Weiß.
Allgemeines. Weiß ist Licht, Abwesenheit jeder Farbe und steht blassem Gelb am nächsten. Der schwächste Farbenauftrag wird durch Weiß nicht verändert, weßhalb es als Malgrund von hohem Werth ist. Während alle anderen Farben durch die Ferne bald neutrale Töne annehmen, bleibt Weiß am längsten unverändert. Es tritt daher vor, d. h. es bringt die betreffenden Gegenstände dem Auge näher. In Combination mit Gelb hat es dieselbe Eigenschaft, nicht aber in derjenigen mit Roth. Mit Blau und Schwarz tritt es zurück und gibt jenen Farben Lufttöne. Sehr werthvoll unter Umständen ist seine Anwendung im Vordergrund, da es durch seinen Gegenwerth alle anderen Farben hebt. Absolutes Weiß kommt indessen in Gemälden selten und dann nur mit letzterer Absicht vor, indem reichlichere Anwendung einen matten Gesammtton und kreidiges Ansehen zur Folge hat. Grelle Lichter sind überhaupt stets wenig umfangreich und finden sich nur an vorstehenden Kanten und Ecken, ebenso wie ganz tiefe, dunkle Stellen immer nur klein sind. Neben einander gesetzt werden sie zu den stärksten Contrasten und verleihen bei sinnreicher Anwendung bedeutende Kraft. Die Anwendung dieser Farbe verlangt daher Ueberlegung.
Permanent Chinese White.
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3 S. & C. 35Von den verschiedenen Arten Weiß ist dieses aus schwefelsaurem Baryt bestehende das einzige, welches im Aquarell Anwendung findet und verdient, da die übrigen aus Bleipräparaten bestehenden weißen Farben im Aquarell bald durch den in der Atmosphäre enthaltenen Schwefelwasserstoff getrübt und später schwarz werden, weil sie nicht, wie auf den Oelgemälden durch den Firniß von der Luft abgeschlossen sind.
Das chinesische Weiß ist dauerhaft, besitzt Körper, läßt sich angenehm verarbeiten und mischt sich leicht mit den anderen Farben. Um eine vollkommene Wirkung zu erzielen, erfordert seine Anwendung aber Geschick und Ueberlegung. Man merke, daß, wo man es immer verwenden mag, der Beschauer nur den Effekt sehen darf, nicht aber, daß dieser Effekt durch Chinesisches Weiß hervorgebracht worden ist.
Ich bemerke noch, daß es mir wohl bekannt ist, daß viele Künstler den Gebrauch desselben, als dem Aquarell nicht entsprechend, verwerfen; allein dieselben würden nach öfterer Besichtigung guter englischer Aquarelle anderer Ansicht werden.
Mit besonderem Erfolge benutzt man es in folgenden Fällen:
1. Luft, Wolken und Ferne werden durch Zusatz von sehr wenig Weiß zu der betreffenden Mischung, wenigstens in den letzten Aufträgen, im Luftton sehr verstärkt.
2. In allen Fällen, wo durch häufiges Waschen oder Ueberarbeiten unreine, gequälte Farbentöne entstanden sind, gibt ein wenig Weiß, zu dem gewünschten Ton gemischt und über die betreffende Stelle gelegt, die Farbe in einer Frische wieder, welche alle Erwartung übertrifft.
3. Wo man im Vordergrund helle Gegenstände, wie Mauern etc. zu malen hat, mischt man zu den grauen, röthlichen oder gelblichen Tönen ein wenig Weiß, welches letzteren Körper gibt. Der dadurch erzielte Effekt ist ein sehr naturwahrer, während ohne Weiß behandelt die betreffenden Gegenstände nicht selten sehr matt und flach aussehen. — Auch wo zwischen Steinen der weiße Mörtel sichtbar ist, bringt Weiß mit spitzem Pinsel dick und mit kecken Strichen eingesetzt oft günstigere Wirkung hervor, als ausgesparte, ausgewischte oder radirte Lichter. Doch hüte man sich vor übermäßiger Anwendung.
4. Kleinere Steine von heller Farbe auf Rasen etc. spare man nicht aus, sondern setze sie nach Beendigung des Untergrundes mit Weiß zu dem betreffenden Ton gemischt auf.
5. Kleinere Figuren, Vieh etc., deren Aussparen der einheitlichen Behandlung des Grundes Eintrag thun würde, setzt man bei Beendigung der Arbeit mit Weiß dick auf und colorirt nach dessen gänzlichem Trocknen vorsichtig mit den nöthigen Tönen, ohne jedoch zu viel zu wischen.
Für diejenigen Fälle, wo Weiß ohne Zusatz aufgesetzt wird, ist es räthlich, der Farbe, wie sie aus der Zinnkapsel gedrückt wird, eine unbedeutende Kleinigkeit Wasser zuzusetzen und sie damit auf der Palette zu verreiben, da die Farbe ohne diesen Zusatz meist etwas zu zähe ist. Ist die Farbe aber ganz frisch, so bedarf es dieses Zusatzes in der Regel nicht. Die Praxis wird bald auf die richtige Consistenz leiten.
Anstatt des Permanent Chinese White läßt sich in Fällen wo absolutes Weiß nicht erforderlich ist, auch das stark deckende, blaßgelbe Jaune brillant, mit gleicher Wirkung verwenden. Es ist dies eine aus Neapelgelb, Weiß und Schwefelkalium bereitete Mischfarbe, von welcher man mehrere Nüancen hat, welche für helle, sehr leuchtende Stellen hier und da Verwendung finden können.
Gelb.
Allgemeines. Gelb ist mit Weiß am nächsten verwandt und bildet in blassen Tönen den Uebergang von Licht in Farbe. Es tritt vor und wird von der Ferne ebenfalls wenig alterirt. Gelb ist eine warme Farbe und wo ein Gemälde warme Töne verlangt, bildet es in Verbindung mit rothen Tönen ein Hauptmittel zur Darstellung derselben. Es contrastirt mit Violett, findet in den meisten gemischten Tönen Anwendung, und ist sehr empfindlich gegen Blau, von dessen geringster Menge es sofort verändert wird.
Yellow Ochre.
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3 S. & C. 35Gelber Ocker ist permanent, von großer Brauchbarkeit und unentbehrlich. Er macht sich vorzugsweise in Ferne und Mittelgrund nützlich, theils weil sein Gelb ein gebrochenes ist, theils weil er schwach deckt. In schwachen Tönen ist er von großer Schönheit und bringt das herrschende Licht in das Bild, da er in Mischung mit Rose Madder, Brown Madder, Light Red, Indian Red und Vermilion jeden nur wünschenswerthen warmen Ton für die Lichter von Luft, Wasser, Wolken, Bergen, Gebäuden, Felsen, Steinen, Bäumen etc. hervorbringt. Ein sehr schönes, luftiges Grau entsteht bei Zusatz, von ein wenig Yellow Ochre zu der Mischung von Cobalt mit Rose Madder. Mit Cobalt oder French Blue gemischt liefert er eine Reihe sehr weicher brauchbarer Töne für das Grün der Ferne, welchen man, um sie etwas zu brechen, ein wenig Rose Madder oder Light Red zusetzen kann. Je nach dem Ueberschuß des Blau oder Gelb lassen sich eine Unzahl von Tönen darstellen. Der eigenthümliche Charakter des gelben Ocker als halbe Deckfarbe, sowie sein in jedem Grade von Consistenz lichter Ton ermöglichen das Grün aus der Mischung mit Cobalt, nach Art der Oeltechnik, ganz entschieden und kräftig aufzutragen, was immer wünschenswerth ist, wenn die Formen so verschwommen sind, wie es in der Ferne meistens der Fall ist. Den zur Herstellung des Grün im Vordergrunde dienenden Farben zugesetzt, verleiht Yellow Ochre bei der Untermalung Kraft und Körper. Für Gras etc. ist er ebenfalls gut zu verwenden und zwar liefert er in Mischung mit Gamboge und wenig Cobalt oder French Blue sehr brauchbare Töne für sonniges Grün. So sehr er aber für die Mischung des Grüns der Ferne paßt, so ist er doch für das Grün des Vordergrundes allein, d. h. ohne Zusatz eines anderen Gelb nicht zu verwenden; da ihm hierzu die nöthige Frische, Leichtigkeit und Durchsichtigkeit fehlt; dessenungeachtet ist er als Hülfsfarbe für erste Anlage des grünen Vordergrundes, z. B. Yellow Ochre mit Gamboge, sehr werthvoll. Mit wenig Indigo gemischt und mit wenig Wasser behandelt, liefert er ein für Weidenbäume sehr passendes Grün, welches auch im Vordergrund angewendet werden kann. Für sich allein wie in Mischung mit Vermilion, Light Red und Burnt Sienna liefert Yellow Ochre schließlich sehr geeignete Töne für Vieh, Schiffe, Segel etc.
Roman Ochre.
W.