Anne in Ingleside. Lucy Maud Montgomery. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lucy Maud Montgomery
Издательство: Bookwire
Серия: Anne Shirley Romane
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783732008995
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du kommst nie auf die Idee, mit Petroleum Feuer anzuzünden oder irgendwelche ölige Lappen rumliegen zu lassen. In Null Komma nichts kann das Haus abbrennen, und du bist schuld dran, Susan. Das willst du doch nicht, oder?‘ In der darauffolgenden Nacht hat sie dann selber die Vorhänge in Brand gesetzt. Ihr Geschrei klingt mir jetzt noch in den Ohren. Aber da hab ich erst mal schallend gelacht! Die Kinder mögen sie auch nicht. Die Frau Doktor hat alle Hände voll damit zu tun, ihnen einzutrichtern, daß sie der Tante das bloß nicht zeigen sollen. Einmal, als Herr und Frau Doktor weg waren, ist sie tatsächlich hergegangen und hat Nan eine runtergehauen, bloß weil Nan ‚Mrs. Mefusaleh‘ zu ihr gesagt hat.“

      „Na, da hätte ich aber zurückgeschlagen“, sagte Rebecca Dew wütend.

      „Ich hab ihr angedroht, daß sie das nächstemal von mir eine verpaßt kriegt. ‚In Ingleside gibt es keine Schläge, höchstens mal einen kleinen Klaps, merken Sie sich das!‘ hab ich zu ihr gesagt. Daraufhin hat sie mal wieder eine ganze Woche lang geschmollt, aber immerhin hat sie nie wieder eins der Kinder angefaßt. Dafür genießt sie es, wenn ihre Eltern sie bestrafen. Letztens sagte sie zum Beispiel zu Jem: ‚Wenn ich deine Mutter wäre, dann…‘, und er sagt: ‚Pah, du und Mutter‘. Der arme Kerl, schließlich hat sie ihn selber soweit getrieben. Jedenfalls, der Doktor hat ihn daraufhin zur Strafe ohne Abendessen ins Bett geschickt. Nicht, ohne ihm später heimlich was aufs Zimmer zu bringen.“ Susan hatte sich richtig in Rage geredet.

      „Vielleicht sollte man das alles einfach nicht so ernst nehmen, Miss Baker“, sagte Rebecca Dew begütigend.

      „Ja, die Sache hat ja auch ihre komischen Seiten“, gab Susan zu. „Es tut mir leid, daß ich Sie jetzt mit all dem belästigt habe, liebe Miss Dew, aber es hat mich ungeheuer erleichtert. Ich kann doch nicht so zur Frau Doktor reden! Aber in letzter Zeit habe ich wirklich gedacht, ich platze, wenn ich meinem Ärger nicht bald Luft mache.“

      „Das Gefühl kenne ich nur zu gut“, seufzte Rebecca.

      „So, und jetzt, Miss Dew“, sagte Susan und stand erleichtert auf, „was halten Sie von einer Tasse Tee vor dem Zubettgehen? Und von einem kalten Hähnchenschenkel?“

      „Da sage ich nicht nein“, freute sich Rebecca und zog ihre heißen Füße vom Ofen weg. „Wenden wir uns den angenehmen Dingen des Lebens zu.“

      Kapitel 12

      Eines Morgens Ende November sah alles plötzlich wie verzaubert aus: Der erste Schnee war gefallen. Die Kinder waren ganz aus dem Häuschen, als sie zum Frühstück heruntergestürmt kamen. Jem stürzte ins Wohnzimmer und rief:

      „Mami, Jetzt dauert es gar nicht mehr lang, bis der Weihnachtsmann kommt, stimmt’s?“

      „Du glaubst doch wohl nicht etwa noch an den Weihnachtsmann!?“ rief Tante Mary Maria entrüstet.

      Anne warf Gilbert einen alarmierenden Blick zu, woraufhin dieser mit ernster Stimme sagte:

      „Wir wollen, daß unsere Kinder sich möglichst lang ihren Traum vom Märchenland bewahren, liebe Tante.“

      Zum Glück war Jem Tante Mary Marias Bemerkung entgangen. Er und Walter waren viel zu sehr mit dem Schnee beschäftigt und konnten es kaum erwarten, hinauszulaufen in diese herrliche Winterwelt. Dabei fand Anne es immer schade, wenn der schöne, unberührte Schnee durch Fußabdrücke verschandelt wurde. Aber das ließ sich nun mal nicht vermeiden. Dafür genoß Anne nun die Abende, wenn im Westen die Sonne flammend unterging und sie im Wohnzimmer vor dem gemütlichen Ahornfeuer sitzen konnte.

      Gilbert hatte es sich heute auf der Couch bequem gemacht und versuchte abzuschalten. Einer seiner Patienten war an Lungenentzündung gestorben. Rilla, die in ihrem Körbchen lag, war währenddessen mit dem Versuch beschäftigt, ihre kleinen Fäustchen aufzuessen. Und Krabbe hatte Mut gefaßt und es sich schnurrend und mit eingerollten Pfoten auf dem Kaminvorleger bequem gemacht – sehr zu Tante Mary Marias Mißfallen.

      „Apropos Katzen“ sagte sie in wehleidigem Ton, dabei hatte überhaupt niemand von Katzen gesprochen, „ich furchte, heute nacht tauchen sämtliche Katzen von Glen bei uns auf. Ich kann überhaupt nicht begreifen, wie ihr letzte Nacht bei dem Katergejaule da draußen schlafen konntet. Aber da mein Zimmer nach hinten hinaus liegt, komme ich natürlich als einzige in den Genuß dieses Konzerts.“

      Bevor jemand eine Antwort fand, trat Susan ein und kündigte Mrs. Marshall Elliotts Besuch an; sie hatte sie in Carter Flaggs Laden getroffen. Was Mrs. Elliott zu ihr gesagt hatte, behielt Susan jedoch lieber für sich: „Was ist bloß los mit Mrs. Blythe, Susan? Als ich sie letzten Sonntag in der Kirche sah, fiel mir auf, wie müde und besorgt sie aussieht. So habe ich sie noch nie erlebt.“

      „Ich kann Ihnen schon sagen, was los ist“, hatte Susan grimmig geantwortet. „Diese Tante Mary Maria gibt ihr langsam den Rest. Und der Herr Doktor scheint das gar nicht zu merken.“ Sie verstaute ihre Pakete im Einkaufskorb.

      „Ist das nicht wieder mal typisch Mann?“ hatte Mrs. Elliott daraufhin bemerkt und war mit Susan mitgegangen.

      „Da freue ich mich!“ rief Anne jetzt, als sie von dem Besuch hörte und sprang auf, um Licht zu machen. „Ich habe Miss Cornelia so lange nicht mehr gesehen. Sie wird sicher wieder eine Menge Neuigkeiten zu berichten haben.“

      „Und ob!“ meinte Gilbert nur trocken.

      „Diese Frau ist eine ganz gemeine Klatschbase“, schimpfte Tante Mary Maria aus ihrer Sesselecke.

      Es war wohl das erste Mal im Leben, daß Susan auffuhr, um für Miss Cornelia Partei zu ergreifen:

      „Das ist sie nicht, Miss Blythe, das nehmen Sie sofort zurück! Miss Cornelia und gemein! Kennen Sie nicht das Sprichwort ‚Ein Esel schilt den andern Langohr‘?“ Sie stemmte die Arme in die Hüften.

      „Susan … Susan“, warf Anne mit flehentlichem Blick ein.

      „Ich bitte um Verzeihung, Frau Doktor. Ich gebe zu, ich habe vergessen, was sich gehört. Aber was zuviel ist, ist zuviel.“ Daraufhin flog die Tür mit lautem Knall zu.

      „Siehst du, Annie?“ sagte Tante Mary Maria bedeutungsvoll. „Aber solange du deine Augen vor derlei unangemessenem Verhalten verschließt, wird sich wohl auch nichts ändern.“

      Gilbert stand auf in der Hoffnung, wenigstens in der Bibliothek etwas Ruhe zu finden. Und Tante Mary Maria, die Miss Cornelia nicht ausstehen konnte, begab sich hoheitsvoll zu Bett. Infolgedessen traf Miss Cornelia Anne schließlich alleine an, als sie sich gerade ziemlich ermattet über das Babykörbchen beugte. Entgegen ihrer Gewohnheit schüttete sie nicht sogleich einen Sack voll Neuigkeiten aus, sondern setzte sich neben Anne hin und nahm ihre Hand.

      „Liebste Anne, was ist denn los?“ fragte sie freundlich. „Ich weiß, daß irgend etwas nicht stimmt. Ist es diese Nervensäge Mary Maria, die dich ärgert?“

      Anne versuchte zu lachen.

      „Ach, Miss Cornelia“, seufzte sie, „ich weiß, es ist albern, daß ich mir das alles so zu Herzen nehme, aber heute war ich mal wieder so weit, daß ich gedacht habe, ich kann sie nicht länger ertragen. Sie macht uns allen das Leben zur Hölle.. “Anne strich sich die Haare aus dem Gesicht.

      Miss Cornelia schnalzte mit der Zunge. „Warum sagt ihr nicht einfach, daß sie gehen soll?“

      „Das bringen wir nicht fertig. Zumindest ich bringe es nicht fertig, und Gilbert weigert sich. Er sagt, er müßte sich zu Tode schämen, wenn er seine eigene Verwandtschaft vor die Tür setzt.“

      „Zum Teufel aber auch!“ rief Miss Cornelia empört. „Sie hat doch genug Geld und ein großes Haus für sich allein. Warum setzt ihr sie nicht einfach vor die Tür und erinnert sie daran, daß sie selber ein Zuhause hat?“

      „Sie haben ja recht, aber Gilbert… ich glaube, ihm entgeht so manches. Er ist so oft weg, und eigentlich sind es ja auch nur Kleinigkeiten. Ich schäme mich so …“ Anne konnte nicht weitersprechen, sie war den Tränen nahe.

      „Ich weiß, meine Liebe. Es sind die vielen kleinen Tropfen, die das Faß zum Überlaufen bringen“, beruhigte Miss Cornelia sie. „Außerdem würde ein Mann das gar nicht verstehen. Eine