Um mês de amor. Miranda Lee. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Miranda Lee
Издательство: Bookwire
Серия: Sabrina
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788468759340
Скачать книгу
eine Sache, es wollte ihm nicht recht gelingen. Die nächtlichen Geräusche hielten ihn wach. Von Zeit zu Zeit vernahm er ein leises Blubbern, und zwar immer dann, wenn eine der zahlreichen Gas-Blasen die Oberfläche erreichte und in den sumpfigen Lachen zerplatzte. Und dann waren da noch die unheimlichen Rufe einer Eule.

      Doch plötzlich mischte sich in die Geräuschkulisse der panische Schrei eines Menschen, der um sein Leben zu fürchten schien. Es war ein Schrei größter Not und Qual. Er ging MacDougall durch Mark und Bein.

      Erschrocken und schaudernd fuhr der dicke Handelsvertreter hoch und stieß dabei schmerzhaft mit seinem Kopf gegen den Himmel seines Wagens.

      Hastig blickte er sich nach allen Seiten um. Zunächst konnte er nichts in der Dunkelheit entdecken. Dann aber meinte er in den Nebelschwaden einen Schatten zu erkennen. Er kniff ein wenig die Augen zu um besser sehen zu können. Dort drüben bei einer verschwommen sichtbaren Baumgruppe hockte jemand. Da war eine dunkle Gestalt zu entdecken, die vorher nicht dort gewesen war - zumindest hatte er sie vorher nicht wahrgenommen.

      So schnell er konnte öffnete der korpulente Vertreter die Fahrertür, bugsierte seine vom langen sitzen steifen Glieder aus dem Wagen und lief auf den Kauernden zu.

      »Hallo, können Sie mir...«

      Er kam nicht dazu den Satz zu vollenden, denn kaum hatte er lauthals zu ihr herübergerufen, da schreckte die schwarze Gestalt auch schon hoch.

      Für den Bruchteil einer Sekunde erfasste Patrick MacDougall ein schemenhaftes bleiches Gesicht. Ehe er sich versah, hatte der Schwarze ein Bündel aufgenommen und sich von ihm abgewandt. Nun schien er förmlich durch den Nebel dahinzugleiten.

      Keine Schritte waren zu hören – nichts! Verwundert und auf gewissen Weise magisch angezogen, folgte der Handelsvertreter der mysteriösen Gestalt, die sich bereits in den dichten Nebelschleiern aufzulösen begann.

      Wenn sich hier jemand herumtrieb, dann war ganz sicher auch ein Haus oder eine Stallung in der Nähe, dachte der Handelsvertreter. Irgendwoher musste diese Person ja schließlich hergekommen sein und jede Schlafstätte war besser, als der zum Schlafen unbequeme Fahrersitz in seinem Mini Cooper.

      Patrick MacDougall lächelte. Noch! Denn ohne es zu ahnen schritt er zielstrebig auf den Schrecken seines Lebens zu.

      Kapitel 3

      E

      rin Hornby, ein untersetzter Mann mittleren Alters, von kleiner Statur, mit Vollbart und ausgeprägter Stirnglatze, war der Wirt des ›Wallace Inn‹. Er hatte zu dieser weit vorgerückten Stunde keine Holzscheite mehr im Kamin des Gastraumes nachgelegt und so fielen die letzten Flammen jetzt langsam und knisternd in sich zusammen. Wie bösartige Augen leuchteten die roten Punkte des vergehenden Feuers.

      Violet Keating fingerte eine letzte Zigarette aus der Schachtel und steckte sie sich zwischen die sinnlich geschwungenen roten Lippen, die jeden Mann hätten schwach werden lassen. Dann zerknüllte die attraktive Blondine, mit den geschmeidig langen Beinen, die leere Packung und warf sie in die noch leicht glimmende Glut. Es knackte und knisterte. Ihre hellblauen Augen blickten nachdenklich und sorgenvoll drein. Nie wieder hätte sie nach Tongue kommen dürfen. Doch das wurde ihr erst jetzt richtig bewusst. Jetzt, wo es definitiv zu spät war.

      »Heute kommt Ihr Chef ganz sicher nicht mehr zurück, Miss«, meinte Doktor Clesfield väterlich. »Es macht keinen Sinn auf ihn zu warten.«

      Der alte Landarzt sagte das in einem solchen Tonfall der Überzeugung, als wisse er alles. Er betrachtete die junge Frau und nippte an seinem Scotch. Clesfield stand wieder unter Alkohol, so wie auch die vielen scheußlichen medizinischen Präparate, die er auf den Fensterbänken und in den Regalen seiner Praxis angehäuft hatte.

      »Wie können Sie sich da so sicher sein, Doc?«

      Die Frage kam von Terry Prescott, einem drahtigen jungen Mann, der es sich in dem einzigen bequemen Sessel, der in einer Ecke der Gaststube stand, gemütlich gemacht hatte und seine ornithologischen Aufzeichnungen studierte. Seit einigen Tag hatte er sich hier einquartiert. Die ganze Zeit über war er hinter seltenen Vögeln her, die hier, im Umfeld des ›Loch Craisg‹ und den Mooren, leben sollten. Abend für Abend vergrub er sich bei zahlreichen Tassen schwarzen Tees in seinen Unterlagen. Und obgleich Prescott immer sehr beschäftigt wirkte, konnte man sicher sein, dass er jedes einzelne Wort aufschnappte, das in seinem Umfeld gesprochen wurde.

      »Sie sollten einmal auf die Wanduhr dort drüben sehen, mein neugieriger Freund. In wenigen Minuten ist es Morgen. Wäre das nicht ein guter Grund?« Das hohle Kichern des Arztes drang durch die Räume des baufälligen Gasthauses. Leicht schwankend erhob sich der alte hagere Mann mit den schlohweißen Haaren. Während er auf den Ausgang der Gaststätte zusteuerte, drehte er sich noch einmal um und sah den jungen Mann an. »Und für mich wird es Zeit. Ich werde jetzt schnell über die Straße huschen und in meinem Bau verschwinden. Verlassen Sie sich darauf, meine Tür wird fest verschlossen sein. Dabei ist mein altes Blut vermutlich nicht mehr besonders schmackhaft.« Wieder hallte sein unheimliches Kichern nach. »Und Sie? Jagen Sie morgen wieder fleißig der ›Anatidae palus‹ hinterher?«

      Der junge Ornithologe blickte auf und nickte ihm abwesend zu.

      »Dann sagen Sie mir doch bitte, was dieser ›Anatidae palus‹ für ein seltener Vogel ist.« Das Kichern des Alten war noch zu hören, als der Nebel ihn bereits verschluckt hatte.

      Terry Prescott beugte sich so tief über seine Papiere, dass man seinen verblüfften Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte. Dieser schmutzige Trick vom Doc hatte ihm gerade noch gefehlt. Warum sollte es keine verdammte Sumpfente geben? Eine der Gattung ›Anatidae palus‹?

      Kapitel 4

      P

      atrick MacDougall setzte sich in Trab. Auf keinen Fall wollte er in dem dichten Nebel die Richtung verlieren. Die seltsame schwarze Gestalt war zwar bereits vor ihm im Nichts verschwunden, aber MacDougall war guter Hoffnung, sie bald einzuholen.

      Kaum hatte er seinen Schritt beschleunigt, verfing sich sein linker Fuß in etwas Weichem, und er stürzte der Länge nach hin. Augenblicklich rappelte er sich wieder auf. Als er zu Boden sah bemerkte der Vertreter, worüber er gestolpert war. MacDougall erschrak.

      Mit geweiteten Augen starrte er ungläubig auf den Körper des Mannes, der lang ausgestreckt vor ihm im Gras lag.

      Instinktiv tastete MacDougall nach dem Kopf des Mannes. Aber da war kein spürbarer Atem, der über seine Finger strich. Als er den Hals des Mannes berührte spürte er eine klebrige Flüssigkeit, die deutlich wärmer war als die Wassertropfen auf den Grashalmen. Reflexartig steckte er sich den Zeigefinger der rechten Hand in den Mund.

      Die klebrige Substanz schmeckte leicht süßlich mit einem metallischen Beigeschmack.

      Es war Blut!

      Um ganz sicher zu sein und um auszuschließen, dass er sich selbst möglicherweise an dem scharfen Gras geschnitten hatte, saugte er an seinem Finger.

      Gleich darauf stellte sich Panik bei ihm ein.

      Der Mann über den er gestolpert war, war tot.

      Und die dunkle Gestalt, die er gesehen hatte, musste der Mörder sein.

      MacDougall hetzte die Landstraße entlang, als würde er von der hundsköpfigen Göttin der Rache Tisiphone gejagt. Immer wieder geriet er dabei ins Stolpern, blieb in einem der zahlreichen Schlaglöchern hängen oder rutschte und schlidderte über den nassen Asphalt der Straße.

      Viel