Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Henryk Sienkiewicz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788026828167
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putzen, aber dagegen hatte man sie auch rascher zur Hand, und der Wurm konnte dem Holze an den Lanzen, den Bogen und den Beilen nichts anhaben. Die kostbaren Gewänder ließ der fürsorgliche Macko jedoch in die Kammer bringen, in der er schlief.

      In den vorderen Stuben standen in der Nähe der Fenster Tische aus Fichtenholz gezimmert und ebensolche Bänke, auf denen sich die Herren und die Knechte gemeinsam zum Speisen niederließen. Wenn nun aber auch die Leute durch die langen Kriegsjahre jede Bequemlichkeit entbehren gelernt hatten, gebrach es doch in Bogdaniec an Brot, Mehl und an den verschiedenen andern Vorräten, vornehmlich aber auch an Geschirr. Die Bauern trugen freilich herbei, was in ihren Kräften stand; außerdem rechnete Macko darauf, daß ihm die Nachbarn behilflich sein würden – und er täuschte sich nicht, wenigstens nicht in Betreff von Zych aus Zgorzelic.

      Am Tage nach der Heimkehr saß der alte Edelmann just auf einen Baumstumpf vor dem Hause, um das herrliche Herbstwetter zu genießen, als Jagienka mit Wangen wie ein rotbäckiges Aepfelchen auf ihrem Rappen in den Vorhof sprengte. Ein Knecht, der in der Nähe des Zaunes Holz spaltete, wollte ihr vom Pferde helfen, allein sie sprang wie der Blitz zur Erde und eilte, ein wenig atemlos von dem schnellen Ritte, auf Macko zu.

      »Gelobt sei Jesus Christus! Ich bringe Euch Grüße vom Vater, der sich nach Eurer Gesundheit erkundigen läßt.«

      »Nicht besser ist es mir, als es mir unterwegs ging,« antwortete Macko, »allein man schläft doch in seinen eigenen vier Wänden.«

      »Ihr müßt aber ja große Beschwerden leiden, und ein Kranker bedarf der Pflege.«

      »Wir sind hart gewöhnt. Freilich im Anfange muß man jeder Bequemlichkeit entbehren, allein es fehlt auch an Nahrungsmitteln. Ich gab indessen Befehl, einen Ochsen und zwei Schafe zu schlachten, dann haben wir genug Fleisch. Die Frauen der Bauern brachten übrigens Mehl und Eier, doch immerhin nur wenig, und vor allem gebricht es uns an dem gewöhnlichsten Geräte und Geschirr.«

      »Zwei Wagen ließ ich für Euch voll laden. Auf dem einen kommen Polster für Euch beide zum Schlafen, Geräte und Geschirr, auf dem andern allerlei Nahrungsmittel. Und was habe ich nicht alles für Euch bestimmt! Fladen und Mehl, und Speck, und getrocknete Pilze, und ein Fäßchen Bier, und Honig, kurz, von allem, was wir im Hause haben, erhaltet Ihr etwas.«

      Macko, dem jede Zufuhr willkommen war, streckte die Hände aus, strich Jagienka über das Haar und sagte: »Gott lohne es Dir und Deinem Vater. Sobald die Wirtschaft wieder in gutem Stande ist, geben wir alles zurück.«

      »Was fällt Euch denn ein!«

      »Nun, so möge Euch Gott reichlich dafür lohnen. Der Vater erzählte mir, wie gut Du zu wirtschaften verstehst. Du herrschst nun fast ein Jahr allein über Zgorzelic.«

      »Je nun! Wenn Euch noch irgend etwas nötig ist, schickt jemand, jedoch nur einen, der weiß, um was es sich handelt, denn das ist doch thöricht, daß bisweilen ein Abgesandter kommt und nicht weiß, weshalb er geschickt wird.«

      Nach diesen Worten sah Jagienka etwas zaghaft umher, und Macko, der dies bemerkte, fragte lächelnd: »Nach wem schaust Du umher?«

      »Nach keinem Menschen.«

      »Ich sende Zbyszko zu Euch. Er möge Zych und Dir in meinem Namen danken. Gefällt Dir Zbyszko? Wie?«

      »Ei, ich habe ihn noch nie angesehen.«

      »So thue das jetzt, denn just kommt er.«

      In der That kam Zbyszko von der Tränke, zu der die Pferde geführt worden waren, zurück und verdoppelte seine Schritte, als er Jagienka gewahr wurde. In ein Gewand von Elentierhaut gekleidet, eine runde Mütze auf dem Haupte, wie sie unter dem Helme getragen zu werden pflegte, mit über der Stirn gerade geschnittenen, in goldenen Ringeln frei über die Schulter herabwallenden Haaren, die von keiner Netzhaube gehalten wurden, näherte er sich dem jungen Mädchen hoch aufgerichtet, stattlich, einem Schildknappen aus edlem Hause zu vergleichen. Jagienka wich unwillkürlich zu Macko zurück, wie um zu zeigen, daß sie nur zu ihm gekommen sei, allein Zbyszko begrüßte sie fröhlich, ergriff ihre Rechte und führte diese trotz des ihm geleisteten Widerstandes an die Lippen.

      »Weshalb küßt Ihr mir die Hand?« fragte sie. »Bin ich denn ein Diener des Herrn?«

      »Wehrt Euch nicht, das ist nun so einmal der Brauch.«

      »Und selbst wenn er Dir auch noch die andere Hand küßte,« warf Macko ein, »wäre es nicht zu viel für das, was Du gebracht hast.«

      »Was brachte sie denn?« rief Zbyszko, der, trotzdem er seine Blicke umherschweifen ließ, nichts sah, als das Mädchen und dessen an dem Zaune festgebundenen Rappen.

      »Die Wagen sind noch nicht eingetroffen, aber sie kommen,« entgegnete Jagienka.

      Nun begann Macko aufzuzählen, was ihnen alles zugeschickt werde, als er indessen die beiden Polster erwähnte, erklärte Zbyszko: »Wenn ich auch gern auf gereinigten Häuten liege, danke ich Euch doch, daß Ihr meiner gedacht habt.«

      »Nicht ich that dies, sondern der Vater,« bemerkte Jagienka errötend. »Wenn Ihr aber lieber auf Häuten, als auf Polstern schlaft, so thut Euch keinen Zwang an.«

      »Ich ziehe Häute vor. Mehr als einmal pflegte ich im Kriege, nach einem Kampfe, einen erschlagenen Kreuzritter unter dem Kopfe zu haben, wenn ich schlief.«

      »Wenn Ihr aber einmal von den Kreuzrittern getötet werdet? Seid Ihr denn sicher, daß dies nie geschieht?«

      Statt aller Antwort lachte Zbyszko laut auf, Macko aber entgegnete: »Danke dem Schöpfer, Mädchen, daß Du ihn nicht kennst! Nichts, nichts hat er gethan, als auf die Deutschen eingehalten, daß es nur so sauste. Mit der Lanze, mit dem Schwerte, mit allem möglichen schlug er zu, und wenn er nur einen Kreuzritter von weitem erblickte, stürzte er sich auf ihn, selbst wenn man ihn mit aller Gewalt zurückhalten wollte. Vor Krakau band er sogar mit dem Gesandten Lichtenstein an, und es hätte nicht viel gefehlt, so wäre er deshalb um seinen Kopf gekommen. So ist dieser Bursche! Und von zwei Friesen kann ich Dir erzählen, von denen wir so viel Knechte und Beute gewonnen, daß wir mit der Hälfte Bogdaniec auslösen könnten.«

      Ausführlich schilderte nun Macko den Kampf mit den Friesen und kam dann auf andere Abenteuer, die sie bestanden, auf andere Thaten, die sie ausgeführt hatten, zu sprechen. Er berichtete, wie sie sowohl innerhalb der Wälle wie auf offenem Felde mit den hervorragendsten Rittern aus den entferntesten Ländern zusammengestoßen waren. Was erzählte er nicht alles! Sie kämpften mit Deutschen, sie kämpften mit Franzmännern, sie kämpften mit Engländern und mit Burgundern. So stürmisch ging es gar häufig in dem Streite zu, daß Pferde, Leute, Waffen und die Deutschen mit ihren Federbüschen geradezu einen einzigen Knäuel zu bilden schienen. Und was sie nicht alles gesehen hatten! Schlösser der Kreuzritter mit roten Ziegeldächern, litauische Burgen, aus Holz erbaut, Kirchen, wie es um ganz Bogdaniec keine gab, Städte und ungeheure Wüsteneien mit ihren Heidentempeln, durch die des Nachts der Wind heulte, und viele, viele andere Herrlichkeiten. Wo es aber auch zum Kampfe gekommen sein mochte, hei, da war Zbyszko stets der erste gewesen, ihn hatten die berühmtesten Ritter bewundert.

      Auf dem Baumstumpfe neben Macko sitzend, lauschte Jagienka mit offenem Munde dieser Erzählung, indem sie ihr Köpfchen, gerade als ob es in einer Schraube wäre, bald zu Macko bald zu Zbyszko drehte. Auf dem jungen Ritter aber ruhten ihre Blicke stets mit der größten Bewunderung. Als Macko schließlich zu Ende gekommen war, atmete sie tief auf und rief: »Daß doch Gott einen solchen Menschen erschaffen hat!«

      Zbyszko aber, der während der ganzen Erzählung das junge Mädchen fast forschend betrachtet hatte, dachte augenscheinlich jetzt an etwas ganz anderes, denn er rief mit einem Male: »Und auch ein so schönes Mädchen!«

      Darauf erwiderte Jagienka halb ärgerlich, halb schmerzlich: »Ihr seid viel schöner als ich.«

      Ohne sich indessen einer Lüge schuldig zu machen, konnte ihr Zbyszko erwidern, daß er noch nicht viele gesehen habe, die sich ihr vergleichen ließen, war doch Jagienka das Bild von Jugend, Gesundheit und Kraft. Der alte Abt pflegte nicht mit Unrecht zu sagen, sie sei schön wie die Holderblüte und schlank wie die Tanne.