Allmählich ward die Schlacht zu einer Metzelei. Die langen, deutschen Speere und Hellebarden waren nutzlos in diesem Handgemenge, dagegen drangen die Hirschfänger der Reiter tief in die Hirnschalen und Nacken der Deutschen ein, die Pferde jagten in das dichteste Menschengewühl, die unglücklichen Kriegsknechte zu Boden werfend und zerstampfend. Den Reitern fiel es leicht, von oben herab die Feinde zu treffen, daher schlugen sie unaufhörlich drein, ohne abzulassen. Von den Seitenwegen strömten immer neue Scharen wilder Krieger in Wolfsfellen und mit der Blutgier von Wölfen herbei. Ihr Heulen übertönte die flehentlichen Bitten um Erbarmen und das Aechzen der Sterbenden. Die Besiegten warfen ihre Waffen nieder, etliche versuchten, in den Wald zu entkommen, einige warfen sich zu Boden und stellten sich tot, manche standen wie erstarrt da, mit bleichen Gesichtern und geschlossenen Augen, wieder andere beteten, einer, dessen Sinne sich offenbar vor Schrecken verwirrt halten, begann auf einer Pfeife zu spielen, wobei er lächelnd emporschaute, bis eine samogitische Keule ihm den Schädel zerschmetterte. Der Fichtenwald stellte sein Brausen ein, wie erschreckt über dies Blutbad.
Mehr und mehr schmolz die kleine Schar der Ordensknechte zusammen. Nur im Dickicht erscholl noch von Zeit zu Zeit der Lärm des Kriegsgetümmels und der durchdringende Schrei der Verzweifelten. Zbyszko, sowie Macko und hinter diesen alle Reiter sprengten jetzt gegen die feindliche Reiterei heran.
In einem Kreise ausgestellt, kämpfte diese. Es war die gewöhnliche Art der Deutschen, sich zu verteidigen, wenn der Feind ihnen mit großer Uebermacht entgegentrat. Die gut berittenen Krieger, die auch besser gewappnet waren als das Fußvolk, stritten tapfer und mit bewunderungswürdiger Verwegenheit. Kein Träger des weißen Mantels war unter ihnen zu sehen, sie gehörten meist den mittleren und weniger angesehenen preußischen Adelsgeschlechtern an, deren Obliegenheit es war, auf Geheiß des Ordens ins Feld zu ziehen. Auch ihre Pferde waren zum größten Teil gewappnet, manche mit Panzern aus Draht und alle mit eisernen Stirnbinden, an denen in der Mitte ein Horn aus Stahl hervorragte. Den Oberbefehl hatte ein hochgewachsener, schlanker Ritter in dunkelblauem Panzer und gleichfarbigem Helm mit herabgelassenem Visier.
Aus der Tiefe des Waldes wurde ein Hagel von Pfeilen auf sie abgeschossen, aber deren Spitzen prallten von den Helmen, den Panzern und harten Armschienen ab, ohne eine Spur zurückzulassen. Eine dichte Mauer von Samogitiern zu Fuß und zu Roß umgab sie, doch sie verteidigten sich, indem sie wütend um sich schlugen und mit ihren langen Schwertern solche Hiebe anstellten, daß die Getroffenen scharenweise vor den Hufen ihrer Rosse lagen. Die vordersten Reihen der Angreifer wollten sich zurückziehen, aber sie wurden von hinten vorgeschoben, und waren deshalb nicht im stande dazu. In dem dichten Gedränge entstand ein grenzenloser Wirrwarr, die Augen wurden geblendet von dem Flimmern der Lanzen, dem Funkeln der Schwerter. Die Pferde wieherten, bissen um sich, schlugen mit den Hinterfüßen aus. Da sprengten die samogitischen Bojaren, da sprengten Zbyszko, der Böhme und die Masuren in den Kreis. Unter ihren gewaltigen Streichen geriet die ganze Schar ins Wanken und bewegte sich hin und her wie ein Wald, dessen Stämme und Zweige vom Sturme gepeitscht werden, jene Angreifer jedoch rückten schweißtriefend von der Mühseligkeit des Kampfes nur langsam vorwärts, dabei wie die Holzhauer verfahrend, welche die Tannen fällen, wo sie am dichtesten stehen.
Nun befahl Macko, die langen Hellebarden der Deutschen auf dem Schlachtfelde zu sammeln, und nachdem sich ungefähr dreißig wilder Krieger damit bewaffnet hatten, bahnten sie sich einen Weg damit bis zu den Deutschen. Als sie bei diesen angelangt waren, schrie er: »Schlagt los auf die Füße der Pferde!« und sofort zeigten sich die entsetzlichen Folgen dieses Befehles. Die deutschen Ritter konnten ihre Feinde nicht mit den Schwertern erreichen, während die Schienbeine der Pferde furchtbar durch die Hellebarden zerschmettert wurden. Da erkannte der blaue Ritter, daß das Ende der Schlacht herannahe, und daß nichts übrig blieb, als sich entweder durch die Feinde durchzuschlagen, welche ihm und seiner Schar den Rückweg abschnitten, oder mit ihr zu Grunde zu gehen.
Er wählte das erstere – und im Nu machte auf seinen Befehl die ganze Reihe der Ritter Front nach der Richtung, aus der sie gekommen waren. Die Samogitier waren ihnen sofort auf dem Nacken, allein die Deutschen hingen ihre Schilder um die Schultern, durchbrachen den sie umzingelnden Ring, spornten ihre Pferde an und jagten der Windsbraut gleich gen Osten.
Doch nun trafen sie mit jener Heeresabteilung zusammen, welche gerade herbeisprengte, um in die Schlacht einzugreifen, aber den besseren Waffen unterliegend, von den Pferdehufen zermalmt, wurden die Mannen dieser Abteilung hingemäht wie Ackerfelder vom Sturmwinde. Der Weg zur Burg war frei, aber die Rettung unsicher, denn die Pferde der Samogitier waren schneller als die der Deutschen. Der blaue Ritter begriff dies nur zu wohl.
»Wehe!« sagte er sich im Innern, »kein einziger wird entrinnen, wenn schon ich mit meinem eigenen Blute ihr Leben erkaufen mochte.«
Nach diesen Erwägungen gebot er den Reitersmännern, die sich in seiner Nähe befanden, ihre Pferde anzuhalten, er selbst wandte das seine, und ohne darauf zu achten, ob jemand seiner Aufforderung gehorchte, bot er dem Feinde die Stirn.
Zbyszko sprengte zuerst heran, daher schlug ihm der Deutsche auf den schützenden Helm, traf aber nur die vortretende Kante, zerschmetterte sie jedoch nicht und verletzte auch das Antlitz nicht. Da faßte Zbyszko,» anstatt Hieb mit Hieb zu vergelten, den Ritter um den Leib, rang mit ihm und, vor allem darauf bedacht, ihn lebend in seine Gewalt zu bekommen, bemühte er sich, ihn vom Sattel zu reißen. Aber seine Steigbügel brachen von dem allzu starken Druck und die Kämpfer fielen zu Boden. Während eines kurzen Augenblickes wälzten sie sich auf der Erde, mit Händen und Füßen um sich schlagend, bald jedoch erlangte der junge Kämpe durch seine ungewöhnliche Kraft die Uebermacht über seinen Gegner und sich mit seinen Knien auf dessen Leib stemmend, hielt er ihn fest, wie etwa ein Wolf einen Hund festhält, der es gewagt hat, ihn im Dickicht zu stellen.
Und er hielt ihn unnötigerweise fest, denn der Deutsche war bewußtlos geworden. Mittlerweile sprengten auch Macko und der Böhme heran. Als Zbyszko sie erblickte, rief er ihnen zu: »Kommt und bindet ihn! Das ist ein angesehener Ritter – ein gegürteter!«
Der Böhme sprang vom Pferde, da er indessen sah, wie hilflos der Besiegte dalag, band er ihn nicht, sondern öffnete seinen Panzer und seine Armschienen, nahm seinen Gürtel nebst dem daranhängenden Misericordia, durchschnitt den Riemen, womit der Helm befestigt war und machte schließlich die Schraube auf, welche das Visier zusammenhielt.
Doch kaum hatte er des Ritters Antlitz erschaut, als er emporsprang und rief: »Herr! Herr! Seht nur!«
»De Lorche!« schrie Zbyszko auf.
Und de Lorche lag mit bleichem, schweißbedecktem Antlitz und geschlossenen Augen da, regungslos, einem Toten ähnlich.
Siebentes Kapitel.
Zbyszko befahl, ihn auf einen der erbeuteten mit Rädern und Achsen beladenen und zu jenem Zuge gehörenden Wagen zu legen, welche neue Zufuhr in die Burg hatte bringen sollen. Er selbst bestieg ein anderes Pferd und sprengte mit Macko davon, um die Fliehenden weiter zu verfolgen. Diese Verfolgung war indessen nicht allzu schwer, denn die Pferde der Deutschen taugten wenig zu einer solchen Flucht auf der vom Frühlingsregen durchweichten Landstraße. Auf einer schnellen, leichtfüßigen Stute, welche dem erschlagenen Edelmann aus Lekawica angehört hatte, überholte Macko nach einigen hundert Schritten fast alle Samogitier und erreichte bald den ersten Deutschen. Dem ritterlichen Gebrauche gemäß rief er ihn zwar an, auf daß er sich entweder als Gefangener ergebe oder zum Kampfe stelle, aber da jener that, als ob er nicht höre, zur Erleichterung seines Pferdes sogar seinen Schild wegwarf,