Oliver.
Lebt wohl, guter Charles! – Nun will ich den Abenteurer anspornen. Ich hoffe, sein Ende zu erleben; denn meine Seele, ich weiß nicht warum, hasset nichts so sehr als ihn. Doch ist er von sanftem Gemüt, nicht belehrt und dennoch unterrichtet, voll edlen Trachtens, von jedermann bis zur Verblendung geliebt; und in der Tat so fest im Herzen der Leute, besonders meiner eignen, die ihn am besten kennen, daß ich darüber ganz geringgeschätzt werde. Aber so soll es nicht lange sein – dieser Ringer soll alles ins reine bringen. Es bleibt nichts zu tun übrig, als daß ich den Knaben dorthin hetze, was ich gleich ins Werk richten will. (Ab.)
ZWEITE SZENE
Eine Esplanade vor des Herzogs Palast
Rosalinde und Celia treten auf
Celia.
Ich bitte dich, Rosalinde, liebes Mühmchen, sei lustig.
Rosalinde.
Liebe Celia, ich zeige mehr Fröhlichkeit, als ich in meiner Gewalt habe, und du wolltest dennoch, daß ich noch lustiger wäre? Kannst du mich nicht lehren, einen verbannten Vater zu vergessen, so mußt du nicht verlangen, daß mir eine ungewöhnliche Lust in den Sinn kommen soll.
Celia.
Daran sehe ich, daß du mich nicht in so vollem Maße liebst, wie ich dich liebe. Wenn mein Oheim, dein verbannter Vater, deinen Oheim, den Herzog, meinen Vater verbannt hätte, und du wärst immer bei mir geblieben, so hätte ich meine Liebe gewöhnen können, deinen Vater als den meinigen anzusehn. Das würdest du auch tun, wenn deine Liebe zu mir von so echter Beschaffenheit wäre als die meinige zu dir.
Rosalinde.
Gut; ich will meinen Glücksstand vergessen, um mich an deinem zu erfreun.
Celia.
Du weißt, mein Vater hat kein Kind außer mir und auch keine Aussicht, eins zu bekommen; und wahrlich, wenn er stirbt, sollst du seine Erbin sein; denn was er deinem Vater mit Gewalt genommen, will ich dir in Liebe wiedergeben. Bei meiner Ehre, das will ich, und wenn ich meinen Eid breche, mag ich zum Ungeheuer werden! Darum, meine süße Rose, meine liebe Rose, sei lustig!
Rosalinde.
Das will ich von nun an, Mühmchen, und auf Späße denken. Laß sehen, was hältst du vom Verlieben?
Celia.
Ei ja, tu's, um Spaß damit zu treiben. Aber liebe keinen Mann im wahren Ernst, auch zum Spaß nicht weiter, als daß du mit einem unschuldigen Erröten in Ehren wieder davonkommen kannst.
Rosalinde.
Was wollen wir denn für Spaß haben?
Celia.
Laß uns sitzen und die ehrliche Hausmutter Fortuna von ihrem Rade weglästern, damit ihre Gaben künftig gleicher ausgeteilt werden mögen.
Rosalinde.
Ich wollte, wir könnten das; denn ihre Wohltaten sind oft gewaltig übel angebracht, und am meisten versieht sich die freigebige blinde Frau mit ihren Geschenken an Frauen.
Celia.
Das ist wahr; denn die, welche sie schön macht, macht sie selten ehrbar, und die, welche sie ehrbar macht, macht sie sehr häßlich.
Rosalinde.
Nein, da gehst du über von Fortunens Amt zu dem der Natur; Fortuna herrscht in den weltlichen Gaben, nicht in den Zügen der Natur.
Probstein kommt.
Celia.
Nicht? wenn die Natur ein schönes Geschöpf gemacht hat, kann es Fortuna nicht ins Feuer fallen lassen? – Wiewohl uns die Natur Witz genug verliehen hat, um des Glücks zu spotten, schickt es nicht diesen Narren herein, dem Gespräch ein Ende zu machen?
Rosalinde.
In der Tat, da ist das Glück der Natur zu mächtig, wenn es durch einen natürlichen Einfaltspinsel dem natürlichen Witz ein Ende macht.
Celia.
Wer weiß, auch dies ist nicht das Werk des Glückes, sondern der Natur, die unsern natürlichen Witz zu albern findet, um über solche Göttinnen zu klügeln, und uns diesen Einfältigen zum Schleifstein geschickt hat; denn immer ist die Albernheit des Narren der Schleifstein der Witzigen. – Nun Witz, wohin wanderst du?
Probstein.
Fräulein, Ihr müßt zu Eurem Vater kommen.
Celia.
Seid Ihr als Bote abgeschickt?
Probstein.
Nein, auf meine Ehre, man hieß mich nur nach Euch gehn.
Rosalinde.
Wo hast du den Schwur gelernt, Narr?
Probstein.
Von einem gewissen Ritter, der bei seiner Ehre schwur, die Pfannkuchen wären gut, und bei seiner Ehre schwur, der Senf wäre nichts nutz. Nun behaupte ich: die Pfannkuchen waren nichts nutz und der Senf gut, und doch hatte der Ritter nicht falsch geschworen.
Celia.
Wie beweiset Ihr das in der Hülle und Fülle Eurer Gelahrtheit ?
Rosalinde.
Ei ja, nun nehmt Eurer Weisheit den Maulkorb ab.
Probstein.
Tretet beide vor, streicht euer Kinn und schwört bei euren Bärten, daß ich ein Schelm bin.
Celia.
Bei unsern Bärten, wenn wir welche hätten, du bist einer.
Probstein.
Bei meiner Schelmerei, wenn ich sie hätte, dann wär ich einer. Aber wenn ihr bei dem schwört, was nicht ist, so habt ihr nicht falsch geschworen; ebensowenig der Ritter, der auf seine Ehre schwur, denn er hatte niemals welche, oder wenn auch, so hatte er sie längst weggeschworen, ehe ihm diese Pfannkuchen und der Senf zu Gesicht kamen.
Celia.
Ich bitte dich, wen meinst du?
Probstein.
Einen, den der alte Friedrich, Euer Vater, liebt.
Celia.
Meines Vaters Liebe reicht hin, ihm zur Ehre zu verhelfen. Genug, sprecht nicht mehr von ihm; Ihr werdet gewiß nächstens einmal für Euren bösen Leumund gestäupt.
Probstein.
Desto schlimmer, daß Narren nicht mehr weislich sagen dürfen, was weise Leute närrisch tun.
Celia.
Meiner Treu, du sagst die Wahrheit; denn seit das bißchen Witz, das die Narren haben, zum Schweigen gebracht worden ist, so macht das bißchen Narrheit, das weise Leute besitzen, große Parade. Da kommt Monsieur Le Beau.
Le Beau tritt auf.
Rosalinde.
Den Mund voll von Neuigkeiten.
Celia.
Die er uns zukommen lassen wird, wie Tauben ihre Jungen füttern.
Rosalinde.
Da werden wir also mit Neuigkeiten gemästet.
Celia.
Desto besser, so stehn wir ansehnlicher zu Markt. Guten Morgen, Monsieur Le Beau! was gibt es Neues?
Le Beau.
Schöne Prinzessin, Euch ist ein guter Spaß entgangen.
Celia.
Ein Spaß? wohin?
Le Beau.
Wohin, Madame? wie soll ich das beantworten?