Thekla, oder die Flucht nach der Türkei. August Schrader. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: August Schrader
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066114879
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fuhr Netti mit einer unbeschreiblichen Anmuth fort – ich bin weit entfernt, mich darüber zu beklagen. Sie besitzen Geist und Talent und Ihre schönen Verse haben mich oft erfreut – vernachlässigen Sie die edle Dichtkunst nicht; doch denken Sie dabei auch an Ihre Netti.

      – Immer, immer, meine geliebte Braut! rief feurig der junge Mann, indem er sanft seinen Arm um ihre Taille schlang und einen zarten Kuß auf ihre weiße, schöne Stirn drückte.

      – Ferenz, lispelte Netti, ich werde stolz sein, Ihre Frau zu heißen!

      – Und ich der glücklichste der Menschen, Ihr Mann zu sein!

      Beide vollendeten jetzt das Arrangement des Mittagstisches.

       Inhaltsverzeichnis

      Herr Czabo war indeß in die Küche gegangen.

      Der Apotheker schien etwas mehr zu beabsichtigen, als die neue Köchin wegen des angebrannten Bratens beruhigen zu wollen.

      Leise öffnete er die Thür, aus der ihm ein Duft entgegenquoll, der das erste Zeugniß von Kathi's Versehen ablegte. Herr Czabo rümpfte die Nase, aber er schwieg.

      Kathi stand an dem Heerde und fachte mit einem Blasebalge das Feuer an, daß es laut knisterte. In den Töpfen, die auf dem Heerde standen, rauschte und zischte es, als ob Wasser mit siedendem Oele gemengt sei. Die Köchin bemerkte den Eintritt ihres Herrn nicht sogleich, der ruhig an der Thür stand und mit einem gewissen Wohlgefallen das junge Mädchen beobachtete.

      – Kathi, sagte er nach einer Minute, wie steht es mit dem Mittagessen?

      Das junge Mädchen hing den Blasebalg an einen Nagel in der weißen Wand.

      – Es kann angerichtet werden, Herr, antwortete sie in einem Tone, der umsonst einen leichten Schreck zu verbergen suchte.

      Herr Czabo sah durch seine Brille auf die hübsche Köchin, als ob er ein Recept lesen wollte. Dann holte er eine kleine silberne Dose aus der Tasche und nahm behaglich eine Prise.

      Die Köchin des Apothekers war auch in der That von einer auffallenden Schönheit. Sie trug einen kurzen rothen Friesrock mit schwarzem Bande besetzt, ein hellgraues wollenes Mieder mit kleinen runden Zinnknöpfen und ein kleines blaues Tuch, das den schlanken runden Nacken und den üppigen Busen nicht völlig bedecken konnte. Das starke, glänzend schwarze Haar vermochte die braune Mütze kaum zu fesseln, es fiel aufgelös't an beiden Schläfen herab und bedeckte wie ein spielender Schatten die Theile des schneeweißen Busens und der glänzenden Schultern, die das Tuch nicht zu verhüllen vermochte. Das feine, blühende Gesicht, etwas von Ruß geschwärzt, erglühte hochroth von der Hitze des Feuers, das die zwar schwarzen, aber wohlgeformten kleinen Hände zu unterhalten suchten. Die kurzen Aermeln des Mieders lagen so fest um den vollen runden Arm, daß sie bei jeder Bewegung zu zersprengen drohten. Weiße Strümpfe und schwarze Schuhe bekleideten ein Paar Füße, die an Zierlichkeit und Elasticität denen einer Tänzerin zu vergleichen waren. Kurz, die ganze Gestalt der Köchin war von der Natur mit einer Ueppigkeit ausgestattet, daß man sich über Herrn Czabo nicht wundern konnte, wenn er seinen angebrannten Braten darüber vergaß.

      Kathi war eine zweite Aschenbrödel, die unter dem rußigen Küchengewande eine seltene Schönheit verbarg. Und was den Reiz noch erhöhte war der Umstand, daß Kathi sich ihrer körperlichen Vorzüge kaum bewußt zu sein schien.

      – Kathi, begann der Apotheker, indem er auf seiner Dose trommelte – weißt Du, daß heute ein wichtiger Tag für mich ist?

      – Nein, Herr Czabo! antwortete im Dialect der Landleute die Angeredete, ohne sich in ihrer Beschäftigung unterbrechen zu lassen.

      – Es hat sich seit einigen Tagen eine Schutzmannschaft in unserer Stadt gebildet, um den flüchtigen Rebellen entgegenzutreten, die jetzt häufig Semlin passiren, die nahe türkische Grenze zu erreichen. Mich hat man zum Kommandanten für dieses Stadtviertel ernannt.

      Kathi sah mit ihren großen, seelenvollen Augen den Apotheker an, wie es schien erschreckt.

      – Wundert Dich das? fragte Herr Czabo.

      – Nein.

      – Und doch scheint es so?

      – Ich freue mich, daß der junge Kaiser in Semlin so treue Unterthanen hat.

      – Wahrhaftig? So sind wir von gleicher politischen Farbe. Gefällt es Dir in meinem Hause?

      – Gewiß, Herr Czabo. Sie sind sehr freundlich und Ihre Tochter ist die Güte selbst. Was kann eine arme Dienstmagd von ihrer Herrschaft mehr verlangen?

      – Eine arme Dienstmagd? Ich meine, Du besitzest genug, um nicht für arm zu gelten.

      – Ich bin so arm, lieber Herr, daß ich es kaum zu sagen vermag.

      Der Apotheker trat dem jungen Mädchen näher und faßte sie scharf, aber freundlich in's Auge.

      Kathi wich betroffen einen Schritt zurück und wandte sich rasch zu den Töpfen auf dem Heerde.

      – Fürchtest Du Dich vor mir, Kathi?

      – Der Braten, Herr – –

      Kathi bückte sich, um ein Stück Holz aufzuheben. Das Tuch verschob sich durch diese Bewegung und Herr Czabo sah die nackte, schöne Schulter der Köchin.

      – Kathi!

      – Herr Czabo!

      – Sieh' mich an, ich meine es gut mit Dir.

      Bei diesen Worten ergriff er den Arm des jungen Mädchens, so daß es ihn ansehen mußte. Des Apothekers Gesicht schwamm in einem Meere von Freundlichkeit.

      – Kathi, sei offen – was fehlt Dir? Aengstigt Dich etwas?

      – O nein.

      – Und doch glaube ich es zu errathen.

      – Sie, Herr Czabo?

      – Dein Vetter Lajos ist ein alter Bekannter – –

      – Lajos – war er bei Ihnen?

      – Ich meine nur, er kann es mir sagen.

      – Das glaube ich nicht, sagte Kathi mit einem schmerzlichen Lächeln.

      – Und wenn er es mir schon so halb und halb gesagt hätte?

      Aus Kathi's Augen blitzte ein seltsamer Strahl und ihr Kopf hob sich hoch empor.

      – Lajos, rief sie, unmöglich!

      Herr Czabo wunderte sich einen Augenblick über den Ton, in welchem diese Worte gesprochen wurden.

      – Ei, mein Kind, sagte er mit einem feinen Lächeln, fürchtest Du, daß Dein Geheimniß verrathen werde?

      Der Köchin Gesicht nahm den vorigen Ausdruck wieder an.

      – Herr, ich habe keine Geheimnisse.

      – Du liebst – nicht wahr? Unglücklich?

      – Sie haben Recht, Herr Czabo, sagte Kathi lächelnd, indem sie zu ihren kleinen Füßen hinabsah.

      – Und wer ist denn dieser glückliche Mann?

      – Das kann ich nicht sagen.

      – Ist er jung?

      – Sehr jung.

      – Reich?

      – Sehr reich.

      – Soldat?

      – Von hohem Range.

      – Ah, ich verstehe! rief Herr Czabo. Er diente wohl im Heere der Rebellen und ist jetzt flüchtig oder gar erschossen oder erhängt? Mein Kind, mit einem Rebellen mußt Du es nicht halten, diese Leute haben alle keinen guten Charakter.