Herrn Hagens blassgraue Augen leuchteten auf. »Vielen Dank, Durchlaucht. Das wird sie tun.«
Er verabschiedete sich, und Philipp, Katharina und Laura blieben allein zurück.
Philipps Blick ruhte zärtlich fragend auf Katharina. Ihre Wangen waren gerötet. Vage bemerkte Philipp, dass Laura von einem zum anderen sah.
»Äh … Ich geh dann mal nach Branka schauen«, sagte die Prinzessin lächelnd und eilte nach draußen.
Unsicher sah Katharina Philipp an. Auf einmal wusste sie nicht mehr, wie sie reagieren sollte. Bisher war es nur darum gegangen, Fionas Komplott aufzudecken. Deren Hinterlist hatte Katharina die Vorbehalte vergessen lassen. Sie konnte einfach nicht zulassen, dass Fiona Philipp ins Unglück trieb. Nun aber war er gerettet. Er war wieder Herr über seine Ländereien und Herr seiner Entscheidungen.
Aber wie würde er sich entscheiden? Hatte er sein Pflichtgefühl über seine Liebe zu ihr, Katharina, gestellt? Oder hatte er Fionas Antrag nur deshalb annehmen können, weil er Katharina gar nicht liebte? Heiß wurde es ihr bei der Erinnerung, wie sie ihn angeschrien und beleidigt hatte, als er versuchte, mit ihr zu reden.
»Katharina. Ich weiß gar nicht ...« Er brach ab. Der Blick aus seinen braunen Augen ruhte unvermindert warm auf ihr. »Ohne dich …«, begann er erneut und brach wieder ab. »Ach, verdammt«, sagte er schließlich, kam mit raschen Schritten auf Katharina zu und zog sie in die Arme.
»Du bist die unglaublichste Frau, die ich je kennen gelernt habe.«
Katharinas Blut rauschte in ihren Adern, der Hals wurde ihr eng. Um die aufkommende Verwirrung in ihrem Herzen zu überspielen, sagte sie leichthin: »Wahrscheinlich die einzige Frau, die dir je Beleidigungen an den Kopf geworfen hat.«
Philipps Augen glitzerten amüsiert. »Nein. Das schafft auch Laura spielend. Mehrmals am Tag.«
Er drückte sie noch fester an sich, und Katharina blieb fast die Luft weg.
»Ich liebe dich, Katharina. Vom ersten Augenblick an, als ich dir begegnete, doch nie so stark wie in diesem Moment. Wenn du diese Sache mit Rehmann und Fiona nicht aufgeklärt hättest …
Danke, dass du mich da herausgeholt hast.«
Katharina befreite einen Arm aus seiner Umklammerung und fuhr ihm durch die dunklen Haare. »Das war doch selbstverständlich. Außerdem war ich es dir schuldig, so wie ich dich behandelt habe. Ich fühle mich ganz schrecklich, weil ich mich von Fiona überzeugen ließ. Ich habe ihr tatsächlich geglaubt, dass du immer in sie verliebt warst. Kannst du mir verzeihen?«
Er schenkte ihr ein schiefes Lächeln. »Da habe ich nichts zu verzeihen. Immerhin glaubte ich eine Zeitlang, du wärst in deinen Vetter verliebt.«
Ein unsicherer Ausdruck trat in Philipps Augen. »Ich habe zwar gerade erst meine Verlobung gelöst. Und es ist sicher ungewöhnlich, an so einem Tag die Frage zu stellen, die ich dir stellen will. Aber ich möchte keinen Augenblick länger mehr damit verbringen. Darum frage ich dich: Katharina, willst du mich heiraten?«
Wärme breitete sich in Katharina aus, und in ihr Gesicht trat ein Leuchten. »Ja«, flüsterte sie glücklich.
Philipp beugte sich zu ihr und berührte ihre Lippen in einem Kuss, den sie heiß und leidenschaftlich erwiderte.
Fürstin Johanna von Adelsbach stand an einem Fenster ihres Salons und sah hinaus in die wunderschöne Bergwelt des Tegernseer Tals. Als es an die Tür klopfte, trat Karl, der langjährige Diener der Fürsten von Adelsbach, ein.
»Durchlaucht haben einen Wunsch?« Der schon etwas gebückt gehende Karl sah die immer noch am Fenster stehende Fürstin fragend an.
Diese nickte. »Sagen Sie, Karl, arbeitet in unserer Schloßgärtnerei nicht dieses neue Mädchen?«
»Meinen Durchlaucht Marianne Burgner?« fragte der Diener.
»Ja, die meine ich«, antwortete die Fürstin. »Wie stellt sie sich an?«
»Die Nanni ist ein sehr liebes und im Umgang mit Pflanzen sehr geschicktes Mädel, Durchlaucht«, antwortete Karl.
»Soso, sie nennt sich also Nanni.« Die Fürstin zog die Augenbrauen hoch.
»Die Leut’ nennen sie so«, antwortete der Diener. »Ich glaub’ nicht, daß die Nanni ihren Namen selbst bestimmt hat.«
»Wie ist sie eigentlich zu der Stelle in der Schloßgärtnerei gekommen?« wollte daraufhin die Fürstin wissen.
»Sie hat sich beworben.«
»War denn eine Stelle freigeworden?«
Karl nickte. »Ja, die Gretl hat aufgehört. Sie hat doch vor einem Jahr geheiratet, und jetzt bekommt sie ein Kind.«
Fürstin Adelsbach zog wieder die Augenbrauen hoch, dann nickte sie, und wie sie es tat, bedeutete es für Karl, daß die Befragung beendet war. Er verbeugte sich kurz und verließ dann den Salon der alten Fürstin, wie man sie landläufig nannte.
Die drehte sich um, ging zu einem kleinen Schränkchen, nahm eine Flasche heraus und goß sich ein halbes Gläschen Sherry ein. Dann ging sie zurück zu jenem Fenster, an dem sie schon die ganze Zeit gestanden hatte, und sah wieder hinaus. Ab und zu nippte sie dabei an dem Sherry.
Johanna Fürstin von Adelsbach hatte im vergangenen Sommer ihren fünfundsiebzigsten Geburtstag gefeiert, war jedoch noch außerordentlich gut in Form. Ihre Jahre sah und merkte man ihr nicht an. Sie war groß und gertenschlank, hatte noch volles, wenn auch weißes Haar, und sie bestimmte seit dem Tod ihres Sohnes die Geschicke auf Schloß Adelsbach.
Die Adelsbachs waren eine sehr alte Familie, deren Ursprung ins vierzehnte Jahrhundert zurückging. Schloß Adelsbach war im sechzehnten Jahrhundert erbaut worden, und wenn die Schloßherren in früheren Jahrhunderten kämpferisch gewesen waren, so hatten sie sich in den späteren Jahrhunderten den schönen Künsten zugewandt, die sie gefördert hatten, wo es ihnen möglich gewesen war.
Deshalb war Adelsbach eines jener Schlösser, die voller Bilder aus allen Jahrhunderten hingen und die eine Bibliothek beherbergten, die unter Kennern auf der ganzen Welt bekannt war.
Gerade als Fürstin Johanna ihren Sherry ausgenippt hatte, klopfte es, und ihr jüngerer Enkel, Prinz Lothar, betrat den Salon. Er begrüßte seine Großmutter, indem er sich kurz verbeugte und ihr einen Guten Tag wünschte.
»Wieso gewöhnst du dir das steife Gehabe eigentlich nicht ab, mein Junge?« fragte sie, bevor sie ihm die Wange zum Kuß bot.
»Gute Umgangsformen gehören zu meinem Selbstverständnis als Vertreter des höheren Adels«, antwortete Lothar wie aus der Pistole geschossen.
Die Antwort amüsierte seine Großmutter, was unschwer festzustellen war, denn sie lächelte.
»Du bist unverbesserlich«, sagte sie, dann fragte sie ihn, ob sie ihm einen Sherry anbieten dürfe.
»Anbieten darfst du mir alles«, antwortete Prinz Lothar, »doch ich muß ablehnen.« Gleich darauf war er verschwunden.
Die alte Fürstin sah auf die Uhr, es war Zeit für ihren Nachmittagstee, und kurz darauf brachte Karl das anregende Getränk.
»Karl«, sagte Fürstin Johanna, »würden Sie Marianne Burgner zu mir heraufbitten?«
Karl nahm gewöhnlich alle Aufträge seiner Dienstherrin kommentarlos hin, es stand ihm schließlich nicht zu, Aufforderungen der Fürstin zu kommentieren, doch diesmal zeigte er insofern Reaktion, als daß er sie einen Augenblick erstaunt ansah.
Der Fürstin blieb Karls Reaktion nicht verborgen, deshalb fragte sie, ob er