Unser Familien-Arzt. Henry Rice Stout. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Henry Rice Stout
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066113162
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      Drittes oder Eiter-Stadium. Die Bläschen nehmen jetzt an Größe zu und ändern ihre Pustelgestalt (enthalten Eiter). Die Flüssigkeit wird weißlich, endlich gelblich, und ist ähnlich wie bei einer Orange in Zellen abgetheilt. Auf der Spitze ist eine kleine Beule und die Haut um die Pusteln ist roth oder entzündet. Dieser Wechsel findet vom vierten bis zum sechsten Tage nach dem Ausbruche statt. Die Pusteln nehmen an Größe zu, werden hart und ausgedehnt, so groß wie eine gespaltene Bohne. In diesem Stadium ist das Gesicht sehr geschwollen und ein brennendes, ausgebreitetes, schmerzhaftes Gefühl ist vorhanden. Auch mag eine Schmerzhaftigkeit des Mundes mit Speichelfluß vorhanden sein. Sowie der Ausschlag zuerst im Gesicht erscheint, so gelangen auch die Pusteln im Gesicht in diesem Stadium zuerst zur Reife, während jene auf der Brust sich füllen und die auf den Gliedern noch wachsen; auf diese Weise wird der Schmerz vertheilt, welcher sonst unerträglich sein würde. Die Pusteln auf dem Gesichte beginnen am achten Tage sich zu verändern und die auf den Füßen zwei oder drei Tage später. In dieser Zeit findet eine eigenthümliche und unangenehme Ausdünstung des Körpers statt, woran ein mit dieser Krankheit Vertrauter sie in der Regel erkennen kann. Ungefähr um den achten oder neunten Tag der Krankheit erscheint das, was man secundäres Fieber nennt, welches von der Strenge, Ausdehnung und Spannkraft des Patienten abhängt. In der deutlichen Form nimmt es in der Regel mit den Pusteln ab.

      Viertes oder Stadium der Austrocknung. Dies ist das Stadium der Abnahme. Ungefähr nach dem achten oder neunten Tag des Ausbruchs oder dem elften oder zwölften Tage der Krankheit werden die Pusteln an der Spitze braun und trocken, oder einige von ihnen brechen auf und der ausfließende Eiter bildet eine Kruste. Von da ab schreitet die Abtrocknung rasch vorwärts, das Anschwellen des Gesichts läßt nach und die Schorfe im Gesicht fangen am vierzehnten oder fünfzehnten Tage der Krankheit an abzufallen. Es dauert drei oder vier Tage nachdem sich die Schorfe auf dem Gesicht bildeten, so zeigen sie sich auch an den Knöcheln und Handgelenken. Nachdem die Kruste oder Schorfe abgefallen sind, erhält die Haut ein eigenthümliches Aussehen; es sind purpurrothe Flecken, die nach und nach verschwinden oder bei schweren Fällen, wo sich der Eiter durch die eigentliche Haut gefressen hat, bilden sich Vertiefungen, oder, wie man sagt, der Kranke wird pockennarbig. Der ganze Verlauf der Krankheit dauert zwei bis drei Wochen.

      Die obige Beschreibung ist die des regelmäßigen, günstigen Verlaufs der Krankheit, da wo die Pusteln nicht in einander laufen. Wenn aber die Pusteln eine Masse bilden, ist die Gefahr und Dauer der Krankheit bei weitem erhöht. In dieser Form ist das Fieber stärker und nimmt vom Erscheinen des Ausbruchs bis zur Zeit der Reife oder dem dritten Stadium zu. Verzuckungen, Delirien und Betäubung sind häufiger; die Augenlider schwellen an, so daß der Kranke am fünften Tage nicht mehr sehen kann, der Hals ist sehr böse, sowie bedeutend geschwollen und die Entzündung kann sich auf die ganze Länge der Luftröhren ausdehnen, so daß durch Erstickung der Tod veranlaßt werden kann. Das Fieber hört nicht auf beim Erscheinen des Ausbruchs, sondern nimmt an Strenge zu und ist von Delirien, Betäubung, Blutstürzen, blutigem Urin und Ruhr begleitet, oder es kann mit einem Male den Tod herbeiführen.

      Ursachen. — Die Veranlassung zu dieser Krankheit ist jedenfalls die Ansteckung. Irgend Jemand, der nicht durch Impfung oder einen früheren Anfall von Pocken unempfänglich ist, ist der Ansteckung zugänglich. Die Impfung schützt nicht immer, denn man kann, trotz geimpft zu sein, die Varioliden (eine gelindere Form der Pocken) bekommen. Die Zeit, welche von der Ansteckung bis zu den ersten Symptomen der Krankheit verstreicht, beläuft sich auf neun bis zwölf Tage.

       Behandlung.

      Allgemeine. Das Zimmer, in dem sich der Kranke befindet, sollte groß und luftig sein. Sorgfalt muß beobachtet werden, daß es mäßig kühl und dunkel ist. Die Kleidung und das Bettzeug des Kranken sollten jeden Tag oder alle zwei Tage gewechselt werden. Man wasche die Augen häufig mit Rosenwasser oder Ulmenrindenwasser (slippery elm), besonders wenn der Eiter aus den Pusteln hineinrinnt. Waschungen von kaltem Wasser, Milch mit Wasser oder schwachem Bleiwasser können im Gesicht angewandt werden, wenn dieses sehr entzündet ist. Die Nasenhöhlen sind vermittelst eines wohlgeölten Kameelhaar-Pinsels, mit welchem man mehrere Male des Tages hineinfährt, offen zu halten. Wenn aus den Symptomen ersichtlich, daß die Pocken zu den in einander laufenden zu zählen sind, sollte das Haar bei dem ersten Erscheinen des Ausschlages kurz geschnitten werden, überhaupt ist dies in jedem anderen Falle auch gut, denn sobald der Eiter aus den Pusteln fließt, wächst das Haar zusammen und bildet eine eckelerregende Masse, auch wird gleichzeitig dadurch die Masse des Ausschlags auf der Kopfhaut, sowie die Neigung zu Gehirnstörungen verringert. Eine Hauptsache bei der Behandlung der Pocken ist, zu verhindern, daß Narben entstehen, und in dieser Richtung werden eine große Anzahl Mittel empfohlen. Ein Mittel, das mit großem Erfolg in dem Kinderhospital von Paris angewendet wird, besteht in einer Mischung von 25 Theilen Mercurial-Salbe, 10 Theilen gelben Wachs und 6 Theilen schwarzen Pech. Andere öffnen jede Pocke, sobald sie blasenartig wird, mit einer Lanzette, und wenden salpeter-saures Silber (nitrate of silver), sehr fein zugespitzt, oder vermittelst des Betupfens mit einer Stecknadel einer sehr starken Auflösung an. Jodtinctur (tincture of iodine) wird sehr empfohlen, welche vermittelst eines Kameelhaarpinsels auf die ganze kranke Oberfläche gestrichen wird. Dr. Stokes von Dublin empfiehlt ein Pflaster von Flachssamen, auf irgend einen weichen Stoff gestrichen und mit geölter Seide oder Gutta-Percha bedeckt. Die Anwendung dieses Pflasters muß vom Beginn der Krankheit bis zum Abtrocknungs-Stadium stattfinden. Das vielleicht wirksamste Mittel ist das von Dr. Bennett von Edinburgh empfohlene. Nämlich ein Pflaster aus 3 Theilen kohlensaurem Zink (carbonate of zinc) und 1 Theil Zink-Oxid (oxide of zinc) in einem Mörser mit soviel Olivenöl, um einen dicken Brei zu bilden, gemischt. Dieses muß dick auf das Gesicht gelegt und sogleich wieder erneuert werden, wenn es sich irgendwo abreiben sollte. Was immer auch angewendet werden mag, so darf es doch nicht später als am dritten Tage angewendet werden.

      Eclectische und Kräuterkur. Beim Beginn der Krankheit gebe man ein Brechmittel von dem zusammengesetzten Pulver der Lobelia, wenn einem Erwachsenen, dann Dosen von einem halben Theelöffel voll alle 15 Minuten, bis ungehindert Erbrechen eintritt, wenn einem Kinde — dann Dosen von einem halben bis ganzen Theelöffel voll in Syrup und Wasser alle 15 Minuten. Sind die Fieber-Symptome streng und der Kranke ist verstopft, so gebe man eine Einspritzung von lauwarmem Wasser und verordne ein Seidlitzpulver; das Pulver kann in vier oder sechs Stunden wiederholt werden, wenn es das erste Mal wirkungslos blieb. Gegen die Uebelkeit des Magens gebe man warmen Frauenmünz- oder Pfeffermünzthee (spearmint oder peppermint) mit ein wenig darin aufgelöstem Saleratus, auch eine Einspritzung von Eibisch-Wurzel und Pfirsichblätter (Marshmallow root and peach leaves), sowie auch einen Senfumschlag auf den Unterleib. Bis zum Erscheinen des Ausschlages kann auch der Körper öfter mit warmem schwachem Laugenwasser gebadet werden. Gegen großen Schmerz im Kopf und Kreuz wende Senfpflaster längst des Rückgrats, auf den Knöcheln und Fußsohlen an, auch bade man den Kopf in Essig und Wasser. Gegen den bösen Hals und zur Entfernung des Luftröhrenschleims aus dem Hals gebe man folgendes:

Blutwurzel (blood root) 1 Unze.
Lobeliasamen gepulvert 1 Unze.
Ipecacuanha 2 Unzen.
Cayenna ½ Unze.
Whiskey 1 Quart.

      Lasse dies eine Woche stehen. Dosis: Gelegentlich einen oder zwei Theelöffel voll. Ein gutes Gurgelwasser ist eine Abkochung von Salbei (Sage) und Isop (Hyssop) mit Borax und Honig. Wenn das premiäre und secundäre Fieber sehr heftig ist, gebe 15 bis 20 Tropfen von Schlangenwurzel-Tinctur (tincture of black Cohosh) alle zwei oder drei Stunden.

      Nach dem Erscheinen des Ausschlages kann das folgende mit ausgezeichnetem Erfolg angewendet werden. In ein Pint kochenden Wassers gebe man eine Unze gepulverte Wurzel der Schlangenwurzel (black