Wie bedeutend der Schiffsverkehr in Singapore, und wie sehr die deutsche Rhederei daran betheiligt ist, zeigt folgender Auszug aus der Singapore Free Press vom 6. Mai 1865: „Abgesehen von inländischen (d. h. nicht europäischen und amerikanischen) Schiffen, liegen jetzt 154 grössere Schiffe mit Raaen (square rigged vessels) im Hafen, wovon 3 britische und 2 Kolonial-Kriegsdampfer, 2 englische, 2 amerikanische Handelsdampfer, 2 holländische Postdampfer, 78 englische Kauffahrer, 19 hamburger, 9 bremer, 8 französische, 5 dänische, 5 preussische, 4 amerikanische, 4 holländische, 3 oldenburger, 2 hannoveraner, 2 schwedische, 2 siamesische, 1 norwegisches, 1 belgisches. Von den Kauffahrern verhalten sich die unter deutscher Flagge (38) zu den englischen wie 1 zu 2 und zu denen aller übrigen Nationen wie 2 zu 1 (dies würde stimmen, wenn die unter dänischer Flagge fahrenden Schiffe, wie es früher meist der Fall war, holsteiner wären). Vor acht Jahren lagen um dieselbe Zeit nur 60 Kauffahrer im Hafen; das Verhältniss der deutschen zu den englischen Schiffen war damals wie 1 zu 11, und das der deutschen zu denen aller übrigen Nationen, wie 1 zu 8. So weit haben es Freihandel und deutscher Unternehmungsgeist gebracht. Wir würden uns durchaus nicht wundern, wenn in wenigen Jahren das Verhältniss noch mehr zu ihren Gunsten wäre.”
Vom Hafen aus gesehen zeigt die Insel Singapore einen langgestreckten, stellenweis steilen Küstensaum, über den sich einige sanfte Hügelwellen erheben. Von der Stadt ist nur ein Theil sichtbar, in der Nähe derselben liegen viele einzelne Häusergruppen, weiterhin ist Alles mit dichtem Wald bedeckt, der einen zusammenhängenden einförmigen immergrünen Teppich bildet, nur in der Nähe des Strandes mit einigen Landhäusern geschmückt. Der Anblick ist lieblich, aber nicht besonders schön, da es an Kontrasten und hervorragenden Gegenständen fehlt. Die schöne grosse Kirche, die künftig die Hauptzierde der Stadt sein wird, ist noch im Bau begriffen. Die Insel liegt bekanntlich unmittelbar vor der südlichen Spitze der malayischen Halbinsel, des südlichsten Punktes von Asien, und ist nur durch eine Meerenge getrennt, die im Allgemeinen eine Meile, an einer Stelle aber nur 2000 Fuss breit ist. Früher ging der ganze Handel nach China durch diese schmale Gasse, jetzt fahren die Schiffe um die Südseite der Insel unmittelbar an der Stadt Singapore vorbei. Die Insel besteht, wie das gegenüberliegende Festland selbst, aus Granit und älteren geschichteten Gesteinen, letztere nehmen den grössten Theil des Flächenraumes ein, es ist noch nie ein Fossil darin gefunden worden; auch fehlen alle Anhaltspunkte, um ihr relatives Alter genauer bestimmen zu können. Uebrigens haben sie ganz den Habitus unserer ältesten Gesteine und gehören auch wohl den ältesten Gebilden an; es sind Sandsteine, Thone, Letten; an vielen Stellen tritt ein sehr eisenhaltiger Thoneisenstein auf, meist in Nestern, seltener in Bänken; bis jetzt wird er ausschliesslich zum Strassenbau benutzt, obgleich er sich wegen seiner geringen Festigkeit wenig dazu eignet. Der Granit, der einen viel kleineren Flächenraum einnimmt, tritt nie an die Küste, er bildet den Centralkern der Insel; aus ihm besteht auch der höchste Punkt derselben, Bukit-tima. Der Boden ist nicht fruchtbar, in den Niederungen häufig versumpft; die dem Meere näher gelegenen Sümpfe sind brakisch, in ihnen wuchert die stammlose Nipa-Palme und ein Dickicht von Mangelbäumen (Rhizophoren), das an flachen Stellen weit in's Meer hinein reicht und die ganze Insel, ausser wo die Ufer steil sind, mit einem Sumpfgürtel umgiebt. Aus den Wurzeln der Nipa-Palme (Nipa fruticans) wird in Borneo Salz gewonnen; die Blüthe liefert in den Philippinen und in Siam Zucker und Branntwein, wie viele andere Palmen, und nach demselben später zu beschreibenden Verfahren. In Singapore werden nur die Blätter zum Behuf der Dachdeckung zu „Atap” verarbeitet und die ganz jungen, noch gelben unentfalteten zur Herstellung von Cigaretten, indem man Tabak darin einrollt. Die Ataps sind eine wesentliche Vervollkommnung ihres Prototyps, des längs des Blattstiels gespaltenen Palmenwedels. Man erhält sie, indem man die Seitenblätter im Drittel ihrer Länge, von der Basis an gerechnet, umknickt, sie auf einen mehrere Fuss langen Stock dachziegelförmig aneinander reiht und durch einen Rotang-Splitt in dieser Lage befestigt. Die einzelnen Ataps werden beim Dachdecken wie Dachschiefer übereinander gelegt. Ein solches Dach ist sehr leicht, völlig regendicht, nur muss es häufiger ausgebessert werden, als ein Ziegeldach.
Die Mangelsümpfe (mangrove swamps) werden durch die merkwürdige Ordnung der Rhizophoraceen gebildet, die in tropischen Meeren alle flachen Küsten umsäumen. Es sind fast die einzigen Bäume, die im Meere wachsen und auf Kosten desselben das Land vergrössern, indem sie immer weiter darin vordringen und mit dem dichten Faserwerk ihrer Wurzeln das durch die atmosphärischen Wasser in das Meer geschwemmte Erdreich zurückhalten, so dass man oft nicht weiss, ob man schon am Lande oder noch im Meere ist. Bei keiner Pflanze tritt die Fortpflanzungsfähigkeit so schlagend vor die Augen, als bei dieser, wo die Früchte, noch an den Zweigen der Mutterpflanze hängend, sich schon in junge Bäume verwandeln mit langer spindelförmiger Wurzel. Beim Abfallen bleiben sie senkrecht im Sumpf stecken und wachsen sogleich weiter, oben Blätter, unten