Als U-Boots-Kommandant gegen England. Freiherr von Georg-Günther Forstner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Freiherr von Georg-Günther Forstner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066114350
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      Es ist klar, daß die Luft in größeren U-Booten bei der gleichen Anzahl der Fahrtteilnehmer länger ausreicht, als wenn dieselbe Anzahl von Leuten auf einem bedeutend kleineren Boote eine Unterwasserfahrt zurücklegen sollte, und auf demselben U-Boote sinkt natürlich die Zeitdauer für das Ausreichen mit dem Luftvorrate bei Steigern der Anzahl der in ihr atmenden Menschen.

      Bei kurzen Tauchfahrten kann man die Luftreinigung, wie wir kurz das Reinigen der Luft und das Zusetzen von Sauerstoff von jetzt an nennen wollen, also vollkommen sparen, bei langen Fahrten dagegen empfiehlt es sich, möglichst bald damit anzufangen. Hat nämlich die Kohlensäure einen gewissen Prozentsatz erst überschritten, so ist es viel schwieriger, diesen höheren Kohlensäuregehalt wieder aus der Luft zu entfernen, als wenn durch früheres Einsetzen der Luftreinigung dieser Kohlensäuregehalt von vornherein nicht merklich anzusteigen vermocht hat.

      Alles in allem wird die Luft im U-Boote auch durch eine Luftreinigung nicht frischer und ozonreicher, da es uns unmöglich ist, alle im Boote auftretenden und sich beim Gange der Maschinen entwickelnden Ölgerüche, die beim Kochen nicht zu vermeidenden Nebengerüche oder dergleichen zu entfernen.

      Im großen und ganzen lebt es sich aber unter Wasser ganz mollig. Unangenehm wirkt unter anderem nur noch nebenbei die durch den Gang der elektrischen Maschinen sich allmählich immer mehr und mehr steigernde Temperatur im Boote und die hierdurch hervorgerufene Tropfbildung der Niederschläge an den von außen von dem kalten Seewasser umgebenen Schiffswänden. Dieses bedeutet besonders im Winter eine wenig angenehme Zugabe.

      Sonst gewöhnt man sich aber bald an eine etwas schlechte „Akustik” im Boote, wie wir das Schlechterwerden der Luft scherzend bezeichnen.

      Interessieren dürfte es vielleicht auch, daß die Beschäftigung der Mannschaft während einer Tauchfahrt wesentlichen Einfluß auf die Güte der Luft besitzt. Die Menge der für einen menschlichen Körper zum Atmen nötigen Luft hängt nämlich sehr wesentlich von der ausgeübten Tätigkeit ab.

      Genauere Messungen haben hierfür etwa folgende Durchschnittswerte ergeben.

      Der körperlich stark arbeitende Mensch verbraucht bei der Atmung innerhalb von einer Stunde rund fünfundachtzig Liter Luft. Außer dem Kommandanten, der durch seine Tätigkeit im Kommandoturme, wie später ausgeführt werden soll, körperlich stark arbeiten muß, haben noch die die Seiten- und Tiefensteuerung bedienenden Leute, außer den Lademannschaften an den Torpedorohren, oft schwere körperliche Arbeit während der Tauchfahrt zu verrichten.

      Bei körperlich wenig oder gar nicht arbeitenden Personen sinkt der stündliche Luftverbrauch sehr beträchtlich gegenüber dem der arbeitenden Leute, und bei einem schlafenden Menschen brauchen wir nur noch mit einem verarbeiteten Luftquantum von fünfzehn Liter Luft im Durchschnitt stündlich zu rechnen.

      Wie bei jeder anderen Tätigkeit kann man also auch bei der Unterwasserfahrt beim Schlafen die Arbeit am längsten aushalten und auch hier muß daher das Schlafen als das billigste Vergnügen angesehen werden.

      Wer also nichts im Boote zu tun hat, kann schlafen und tut hiermit dem Kommandanten und allen anderen Kameraden noch dazu einen großen Gefallen.

      Einer gut erzogenen Besatzung braucht der Befehl hierzu daher nur einmal gegeben zu werden, sie schläft, wenn sie es darf, schon ganz gerne — uns zu Gefallen.

      Ich habe es vielfach erlebt, daß selbst unter schwierigen Umständen bei Unterwasserfahrten, wo es hart auf hart herging und viele laute Kommandos und andere Signale schnell aufeinander folgten, die schlafenden Krieger von den ganzen Vorgängen nichts gemerkt hatten, und es war gut so. Denn nach einigen Stunden kam die Wachablösung und sie konnten ihre ermüdeten Kameraden an den verschiedenen Rudern und Steuerrädern und an den Haupt- und Hilfsmaschinen in voller Frische, durch ruhigen Schlaf gestärkt, ablösen. Die abgelösten Leute konnten dafür in den wohlverdienten Schlaf fallen.

      Einst hatte ich einen Mann an Bord, der das Schlafen unter Wasser so verstand, wie wir es später niemals wieder erleben sollten. Er hatte es hierin zu einer wahrhaft großartigen Virtuosität gebracht und wurde von der Mannschaft daher auch nur „das Murmeltier” genannt. Es war ein Funkentelegraphie-Gast, dessen Tätigkeit mit dem Niederklappen der Funkenmasten vor Antritt der Tauchfahrt aufhörte, um erst wieder beim Aufrichten der Masten nach Beendigung der Unterwasserübungen zu beginnen. Er war ein sehr braver Kerl und vorzüglich für den U-Boots-Dienst geeignet. Er sammelte während der ganzen Tauchfahrt seine Kräfte für seine nachher über Wasser wieder einsetzende schwere Tätigkeit.

      Er hat uns kaum jemals mehr als fünfzehn Liter Luft in einer Stunde weggeschnappt!

      Wenn nun auch alles geschieht, um die Luft während der Tauchfahrt möglichst gut zu erhalten, so wird sie natürlich doch unter Wasser niemals besser.

      Dankbar und glücklich schaut daher jeder nach getaner Unterwasserarbeit durch die geöffnete Turmluke, dem stets nach Beendigung einer Tauchfahrt zuerst wieder geöffneten obersten Verschlusse des Bootes an der höchsten Stelle, der Decke des Kommandoturmes, wieder in den lachenden Himmel über sich und atmet in vollen Zügen bald darauf auch die richtige „ungereinigte” würzige Meeresluft ein.

      Ein hoher Admiral, der vor Jahren einmal bei mir an Bord seine erste Unterwasserfahrt mitmachte, hatte vorher in Gesprächen des öfteren betont, daß die Luft bei der Tauchfahrt eigentlich gar nicht merklich schlechter zu werden brauchte.

      Nach der Fahrt, als er wieder auf dem trockenen Oberdecke des Bootes stand, über das noch vor kurzem bis zu zwanzig Meter Wassersäulen und mehr hinübergespült waren, bekannte er mir aber unumwunden: „Sie haben recht, F.! Mit der Luft hier oben und vorhin da unten ist doch so ein Unterschied, na so ungefähr wie zwischen Butter und Margarine.”

      Ich konnte ihm nicht beipflichten, auch nicht widersprechen. Wenn man nämlich nicht in die innersten Geheimnisse eines Haushaltes oder einer Gastwirtschaftsküche eingeweiht ist, muß man eingestehen, gar nicht selbst genau zu wissen, ob man überhaupt schon jemals Margarine genossen hat.

      So wird uns auch die Margarineluft im U-Boote, wenn die zu ihrer Reinigung und Verbesserung vorhandenen Apparate und Einrichtungen nur vorschriftsmäßig und rechtzeitig bedient werden, ebensowenig schaden, wie es unserem Volke schaden wird, jetzt zeitweise zur Margarine zu greifen.

      Die Zeitdauer, die eine U-Boots-Besatzung unter Wasser verbringen kann, hängt lediglich von der Menge des mitgeführten Sauerstoffvorrates und der anderen zur Luftreinigung nötigen, vorher besprochenen Dinge ab.

      Mehrere Tage lang kommen wir unter Wasser schon gut mit unserem Luftvorrate aus, und längere Zeitdauer wird wohl niemals erforderlich werden.

       Inhaltsverzeichnis

      Die Sichtweite unter Wasser durch die in die Panzerwand des Kommandoturmes eingeschnittenen Seitenfenster wechselt. Es ist selbstverständlich, daß wir in schönem klaren Wasser auf hoher See weiter sehen als in trübem, schmutzigem Wasser, wie etwa in oder dicht vor unseren Flußmündungen. Außerdem beeinflußt die Art des Meeresgrundes die Sichtweite durch das Wasser. Dicht über einem hellen Sand kann man immer weiter sehen als über dunklem Schlickgrund oder schwarzen Felsen. In den oberen Wasserschichten spielt natürlich die Helligkeit der Luft eine gewisse Rolle. Sonnenschein macht sich viele Meter unter Wasser noch bemerkbar.

      Immerhin ist die Sichtweite unter Wasser auch unter den allergünstigsten Umständen eine nur sehr geringe und reicht kaum über einige Meter hinaus. Helle leuchtende Gegenstände sind weiter zu sehen als dunkle.

      Niemals aber können wir selbst helle Gegenstände, die weiter von unseren Turmfenstern entfernt sind als die äußersten Schiffsenden, unter Wasser sehen. Zumeist wird unter Wasser eine Sichtweite bis zu unserem Vor- oder Achterschiff nicht mehr vorhanden sein.

       Es ist somit klar, daß wir niemals so weit sehen werden, um, durch den eigenen Blick gewarnt, uns begegnenden Schiffen, unter Wasser liegenden