Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman. Leni Behrendt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leni Behrendt
Издательство: Bookwire
Серия: Leni Behrendt Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740916879
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ihres Knaben riß Mechthild aus ihren schmerzlichen Betrachtungen. Da wandte sie sich um – und schaute in angstvolle Gesichter.

      Und da ging ein liebes Lächeln über das ihre.

      »Ich danke dir, Holger, daß du dem Bild einen Ehrenplatz gegeben«, sagte sie herzlich. »Oder war es unsere liebe Mutter?«

      »Wir beide«, antwortete er gepreßt. »Wenn dir der Anblick des Bildes schmerzlich ist, dann wollen wir es entfernen.«

      »Nicht doch«, wehrte sie ruhig ab. »Es ist gut so. Was mir das Schicksal in diesem Kinde nahm, das hat es mir in drei anderen wiedergegeben. Kommt her, ihr beiden Mägdlein, schaut nur nicht so ängstlich drein. Die Mutti lacht schon wieder.«

      Glücklich schmiegten die Kinder sich an die Frau, die sie ganz fest an sich zog.

      Lachend sah sie den Professor an. »Lassen Sie ab von Ihrem Tierbändigerblick! Mich bekommen sie niemals wieder. Sie haben mich genug gezwiebelt.«

      »Und wie schön war das«, schmunzelte er. »Aber meine Macht hat auch ihre Grenzen. Der dornenumwucherten Mechthild war sie gewachsen, allein der auf sonniger Straße wandelnden nicht mehr. Potztausend, kleine Frau, haben Sie sich aber herausgemacht! Sie sind ja eine Schönheit geworden.«

      »Danke für das plumpe Kompliment«, gab sie schlagfertig zurück. »Dafür will ich Sie auch zu unserem Hausfreund ernennen.«

      »Oh, Mechthild!« lachte Frau Hadebrandt herzlich. »Du bist gar nicht wiederzuerkennen. Komm her, mein Kind! Ich möchte dir noch für den Enkel danken.«

      Lächelnd schmiegte sich Mechthild in ihre Arme und trat so an ihren Jungen heran.

      »Gefällt er dir, Muttchen?«

      »Welch eine Frage, mein Kind! Ewig will ich es dir danken, daß du mir meinen Jungen so glücklich gemacht hast – und wohl selbst auch ein wenig gücklich bist?«

      »Ein wenig ist nicht der richtige

      Ausdruck, Muttchen. Sagen wir ruhig: sehr. Wie sollte ich mit Holger wohl anders als glücklich sein? – Und mit

      euch anderen Lieben auch? Was war, ist überwunden. Das Schicksal hat mir wohl zwei Kinder genommen, doch

      drei dafür wiedergegeben – und den besten Mann und die liebste Mutter noch dazu. Soll ich da etwa undankbar sein?«

      »Liebste Frau«, sagte Holger bewegt, »daß du auch diese beiden Mädchen an dein gütiges Mutterherz nimmst – das bist ganz du.«

      »Das ist selbstverständlich«, wehrte sie errötend ab. »Aber eines muß noch geklärt werden: Lieben will ich unsere drei aus vollem Herzen – doch du sollst sie erziehen…«

Die barmherzige Lüge

      Sengend heiß brütete die Sonne über dem weiten ostpreußischen Land. Es war eine Schwüle, die den Wunschtraum steigerte, ständig im Wasser zu liegen und etwas Eiskaltes zu trinken. Für die Landbewohner jedoch bedeutete dieser harmlose Traum Luxus, denn für sie gab es trotz der Gluthitze harte, schwere Arbeit.

      Die Roggenernte neigte sich ihrem Ende entgegen, und um diese köstliche Gabe gut und trocken unter Dach und Fach zu bekommen, mußten sich die Menschen tüchtig tummeln. Daher ging der Blick des schlanken Reiters, der schon seit Tagen von früh bis spät bei seinen Leuten auf dem Felde weilte, immer wieder zum Himmel hin, dessen leuchtende Bläue sich zu trüben begann.

      Hier und da ballten sich Wölkchen zusammen, dick und bauschig wie schmutzige Watte, und von der See her kam immer häufiger ein Luftzug, der die emsig Schaffenden wohl aufatmen ließ, im allgemeinen jedoch nichts Gutes verhieß. In kurzer Zeit mußte ein Gewitter aufziehen, was Mensch und Tier erquickt hätte, den knistertrockenen goldgelben Garben jedoch nicht zuträglich sein konnte. Denn mit dem Gewitter pflegt auch Hagelschlag einzusetzen, und der würde die Körner aus den Ähren zu Boden peitschen. Also mußten die letzten Fuhren unbedingt noch geborgen werden. Daher ritt Jobst von Götterun unermüdlich von Wagen zu Wagen, sprach hier einen Arbeiter an, gab da einen Rat.

      Einmal sprang er ab, ließ den Gaul laufen und stakte die Garben zu dem lachenden Mädchen hoch oben auf dem goldenen Berg. Ruckzuck – ruckzuck ging es unermüdlich fort und fort, und die Leute wurden zu noch emsigerer Arbeit angespornt.

      Wagen um Wagen schwankte schwerbeladen davon, leere fuhren an ihre Stelle.

      Es gab auf dem großen Gutshof wohl kein Pferd, kein einigermaßen brauchbares Gefährt, das nicht eingespannt war.

      Auch der alte Oberinspektor, auf Uhlener Herrschaft geboren und in ihren Diensten ergraut, legte Hand an, wo es nottat. Seine Augen schweiften immer wieder besorgt zu der Stelle hin, wo sich die Wolken zusammenballten.

      Eben schwankten wieder drei Wagen davon, acht weitere harrten noch ihrer Fuhre. Wenn es noch gelang, sie trocken unter Dach und Fach zu bekommen, dann konnte man von Glück sprechen. Dann war für dieses Jahr der Roggen trocken geborgen.

      Am fernen Horizont blitzte es schon ab und zu auf. Eben rollte die letzte Fuhre knarrend vom Feld. Das aufmunternde »Hüh – hüh – hüh« der Wagenlenker klang zu den Leuten zurück, die erschöpft bis zum letzten, aber auch restlos zufrieden waren.

      Götterun wischte sich mit dem Taschentuch über das Gesicht, ordnete den blonden Scheitel, reichte dann sein wohlgefülltes Zigarettenetui herum und versorgte die Rauchlustigen mit Feuer.

      »Nun aber schnell, Leute, nach Hause, bevor ihr pudelnaß werdet«, ermunterte er die Menschen, die ihn umstanden. »Heute abend kommt der Lohn für den Fleiß. Oder seid ihr zu müde zum Feiern?«

      »Nein, Herr Baron«, kam es lachend von allen Seiten. »Dazu sind wir nie zu müde.«

      »Aber auch zur Arbeit nicht, ihr Getreuen, das habt ihr wieder einmal bewiesen.«

      Als Götterun auf den Hof kam, sah er gerade die letzte Fuhre auf der Tenne verschwinden. Das Scheunentor flog zu.

      Der Mann atmete tief auf. Das war gerade noch so geglückt. Nicht viel später hätte es getan werden dürfen, dann wäre soviel köstliche Frucht dahingewesen und mit ihr das Geld, das das Gut Uhlen doch so nötig brauchte.

      Der Oberinspektor kam ihm entgegen.

      »Herr Baron, soviel ich weiß, muß Fräulein Jödeborg um diese Zeit eintreffen.«

      »Donnerwetter, ja, Herr Habermann, das hatte ich im Eifer ganz vergessen.«

      Einen Blick auf die Armbanduhr und einen zum Himmel.

      »Schöne Bescherung! Der Zug muß längst da sein, und jeden Augenblick kann das Unwetter losbrechen. Dazu ausgerechnet heute das Auto in Reparatur, die Gäule von der schweren Arbeit ziemlich ausgepumpt.

      Da hilft also nichts, Hussa muß heran. Sorgen Sie doch bitte dafür, Habermann, daß er schleunigst in den Dogcart gespannt wird.«

      Damit eilte er dem Schlosse zu, sprang in langen Sätzen die Freitreppe hinauf und wäre in der Halle beinahe mit der Repräsentantin des Hauses zusammmengeprallt.

      »Hoppla, Frau Fröse, das war stürmisch!«

      »Herr Baron, Fräulein Jödeborg muß längst auf dem Bahnhof sein.«

      »Ja, leider hatte ich die Kleine total vergessen.«

      »Aber bald wird das Gewitter über uns sein, da können Sie doch unmöglich fahren, Herr Baron!«

      »Ich muß, Frau Fröse. Das kleine Mädchen graut sich ja zu Tode. Denn mögen die jungen Damen auch noch so couragiert tun, vor Gewitter fürchten sie sich mehr oder weniger alle.«

      Eiligst hatte er den Wettermantel angezogen und die Mütze ins Gesicht gedrückt. Er eilte davon, den Ställen zu, wo Hussa gerade eingespannt wurde.

      Es kostete Mühe, ihn zwischen die Deichsel zu bekommen. Denn erstens ging er höchst