Metaphysik: Das Grundlegende aller Wirklichkeit. Aristoteles. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Aristoteles
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 9788026825296
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an denen die Dialektiker, indem sie sich bloß im Kreise der herrschenden Vorstellungen tummeln, ihre Kräfte erproben, - es fragt sich also, welche Wissenschaft von allem diesem zu handeln hat, eine Frage, die es ebenso in bezug auf die Bestimmungen, die den bezeichneten Gegenständen an und für sich zukommen, zu beantworten gilt. Die Frage ist eben nicht nur die nach dem Wesen jedes dieser Begriffe, sondern auch die, ob zu jedem einzelnen derselben nur einer den Gegensatz bildet, ob die Prinzipien und Elemente in den Gattungen zu finden sind, oder in den Bestandteilen, in die sich jeder Gegenstand zerlegen läßt. Und wenn es die Gattungen sind, so fragt sich, ob es diejenigen Gattungen sind, die den Individuen zunächst stehend als die letzten gelten, oder ob es die obersten sind, wie z.B. ob der Begriff lebendes Wesen oder der Begriff Mensch das Prinzip ist und den Einzeldingen gegenüber einen höheren Grad von Realität hat.

      Den hauptsächlichsten Gegenstand der Untersuchung und alles wissenschaftlichen Verfahrens aber bildet die Frage, ob es neben der Materie noch etwas gibt, was erzeugender Grund an und für sich ist, oder nicht, sodann ob dieses abgetrennt für sich besteht oder nicht, und ob es der Zahl nach eines oder eine Mehrheit ist. Es fragt sich weiter, ob es neben dem Zusammengesetzten - und ich rede vom Zusammengesetzten da, wo die Materie eine Bestimmtheit angenommen hat -, ob es also neben diesem noch etwas anderes gibt oder nicht, ob dies wohl auf dem einen Gebiete der Fall ist und nicht auf dem anderen, und welche Beschaffenheit dem letzteren Gebiete des Seienden zukommen möchte. Es fragt sich weiter, ob die Prinzipien, die begrifflichen sowohl wie die materiellen, der Zahl oder der Art nach bestimmt sind, ob sie für die vergänglichen und für die unvergänglichen Dinge dieselben oder ob sie verschieden sind, ob die Prinzipien sämtlich unvergänglich oder ob die Prinzipien der vergänglichen Dinge auch selber vergänglich sind.

      Dazu kommt dann, was unter allem die größte Schwierigkeit und das schwerste Bedenken mit sich bringt, die Frage, ob das Eine und das Seiende, wie es die Pythagoreer und wie es Plato auffaßt, nicht etwas anderes als die Dinge, sondern ihr eigentliches Wesen ist, oder ob es nicht vielmehr ein Substrat hat, das davon verschieden ist. Als solches Substrat bezeichnet Empedokles die Freundschaft, ein anderer das Feuer, ein dritter das Wasser, ein vierter die Luft. Es schließt sich die weitere Frage an, ob die Prinzipien den Charakter der Allgemeinheit tragen oder ob sie ein Sein gleich den Einzeldingen haben, ob sie der Potentialität oder der Aktualität nach existieren und ob sie noch in anderer Weise sind als in der Weise der Bewegung. Auch diese Fragen sind wohl imstande ernsthafte Schwierigkeiten zu verursachen.

      Eine weitere Frage ist endlich die, ob Zahlen, Linien, Figuren, Punkte selbständige Wesenheiten sind oder nicht, und falls sie solche Wesenheiten sind, ob sie abgetrennt von den sinnlichen Dingen oder in den letzteren immanent bestehen.

      Über alle die aufgezählten Probleme ist es nicht nur schwierig sich der Wahrheit zu versichern, sondern schon das ist nicht leicht, den Punkt, wo die Schwierigkeit liegt, sich gründlich klar zu machen.

      2. Versuchsweise Erörterung der Probleme

       Inhaltsverzeichnis

      Das erste Problem

      Wir handeln zunächst von dem, was wir an erster Stelle genannt haben: ob es die Aufgabe einer oder einer Mehrheit von Wissenschaften ist, alle Arten des Grundes in Betracht zu ziehen.

      Wir fragen: wie kann es das Werk einer einzigen Wissenschaft sein, die Prinzipien zu erkennen, die doch zu einander nicht im Verhältnis des Gegensatzes stehen? Zudem, es gibt eine Fülle von Wesenheiten, bei denen die Prinzipien keineswegs alle vertreten sind. Welchen Sinn hätte z.B. für das Unbewegte ein Prinzip der Bewegung oder die Bestimmung als Gutes? Hat doch alles, was an und für sich und nach seiner natürlichen Bestimmtheit ein Gutes ist, die Bedeutung des Zweckes, und in diesem Sinne auch des Grundes, sofern das andere sein Werden und sein Sein um seinetwillen hat, und ist doch der Zweck und das Wozu Ziel eines Handelns, alles Handeln aber mit Bewegung verbunden. Daher, scheint es, könnte von einem derartigen Prinzip bei dem, was unbewegt ist, nicht die Rede sein, und es könnte darum auch der Begriff des an sich Guten hier keine Anwendung finden. In der Tat hat denn auch in der Mathematik eine Erklärung durch diese Art des Grundes keine Stätte; hier wird nichts in der Weise bewiesen, daß man aufzeigte, es sei etwas das Bessere oder das Schlechtere. Ein Beweisgang dieser Art kommt auf diesem Gebiete keinem Menschen auch nur in den Sinn. Aus diesem Grunde haben denn auch manche Philosophen wie Aristippos von diesem Gebiete der Untersuchung mit gründlicher Geringschätzung gesprochen. In den anderen Gebieten, auch im gemeinen Handwerk wie bei dem des Zimmermanns oder Schusters, da werde alles unter den Gesichtspunkt des Besseren oder Schlechteren gestellt; die mathematischen Wissenschaften aber handelten mit keinem Worte vom Guten oder Schlechten.

      Andererseits, wenn es eine Mehrheit von Wissenschaften gibt, die von den verschiedenen Arten des Grundes handeln, und wenn jede einzelne derselben von einem besonderen Prinzip handelt: welche dieser Wissenschaften soll man für diejenige erklären, um die es sich für uns handelt? oder wen sollen wir unter denjenigen, die jene Wissenschaften betreiben, als den besten Kenner dieses unseres Gebietes ansehen? Ist es doch ganz wohl möglich, daß bei einem und demselben Gegenstande alle Arten des Grundes zusammentreffen; so beim Hause als bewegende Ursache die Kunst und der Baumeister, als Zweckursache der Dienst, den das Haus leistet, als Materie Erde und Steine, als Formursache der Begriff im Geiste des Baumeisters. Nach dem, was wir oben bereits an begrifflichen Bestimmungen über die Frage gegeben haben, welche unter den Wissenschaften als Philosophie zu gelten hat, gibt es gute Gründe, unter den Wissenschaften, die eines jener Prinzipien behandeln, jede als die gesuchte zu bezeichnen. Als oberste Herrscherin und Führerin von allen, als diejenige, der die anderen Wissenschaften als unterwürfige Dienerinnen nicht einmal zu widersprechen das Recht haben, würde die Wissenschaft vom Zweck und vom Guten diesen Anspruch erheben dürfen; denn um des Zweckes willen ist alles andere. Sofern aber die Philosophie bestimmt worden ist als die Wissenschaft von den letzten Gründen und von dem was im höchsten Grade erkennbar ist, würde es die Wissenschaft von der reinen Wesenheit sein, die dieser Bestimmung entspricht. Da es nämlich ein Wissen von einem und demselben Gegenstande in mehrfacher Bedeutung gibt, so schreiben wir demjenigen ein Wissen in höherem Sinne zu, der erkennt, was der Gegenstand ist, als demjenigen, der erkennt, was er nicht ist, und unter jenen wieder dem einen ein eigentlicheres Wissen als dem anderen, und das höchste Wissen dem, der weiß, was die Sache ist, nicht wie groß oder wie beschaffen sie ist oder was zu tun oder zu leiden in ihrer Natur liegt. Und so auch auf den anderen Gebieten meinen wir, daß das Wissen von jeglichem, auch da, wo es strenge Beweisführung gibt, dann vorhanden sei, wenn wir wissen, was der Gegenstand ist, z.B. was die Verwandlung in ein Quadrat ist, nämlich, daß sie das Finden der mittleren Proportionale bedeutet. Und das Gleiche gilt von allem anderen. Von Entstehung aber, von Tätigkeit und überhaupt von jeder Veränderung haben wir ein Wissen dann, wenn wir den Ausgangspunkt der Bewegung kennen. Dies aber bedeutet etwas anderes als den Zweck, ja es steht zu ihm im Gegensätze. Und so könnte man wohl zu der Ansicht kommen, daß die Erforschung jedes einzelnen dieser obersten Gründe einer besonderen Wissenschaft angehört.

      Das zweite Problem

      Eine weitere Streitfrage ist die über die Prinzipien des Beweisens. Gehören sie einer Wissenschaft oder mehreren an? Unter den Prinzipien des Beweisens verstehe ich die gemeinsamen Grundsätze, auf Grund deren man überall einen Beweis führt, z.B. den Grundsatz, daß man notwendig jegliches entweder bejahen oder verneinen muß, und daß es unmöglich ist, daß eines und dasselbe zugleich sei und nicht sei, und was es etwa sonst an derlei obersten Sätzen geben möchte. Die Frage ist, ob alles dies einer und derselben Wissenschaft wie der Wissenschaft von der reinen Wesenheit angehört, oder einer anderen, und wenn nicht einer und derselben, welche von beiden man als die Wissenschaft, die wir im Auge haben, anzusprechen hat.

      Nun ist es nicht wohl annehmbar, daß alle jene Sätze einer einzigen Wissenschaft zu überweisen seien. Denn warum sollte es mit mehr Recht die eigentümliche Aufgabe der Mathematik als irgend einer anderen Wissenschaft sein, von jenen Dingen eine Erkenntnis zu gewinnen? Ist es aber die Aufgabe jeder beliebigen