Erst als sie den Hörer wieder aufgelegt hatte, wurde ihr bewußt, daß er da war und sie schützte.
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Der Spuk war vorbei. Kommissar Thal war mit seiner Mannschaft gekommen. Er grinste, als er seinen Inspektor ansah, der Dieter Lück noch immer in seinem schmerzhaften Griff hielt. Nun konnte sich Hubert Minden wieder erheben. Er schwankte ein bißchen, und diesmal stützte ihn Irene.
»Sie ist unschuldig, Chef«, sagte Hubert Minden heiser. »Ich habe alles mit angehört.«
»Na, dann klären Sie die junge Dame auch noch auf. Ihr Dienst ist zu Ende, Hub. Sie haben Ihre Sache gut gemacht.«
Mit hängenden Armen stand Irene danach im Zimmer, allein mit Hubert Minden.
»Sie sind also von der Polizei«, sagte sie beklommen. »Ich bin doch ein gutgläubiges Schaf, genau wie Horst.«
»Nicht böse sein, Irene. Es war doch gut so. Was hätten Sie denn ohne Hilfe gemacht?«
»Da haben Sie auch wieder recht«, stellte sie fest.
»Darüber können wir uns jetzt ja noch unterhalten. Haben Sie wenigstens einen Kaffee?«
»Das könnte sein«, erwiderte sie mit einem schwachen Lächeln. »Ja, ich habe einen«, rief sie dann aus der Küche. »Machen Sie es sich bequem.«
Jetzt war er müde, aber er wußte genau, daß er nicht einschlafen würde, bis sie ihm alles erzählt hatte.
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»Und mit so einem Mann war ich verlobt«, schloß Irene Geßner ihren sehr genauen Bericht. »Ich könnte jetzt sagen, daß Mutter auch mit zu dieser Verlobung beigetragen hat, weil Dieter für sie eben ein Erfolgsmensch war, wie Horst es nie sein wird, aber ich habe mich eben doch von Äußerlichkeiten bestechen lassen. Er war nichts als ein… Wie nennt man eigentlich solche Leute, Herr Kriminalinspektor Minden?«
»Ich heiße Hubert«, erwiderte er müde. »Man nennt mich Hub, und ich glaube, daß wir uns sehr gut verstehen werden, Irene. Aber jetzt kann ich nicht mehr denken, trotz des Kaffees. Ich hoffe, du wirst noch Wert auf Polizeischutz legen.« Er sagte du zu ihr, als wären sie schon alte Freunde, und der flüchtige Gedanke, daß er sich auf Befehl an sie herangemacht hatte, war schon zerstreut. Was wäre wohl geschehen, wenn er nicht dagewesen wäre?
»Ich habe bis heute nicht gewußt, daß er die Bank ausgeraubt hat«, flüsterte sie.
»Bis gestern«, bemerkte Hubert.
Richtig, ein neuer Tag hatte ja schon begonnen. Würde er nun auch Horst die Freiheit bringen? In ihrem Kopf ging alles durcheinander, und es würde wohl einige Zeit dauern, bis sie alles begriff.
»Hub, würdest du morgen mit zu meiner Mutter gehen und ihr alles erklären?« fragte sie.
»Natürlich werden wir ihr alles erklären, Irene«, erwiderte er mit einem flüchtigen Lächeln.
»Danke«, sagte sie und drückte ihm einen Kuß auf die Wange.
Er legte seine Hand auf ihren Nacken und zog ihren Kopf zu sich herab. »Du hast mir gleich gefallen«, sagte er und küßte sie auf den Mund.
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Dr. Leon Laurin war früh auf den Beinen. Er wollte nur noch einmal kurz in die Klinik fahren und nach dem Rechten sehen, und dann ging es auf ins Wochenende zu seiner Familie.
»Sind Sie startbereit, Karin?« fragte er. Sie sollte diesmal auch mitfahren.
»Ich kann es noch nicht glauben«, seufzte sie.
»Was?«
»Daß wir fahren können.«
»Und wenn die Erde bebt«, bemerkte er. »Herrje, was nehmen Sie denn alles mit?«
»Kuchen«, erwiderte sie lakonisch, »und das Geschenk für den Professor.«
»Himmel, das Schachspiel! Beinahe hätte ich es vergessen.«
»Ich nicht. Scherereien haben Sie dadurch ja wieder genug gehabt.«
»Aber kein Wort darüber im Landhaus!«
»Ich werde mich hüten!«
In der Klinik war alles in Ordnung. Dr. Rasmus und Dr. Thiele versicherten ihm, daß er sich keine Sorgen zu machen brauche und sie ihn selbstverständlich unterrichten würden, wenn was Ungewöhnliches passieren würde.
»Es braucht ja nicht zu sein«, sagte Leon. »Ich meine, daß etwas passiert.«
Er beeilte sich. Er wollte schon möglichst weit sein, bevor der Wochenendverkehr einsetzte.
Er stellte das Autoradio an. Karin verzog das Gesicht. »Dieses Gedudel«, bemerkte sie abfällig.
»Nur die Nachrichten will ich hören«, beruhigte er sie.
»Ist doch auch bloß Gerede.«
Er lächelte nachsichtig.
So kritisierte sie auch gleich die erste Meldung, und zu jeder anderen hatte sie auch einen abfälligen Kommentar. Aber dann sagte der Sprecher etwas, was auch sie zum Schweigen brachte, und Leon verlangsamte unwillkürlich das Tempo.
»Heute nacht gelang der Kriminalpolizei ein großer Fang. Der Bankräuber, dem vor fünf Monaten in Berlin vierhundertzwanzigtausend Euro in die Hände gefallen waren, wurde verhaftet. Es handelt sich um den ehemaligen Angestellten der Bank!«
Unwillkürlich hielt Leon den Atem an und trat auf die Bremse, doch der Sprecher fuhr fort: »Dieter L., der sich als Anlageberater bezeichnet. Die Beute konnte bis auf zwanzigtausend Euro sichergestellt werden.«
»Da wird sich die kleine Emilia aber freuen«, sagte Leon nachdenklich.
»Na, dann würde ich an Ihrer Stelle doch mal wieder aufs Gaspedal treten«, schmunzelte Karin.
*
Auch in der Klinik hatte man die Nachrichten gehört. Wie ein Lauffeuer ging es von Mund zu Mund. In den Krankenzimmern, in denen Radio gehört wurde, diskutierte man darüber, warum der Horst Geßner dann wohl geflohen war, wenn er nichts mit dem Bankraub zu tun hatte.
Dort hatte ja niemand eine Ahnung, wie eng verknüpft die Klinik mit diesem Fall war.
Ausnahmsweise hatte heute Inge Büren das Radio auch mal angestellt.
Emilia war im Waschraum, als die Meldung kam.
Inge Bürens freudiger Aufschrei drang sogar durch die Tür. »Emilia, schnell, hören Sie! Man hat den Bankräuber geschnappt!«
Doch gar so sehr, wie sie erwartet hatte, freute sich Emilia gar nicht, als sie den Namen hörte.
»Es wird Mutter und Irene sehr treffen«, sagte sie leise. »Wie kann ein Mensch nur so gemein sein?«
»Ich bin froh, daß sie ihn geschnappt haben«, sagte Inge Büren.
»Es wird auch für Horst ein schwerer Schlag sein«, flüsterte sie. »Aber vielleicht hat er es geahnt. Er nimmt alles so schwer, Inge. Er hat Dieter doch als seinen Freund betrachtet. Wird jetzt nicht immer der Schatten des Verdachtes auf ihm lasten, daß er Mitwisser oder gar Helfer gewesen ist?«
»Setzen Sie auch ein bißchen Vertrauen in unsere Polizei. Jetzt wird sich alles aufklären.«
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Charlotte Geßner hatte die Nachrichten noch nicht gehört, als Irene und Hubert Minden kamen.
Sie war heute nicht mehr aggressiv, sondern resigniert.
»Dich haben Sie also wieder laufenlassen«, sagte sie bitter.
»Hör uns doch erst an, Mutti«, sagte Irene bittend. »Herr Minden ist Kriminalinspektor.«
»Ach so«, sagte Frau Geßner.
»Ich bin aber als Privatmann