Emotional gesund leiten. Peter Scazzero. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Peter Scazzero
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783765574931
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die Stirn bieten müssen.

      Giftiges Gesetz Nr. 1: Erfolg = größer, mehr, besser

      Die meisten von uns haben gelernt, Erfolg an externen Daten zu messen. Im Gemeindekontext bedeutet das: Wir messen Erfolg an Faktoren wie Zahl der Gottesdienstbesucher, Anzahl der Taufen, Gemeindemitgliederzahlen, Anzahl der ehrenamtlich Mitarbeitenden, Anzahl der Kleingruppen und Angebote, Spendenaufkommen. Und um das vorab klarzustellen: Zahlen sind nicht an sich verkehrt. Sie sind sogar biblisch. Jesus hat geboten, alle Völker zu Jüngern zu machen. Die Apostelgeschichte nennt häufig Zahlen, um zu zeigen, welch große Wirkung das Evangelium entfaltet hat (Apg 2,41; 4,4; 5,14 u. a.). Und natürlich wünsche ich mir ebenso wie jeder andere Pastor, den ich kenne, dass unsere Gemeinden wachsen und mehr Menschen für Christus gewonnen werden.

      Aber auch das muss klar sein: Man kann auch falsch mit Zahlen umgehen. Wenn wir sie nur dazu nutzen, um uns mit anderen zu vergleichen oder mit der Gemeindegröße zu protzen, haben wir die kritische Linie überschritten.

      Als König David Joab beauftragt, alle waffenfähigen Männer in Israel zu zählen, sind die Folgen für ihn als Staatsoberhaupt katastrophal. Stolz verleitet David, sich nicht auf Gott zu verlassen, sondern auf die Größe seiner Armee. Er sieht nur noch Zahlen – und das ist Götzendienst. Gottes Gericht besteht darin, dass er Israel mit einer Seuche schlägt (1 Chr 21, 2 Sam 24). Siebentausend Menschen sterben.

      Für die Welt ist zahlenmäßiges Wachstum gleichbedeutend mit Macht und Bedeutung. Es ist ein absolutes Gesetz – mehr ist immer besser. Im Blick auf das Verhältnis der Gemeinde zu Zahlen ist das Problem nicht, dass wir Zahlen erheben, sondern dass wir uns das Urteil der Welt so sehr zu eigen gemacht haben, dass nur noch Zahlen zählen. Eine Sache, die nicht wächst oder qualitativ besser wird, gilt als gescheitert. Oder wir betrachten uns selbst als Versager. Was bei dieser Fixierung auf Zahlen verloren geht, ist das Bewusstsein für die internen Kriterien, die in der Bibel eine Rolle spielen. Was in den Augen der Welt als Scheitern gilt, muss im Reich Gottes überhaupt kein Scheitern sein.

      Jesus hatte überwältigenden Erfolg, wenn man es in Zahlen ausdrücken will. 5000 Menschen wollten hören, was er zu sagen hatte, und er speiste sie alle (Joh 6). Aber nur ein paar Verse später folgt – wenn es nur nach den Zahlen geht – der krasse Absturz: „Von da an zogen sich viele seiner Jünger von ihm zurück und begleiteten ihn nicht mehr.“ Was tat Jesus? Er hinterfragte nicht händeringend seine Predigtstrategie; er begnügte sich damit zu wissen, dass er im Einklang mit dem Willen des Vaters stand. Er hatte eine umfassendere Perspektive, nämlich den Blick dafür, was Gott tun wollte.

      Erfolg besteht nicht immer in „mehr“ und „besser“.

      Jesus lehrt uns etwas anderes. Wir sollen in ihm bleiben und so Frucht bringen (Joh 15,1-8). Es geht nicht um ein Entweder-oder – viel Frucht bringen oder in Jesus bleiben. Wie dieses Bleiben und Fruchtbringen aussieht, wird sich je nach der Berufung des Einzelnen unterscheiden. Mönche, die den Großteil ihrer Zeit im Gebet oder mit geistlicher Begleitung anderer verbringen, werden eine andere Art und Menge an Frucht bringen als ich als Pastor einer Gemeinde mitten in der Großstadt New York.

      Vielleicht der beste Bibeltext zum Thema ist Lukas 10. Jesus sendet 72 Jünger aus, jeweils zu zweit. Sie kommen zurück und sind begeistert über ihren Erfolg und darüber, dass die Dämonen ihnen im Namen Jesu gehorchen müssen. Jesus bestätigt sie in ihrem Wirken für das Reich Gottes, aber er erinnert sie auch daran, was noch wichtiger ist: „Doch nicht darüber sollt ihr euch freuen, dass euch die Geister gehorchen. Freut euch vielmehr, dass eure Namen im Himmel aufgeschrieben sind“ (Lk 10,20). Mit anderen Worten: Er will, dass sie wissen, was wirklich Grund zur Freude ist: Das ist die Beziehung zu ihm, nicht ihr Einsatz für ihn.

      Wie verweigern wir uns dem Gesetz „Größer ist besser“?

      Ich glaube, es gibt nur einen Weg: Wir müssen unser Leben neu ordnen. Wir müssen es entschleunigen, damit Raum ist für eine tiefe, liebende Verbundenheit mit Jesus (mehr dazu in Kapitel 4). Und wir brauchen einige wenige Begleiter, denen wir voll und ganz vertrauen, die uns davor bewahren, uns selbst zu betrügen.

      Giftiges Gesetz Nr. 2: Tun ist wichtiger als sein.

      Was wir tun, hat Gewicht – bis zu einem bestimmten Punkt. Ob Sie Kirchenvorsteher, Pastor, Hauskreisleiterin, Leiter des Worship-Teams, Kindergottesdienstmitarbeiterin oder Chefin eines Unternehmens sind, die Kompetenzen und Fähigkeiten, die Sie in diese Aufgabe einbringen, sind entscheidend. Und hoffentlich setzen Sie alles daran, Ihre Qualifikationen auszubauen, um so effektiv wie möglich zu arbeiten.

      Aber wichtiger als das, was Sie tun, ist etwas anderes: wer Sie sind. Warum? Weil die größte Gabe, die Sie anderen weitergeben können, die Liebe Jesu ist, die in Ihnen wohnt. Mehr als durch das, was Sie tun, werden Sie Menschen immer dadurch erreichen, wer Sie als Person sind – und wie stark die Liebe Jesu aus Ihnen spricht. Ob Sie aus der Beziehung zu Gott leben, wird letzten Endes viel wichtiger sein als das, was Sie für Gott tun.

      Wir können nichts geben, was wir nicht haben. Wir können nicht anders helfen, als indem wir geben, was wir besitzen.

      Wenn wir das, was wir verkündigen, nicht selbst durchlebt haben und daran gewachsen sind und es uns nicht verändert hat, wird das geistliche Wachstum der Menschen, denen wir dienen wollen, gehemmt. Ich sage nicht, dass es überhaupt kein Wachstum geben wird. Nur eben nicht viel. Und ich weiß, wovon ich rede.

      Die ersten Jahre meines Dienstes als Pastor waren dadurch gekennzeichnet, dass ich Dinge gepredigt habe, die ich nicht selbst durchgestanden und reflektiert hatte. Ich nahm mir einfach nicht die Zeit dafür. Ich dachte: Wie kann man in einer leitenden Position alles, was man da jede Woche anderen weitergeben soll, selbst innerlich verarbeiten und noch Zeit haben für das Alltagsgeschäft eines Hauptpastors? Ich habe nicht genug an meiner eigenen inneren Entwicklung gearbeitet. Ich habe nicht in Betracht gezogen, welche Prägungen meiner Ursprungsfamilie ich mit in meine Aufgabe als Hauptpastor einer Gemeinde gebracht hatte. Ich war nicht bereit, Zeit zu investieren, um einen erfahreneren Mentor oder Seelsorger zurate zu ziehen, nicht bereit, anzuschauen, was da unter der Oberfläche schlummerte. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, eine Gemeinde zu gründen und dafür zu sorgen, dass sie funktionierte. Ich dachte: Solange ich meine Gaben für Gott einsetze und es irgendwelche sichtbaren Früchte gibt, ist alles in Ordnung – auch wenn ich selbst mich im Chaos und getrieben fühlte.

      Das war falsch.

      Es lässt sich nicht leugnen: Meine innere Realität spiegelte sich exakt in dem, was ich nach außen tat. Wie auch nicht? Ich war blind für etwas Entscheidendes: Wer ich als Person vor Gott bin, das ist viel wichtiger als das, was ich für Gott tue.

      Bevor Jesus irgendetwas in der Öffentlichkeit tut, sorgt er für eines: Er vergewissert sich, dass der Vater ihn liebt. Das ist die Wurzel, aus der er lebt. Dreißig Jahre lang tut Jesus nichts, was irgendwie Beachtung verdient hätte. Und doch sagt Gott zu ihm, bevor er in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Freude“ (Lk 3,22).

      Um dieses Gegenüber von Tun und Sein geht es in den drei Versuchungen, mit denen der Satan Jesus nach seinem vierzigtägigen Fasten konfrontiert (Mt 4,1-11). Zwei der drei Einflüsterungen Satans beginnen mit den Worten: „Wenn du Gottes Sohn bist … [tu dies und das].“ Beim dritten Anlauf versucht Satan, Jesus zu bestechen, damit „du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest“. Der Böse ist darauf aus, dass Jesus sein Leben und sein Wirken darauf gründet, was er tut, nicht darauf, wer er ist. Und ich bin überzeugt: Dieselbe Versuchung präsentiert Satan bis heute jedem, der in der Gemeinde Gottes Leitungsverantwortung hat. Wenn wir ihr erliegen, werden wir Hals über Kopf in Projekte einsteigen, die Gott nie von uns erwartet. Und je länger je mehr werden wir die Verbindung zur Liebe des Vaters verlieren.

      Was können wir tun, um dem Einfluss dieses verhängnisvollen giftigen Gesetzes nicht zu erliegen? Sprechen Sie mir nach – laut: Was ich tue, ist nicht unwichtig. Aber viel wichtiger ist, wer ich bin. Jesus hatte eine oberste Priorität: seine Gemeinschaft mit dem Vater. Der Sohn zu sein. Das weist darauf hin, worauf wir achten müssen: Gibt es Anzeichen dafür, dass ich mehr für Gott tue, als es meiner Beziehung zu ihm wirklich entspricht? Hinweise, dass es so ist, können z.