglich? Wie kann er mich zum Ritter gürten?«
Da in diesem Augenblick die Fürstin eintrat, richtete er sich ein wenig empor, um ihr zu danken. Er bat sie um Verzeihung, daß er ihr nicht zu Füßen fallen konnte, denn er hatte sofort erraten, daß er ihrer Fürbitte sein Glück zu danken habe. Sie aber befahl ihm, sich ruhig zu verhalten, und mit Danusias Hilfe legte sie sanft sein Haupt wieder in die Kissen zurück. Mittlerweile trat auch der Fürst, gefolgt von dem Pater Wyszoniek, dem Oberjägermeister und einigen andern Hofherren in das Zimmer. Fürst Janusz gab schon an der Thüre ein Zeichen mit der Hand, damit Zbyszko sich nicht bewege, und nachdem er an dessen Lager Platz genommen hatte, begann er folgendermaßen zu sprechen: »Hört mich an! Niemand hat Ursache, sich darüber zu wundern, wenn edle, tapfere Thaten belohnt werden. Denn wenn die Tugend keine Anerkennung fände, dann würde auch die Schlechtigkeit der Menschen nicht bestraft werden. Und weil Du Dein Leben in die Schanze schlugst und uns mit Schädigung Deiner eigenen Gesundheit vor großer Trauer bewahrtest, deshalb räumen wir Dir das Recht ein, Dich mit dem Rittergürtel zu gürten, so daß fortan nur Ehre und Ruhm Deinem Namen anhaften.«
»Allergnädigster Herr,« erwiderte Zbyszko, »und hätte ich auch zehnmal mein Leben in die Schanze geschlagen, ich würde es nicht bereuen.«
Er verstummte tief bewegt und in diesem Augenblick legte ihm die Fürstin die Hand auf die Lippen, weil Pater Wyszoniek ihm das Reden verboten hatte. Der Fürst aber fuhr fort: »Ich glaube, Du kennst Deine Ritterpflicht und wirst Dich dieser Ehrenzeichen würdig zeigen. Unserm Erlöser mußt Du dienen, dem Gesalbten des Reiches mußt Du treu sein, ungerechten Kampf vermeiden und die Unschuld in ihrer Bedrängnis verteidigen, wobei Dir Gott und sein heiliges Kreuz beistehen mögen!«
»Amen!« sagte der Pater Wyszoniek.
Der Fürst aber erhob sich, machte das Zeichen des Kreuzes über Zbyszko und sagte beim Weggehen: »Sobald Du genesen bist, begiebst Du Dich sofort nach Ciechanow, wohin ich auch Jurand kommen lasse.«
Neuntes Kapitel.
Drei Tage später traf die schon angekündigte Frau mit dem hereynischen Balsam ein und zugleich mit ihr kam auch der Hauptmann der Bogenschützen aus Szczytno mit einem von den Brüdern unterschriebenen und mit Danvelds Siegel versehenen Briefe, worin die Kreuzritter Himmel und Erde zu Zeugen der Schmach anriefen, die ihnen in Masovien zugefügt worden sei, und unter Androhung der schwersten Strafe strenges Gericht wegen der Ermordung ihres Gefährten und Gastes verlangten. Der Brief enthielt auch eine von Danveld diktierte Anklage, denn er forderte in teils demütigen, teils drohenden Worten die gebührende Buße für seine schwere Verletzung und die Verhängung des Todesurteils über den jungen Böhmen. Aber der Fürst zerriß diesen Brief vor den Augen des Hauptmanns, warf ihn vor dessen Füße und rief: »Um mich zu gewinnen, schickte der Meister diese Ritter hierher, aber sie haben nur meinen Zorn erregt. Sagt ihnen daher von mir, ich wisse, daß sie selbst ihren Gast getötet haben und den jungen Böhmen töten wollten, dies werde ich dem Meister schreiben und auch hinzufügen, er möge andere Gesandte schicken, falls er wünsche, daß ich bei einem Kriege mit dem Krakauer König nicht Partei ergreife.«
»Allergnädigster Herr,« antwortete der Hauptmann, »ist dies die einzige Antwort, die ich den mächtigen Brüdern überbringen soll?«
»Wenn Euch dies nicht genügt, so sagt ihnen, daß ich sie für niederträchtige Hunde, nicht für wahre Ritter halte.«
Damit endigte die Unterredung. Der Hauptmann schickte sich zur Abfahrt an, und der Fürst brach noch am nämlichen Tage nach Ciechanow auf. So blieb denn nur die Frau mit dem Balsam zurück, den der mißtrauische Pater Wyszoniek nicht anwenden wollte, zumal der Kranke in der vorhergegangenen Nacht gut geschlafen hatte, und des Morgens zwar noch etwas ermattet aber doch fieberfrei erwacht war.
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Pater Wyszoniek nahm es beinahe schon als sicher an, daß der Kranke genesen werde, als plötzlich ein unvorhergesehenes Ereignis alle Berechnungen und Hoffnungen zu nichte machte. Von Jurand kamen Boten mit einem an die Fürstin gerichteten Briefe, der schlimme, traurige Nachrichten enthielt. In Spychow war ein Teil von Jurands Burg abgebrannt, er selbst bei seinen Rettungsversuchen von einem brennenden Balken verletzt worden. Der Pater Kaleb, welcher in seinem Namen schrieb, berichtete zwar, daß Jurand wieder genesen werde, daß aber auch dessen eines, bisher gesundes Auge jetzt durch die Flammen Schaden genommen habe, so daß er der Sehkraft beinahe beraubt sei und ihm völlige Erblindung drohe.
Aus diesem Grunde forderte Jurand die Tochter auf, sofort nach Spychow zu kommen, da er sie noch sehen wolle, bevor völlige Dunkelheit ihn umgebe. Auch wünschte er, daß sie fortan bei ihm bleibe. Da jeder Blinde, der sich durch Almosen das Leben friste, ein Kind bei sich habe, das ihn an der Hand führe und ihm den Weg zeige, sehe er die Notwendigkeit nicht ein, weshalb er dieses einzigen Trostes beraubt werden und unter Fremden sterben solle. Der Brief enthielt